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Donald Trump - Präsident der Vereinigten Staaten.

© SAUL LOEB/AFP

Nationale Sicherheitsstragie der USA: Ein papierenes Monument der Uneinigkeit

Mit der Nationalen Sicherheitsstrategie wurde der weltanschaulichen Kluft zwischen den USA und Europa ein Monument gesetzt. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Anna Sauerbrey

Es läuft. Ab dieser Woche wird US-Präsident Donald Trump voraussichtlich mit einer gigantischen Steuerreform winken können. Trump hat einen erzkonservativen Verfassungsrichter installiert und seinen Einreisestopp für Menschen aus mehreren muslimischen Ländern am Obersten Gerichtshof vorbeibekommen. Sicher, der Trump-Kandidat Roy Moore hat soeben eine Wahl in Alabama verloren und Sonderermittler Bob Mueller nagt sich täglich näher an das Herz der Russland-Affäre. Doch die Hoffnung der Europäer vom Anfang des Jahres, hier regiere ein Präsident so holprig, dass er wohl nicht viel zustande bringen werde, scheint sich nicht zu bewahrheiten. Dass Trump erschreckend effizient ist, bestreitet kaum jemand mehr. In Europa kreist die Debatte mittlerweile eher darum, ob das, was der amerikanische Präsident da anrichtet, irreversibel ist – oder ob die progressiven, liberalen Kräfte, die Befürworter einer wertorientierten „Weltordnung“, in der Lage sein werden, den Trumpismus zurückzudrehen.

Wie viel Trumpismus steckt in der Nationalen Sicherheitsstrategie der USA?

Mit diesem bangen Gefühl im Magen beugten sich nun am späten Montagabend und Dienstagvormittag europäische Außenpolitikexperten über die Nationale Sicherheitsstrategie, die der Präsident am Montag in Washington vorgestellt hatte. Das Fazit, das viele etwa bei einer Diskussion im Berliner Büro der Münchner Sicherheitskonferenz am Dienstag zogen: Alles nicht neu – aber erschreckend kohärent aufgeschrieben.

Trump mag seine eigenen Papiere nicht lesen, sie auch nicht immer befolgen, und die Regierung ist weiter geprägt von inneren Streitigkeiten. Auch ist von wahren Überzeugungen nicht viel zu erkennen – jedenfalls ist kaum zu erklären, wie einer als Retter der einfachen Amerikaner auftreten und dann eine Steuerreform durchdrücken kann, von der hauptsächlich die besonders Wohlhabenden profitieren. Dennoch schält sich der Trumpismus als zusammenhängende Ideologie heraus.

Die Nationale Sicherheitsstrategie atmet durch und durch den Geist von „Amerika first“. Den „amerikanischen Wohlstand zu fördern“, ist das erste und vornehmliche Ziel. Mit anderen Staaten zusammenarbeiten wollen die Amerikaner, überspitzt formuliert, nur dort, wo es ihren eigenen Interessen entspricht. In internationalen Organisationen wollen sie sich stärker durchsetzen. Das Konzept einer „Weltordnung“, basierend auf gemeinsamen Werten, bemerkte ein Diskussionsteilnehmer am Dienstag, komme in dem Papier eigentlich überhaupt nicht mehr vor: „Europa will Teil einer globalen Weltordnung sein. Aber wir haben Amerika nicht länger an unserer Seite.“ Bei der Verfolgung der nationalen Interessen der Vereinigten Staaten, sagte Trump in seiner Rede am Montag, dürfe „Ideologie“ kein Hindernis sein. Gemeint waren wohl: liberale westliche Werte. Trump rief in seiner Rede vielmehr eine „neue Ära des Wettbewerbs“ aus. Die Welt porträtiert das Strategiepapier als Ansammlung souveräner Nationalstaaten, die miteinander konkurrieren – vom Multilateralismus kein Wort.

Die USA streben Dominanz im Energiesektor an

Auch konkrete Konfliktpunkte, die Europäer und Amerikaner in den nächsten Jahren begleiten werden, treten überdeutlich zutage. Die Amerikaner streben die „Dominanz im Energiesektor“ an. Man wolle die „zentrale Rolle Amerikas im globalen Energiesystem verteidigen“ und Freunden und Partnern helfen, ihre Energieressourcen zu diversifizieren: ein Wink mit dem Zaunpfahl nicht zuletzt in Richtung Deutschland, das sich mit seiner Unterstützung der Nord-Stream-2-Pipeline gegen eine gemeinsame europäische Energiestrategie für mehr Unabhängigkeit von Russland stemmt.

Die Wende in der Rüstungspolitik wird bekräftigt, nämlich das Ziel der Modernisierung und Aufrüstung, sowohl bei konventionellen Waffen als auch der Atomwaffenarsenale. Der Abschnitt über die Nuklearstrategie enthält den martialischen Satz: „Angst vor Eskalation wird die Vereinigten Staaten nicht davon abhalten, unsere zentralen Interessen und die unserer Alliierten und Partner zu verteidigen.“ Die Nato findet Erwähnung, allerdings auch verbunden mit der Aufforderung an alle Nato-Partner, endlich mehr in die gemeinsame Kasse einzuzahlen.

Die amerikanische Außenpolitik mag in der Praxis ein ziemliches Durcheinander sein – das ideologische Konzept dahinter ist es nicht. Und dieses Konzept könnte kaum weiter entfernt sein vom Weltbild der meisten Europäer. Mit der Nationalen Sicherheitsstrategie wurde der weltanschaulichen Kluft zwischen den USA und Europa ein papierenes Monument gesetzt.

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