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Nato: Der kleinste Nenner

Die Nato hat lange darüber gestritten, ob man sich an den Angriffen gegen Gaddafis Truppen beteiligt und wer die Führung des Einsatzes übernimmt. Was hat die Allianz entschieden?

Vier Tage lang wurde in der Nato gestritten, vor allem mit den Türken und den Franzosen, den beiden Hauptprotagonisten dieser – jetzt kann man sagen – Minikrise der Allianz. Die Pariser Regierung, politische Anführerin der Koalition der Willigen in den ersten Kriegstagen, sah die Allianz nicht in der Hauptverantwortung, sondern in einer Nebenrolle. Ankara wiederum fühlte sich vom französischen Staatschef Nicolas Sarkozy wegen der Nicht-Einladung zum Libyengipfel am Samstag brüskiert und beklagte die zivilen Opfer der ersten Einsätze über dem muslimischen Land in Nordafrika. Sitzung um Sitzung wurde einberufen – ohne Ergebnis. Ein hoher Nato-Offizieller gab sich am Dienstag dennoch optimistisch: „Sie kennen doch die Nato,“ sagt er, „am Ende einigen wir uns immer.“

Es sieht so aus, als sollte er recht behalten. Am Nachmittag verkündet Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen, dass die Allianz zumindest einen Teil der UN-Resolution wird durchsetzen helfen: das Waffenembargo gegen Libyen. „Unser Oberbefehlshaber Admiral Stavridis aktiviert gerade Schiffe und Flugzeuge der Nato im Mittelmeer“, berichtet Rasmussen, „sie werden Operationen durchführen, um verdächtige Schiffe zu überwachen, zu melden und – wenn nötig – abzufangen.“ Sechs Schiffe der Allianz befinden sich bereits im Mittelmeer, sie beziehen nun Position vor der libyschen Küste. Weitere könnten folgen.

Weitere Einsatzentscheidungen wird es wohl ebenfalls geben. „Ich erwarte eine Einigung zur Flugverbotszone noch in dieser Woche“, sagt ein deutscher Nato-Diplomat. Er habe auch „nicht mehr den Eindruck, dass irgendetwas blockiert wird“. Als Indiz dafür kann gelten, dass der am Dienstag tagende Nato-Rat auch die Planungen der Militärs zur Durchsetzung des Flugverbots über Libyen absegnete. Die Allianz, so Generalsekretär Rasmussen, könne, „wenn erforderlich“, die Staatengemeinschaft unterstützen. Die erste Gelegenheit, den Beschluss in die Praxis umzusetzen, bietet sich bei der Zusammenkunft des Nato-Rats am heutigen Mittwoch. Zu den bisherigen Ergebnissen sagt ein ranghoher Bundeswehr-Angehöriger in Brüssel, die Türkei habe „in einer für sie sehr schwierigen Situation Solidarität bewiesen“.

Ungeklärt ist noch immer die Frage, wer das Kommando innehaben soll. Man könne sich keinen rechten Reim auf die vielen Ansagen aus Frankreich machen, heißt es im Nato-Hauptquartier. Die Führungsrolle Frankreich zu überlassen und selbst in die Adjutantenrolle zu schlüpfen, wenn die USA in den nächsten Tagen wie angekündigt die militärische Hauptverantwortung abgeben, kann sich dort aber kaum einer vorstellen. Entsprechend laufen zwischen den Hauptstädten die Telefonleitungen heiß.

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