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Politik: Nase im Spalt

Von Robert Birnbaum Das Bild von dem Blatt Papier, das nicht zwischen zwei Herren passt, ist leider von der politischen Konkurrenz schon arg in Misskredit gebracht worden. Also hat Edmund Stoiber ein neues gesucht.

Von Robert Birnbaum

Das Bild von dem Blatt Papier, das nicht zwischen zwei Herren passt, ist leider von der politischen Konkurrenz schon arg in Misskredit gebracht worden. Also hat Edmund Stoiber ein neues gesucht. „Wer versuchen sollte, gerade zwischen Lothar Späth und mir einen Spalt zu entdecken, der wird auf die Nase fallen“, ruft der Kanzlerkandidat in die Stadthalle von Fürth. Die etwas kippelige Metapher ist kurzfristig in Stoibers Redetext für den Kleinen Parteitag der CSU geraten, aus aktuellem Anlass. Die „Bild“-Zeitung hatte nämlich am Sonnabend einen Konflikt zwischen dem Wirtschaftskompetenzmann Späth und Stoiber aufgegriffen.

Ob die Herren dabei laut geworden oder dezent höflich miteinander umgegangen sind, darüber gehen die Darstellungen auseinander. Den Vorgang selbst leugnet in der Union niemand. Späth hatte die Vorschläge der Hartz-Kommission zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit im Überschwang gelobt. Diese Begeisterung für eine vom Kanzler eingesetzte Runde teilte Stoiber nicht, und sie passt ihm auch nicht ins Konzept. Also wurde Späth zurückgepfiffen. In Fürth hält dieser sich brav an die Sprachregelung: Manches im Hartz-Bericht sei richtig, manches aus dem Unionsprogramm abgeschrieben, anderes mit CDU und CSU nicht zu machen – insgesamt aber sei das alles egal. Stoiber ergänzt das später noch um ein weiteres Element: 51 Gutachten zum Arbeitsmarkt habe diese Regierung schon schreiben lassen, das Hartz-Papier sei Nummer 52. Aber was sei damit passiert? „Gelesen – gelacht – gelocht“ spottet der Kandidat. „Es gibt kein Erkenntnisproblem, es gibt ein Durchsetzungsproblem.“

Der aktuelle Schlenker bringt immerhin Abwechslung in einen Kleinen Parteitag, der ansonsten nur ein einziges Ziel hatte: Der CSU-Chef wollte seiner eigenen Partei noch einmal einen Anlass zur Selbstmobilisierung bieten. So gut sich bisher der Wahlkampf für die Union anlässt – überflüssig, Stoiber weiß es, ist der Appell an die Eigenen nicht. Wenn er in Berlin sein Ziel von 40 plus X erreichen will, muss die CSU in Bayern ein sehr deutliches X oberhalb von 50 Prozent einfahren. Das erfordert volles Engagement. Nur so ist zu erklären, weshalb ein CSU-Chef 236 führenden CSU-Funktionären ihr Heimatreich gegen alle Tradition als eine doch recht bedrohte Insel der Seeligen darstellt. Was nutzt, sagt Stoiber, ein großer CSU-Sieg bei der Kommunalwahl, wenn den Kommunen mangels Bund-Länder-Finanzreform auch hier das Geld fehle? So wird die Kanzlerkandidatur zum Dienst am engeren Vaterland: „Bayern kann nicht dauerhaft Spitze sein, wenn Deutschland am Ende bleibt.“ Der Rest der Rede folgt dem bekannten: Rot-Grün – eine Episode, die beendet gehört. Nur in einem Punkt wird Stoiber erstmals detaillierter. Die „Riester-Rente“, die staatlich geförderte private Alterssicherung soll erheblich vereinfacht werden. Auch die alte Forderung der Union, Wohneigentum als private Alterssicherung anzuerkennen, will Stoiber dann umsetzen.

Wenn er denn nach dem 22. September kann. „Wir liegen jetzt 2:0 vorn“, mahnt er. „Aber man kann in den letzten Minuten den Vorsprung noch verspielen.“ Dabei ist er ja eigentlich guten Mutes. 3:2 für Deutschland lautet Stoibers Tipp fürs Endspiel.

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