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Politik: NATO fliegt Angriffe rund um die Uhr/Fischer beruft Balkan-Konferenz nach Bonn ein

BELGRAD/BRÜSSEL (Tsp).Das Vorgehen der Milosevic-Getreuen gegen die Kosovo-Albaner hat nach Einschätzung der NATO eine "neue Dimension" erreicht.

BELGRAD/BRÜSSEL (Tsp).Das Vorgehen der Milosevic-Getreuen gegen die Kosovo-Albaner hat nach Einschätzung der NATO eine "neue Dimension" erreicht.Nun würden Angriffe "rund um die Uhr" geflogen, um die "humanitäre Katastrophe" zu stoppen, so die Allianz in Brüssel.Außenminister Fischer berief für Donnerstag eine Balkan-Konferenz nach Bonn ein, um die Hilfe für Flüchtlinge zu koordinieren, deren Zahl dramatisch steigt.Über die Gespräche des Moskauer Premiers Primakow in Belgrad wurde zunächst nichts bekannt

Primakows Gespräche mit Jugoslawiens Präsident Milosevic dauerten länger als geplant.Rußlands Präsident Jelzin versicherte in seiner Jahresbotschaft vor dem Parlament, Rußland werde sich nicht in einen Krieg hineinziehen lassen.Der NATO-Rat trat in Brüssel überraschend zusammen.Aus NATO-Kreisen kamen skeptische Äußerungen über die Erfolgschancen Primakows.

Derweil zeichnete sich ab, daß es sich bei dem Friedensabkommen, das Milosevic unterzeichnen soll, kaum mehr um die Vereinbarung von Rambouillet handeln dürfte.Frankreichs Präsident Chirac wich der Frage danach aus.Bundesverteidigungsminister Scharping sprach von einem Friedensabkommen.Es müsse verhindert werden, daß es einen "Waffenstillstand auf dem Friedhof" gebe, mahnte Scharping.

Die UNO sprach von einer "sehr ernsten Flüchtlingskrise" und warf Belgrad generalstabsmäßig vorbereitete Vertreibungen vor.Ein Viertel der rund zwei Millionen Einwohner des Kosovo sind nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) auf der Flucht.Allein seit Beginn der Luftangriffe seien 110 000 geflohen.Die EU stellte umgerechnet 40 Millionen Mark für Flüchtlingshilfe bereit, Bonn gab 25 Millionen Mark für Soforthilfe.Die Balkan-Konferenz mit EU-Troika, den acht Nachbarn Jugoslawiens, der UN-Flüchtlingskommissarin Ogata und dem OSZE-Vorsitzenden Vollebaek soll die "politischen Maßnahmen zur Stabilisierung der Krisenregion" und die Hilfe für die Flüchtlinge koordinieren.

NATO-Sprecher Shea prangerte jugoslawischen "Terror" an: Panzer umstellten die Orte, waffenfähige Männer würden ausgesondert, Frauen und Kinder vertrieben.Die Häuser würden systematisch geplündert und niedergebrannt.Die erwachsenen Männer werden nach Angaben von Verteidigungsminister Scharping "interniert oder umgebracht".Er sprach von "systematischen Mordaktionen".Derweil räumte die serbische Führung erstmals Gewalttaten an Zivilisten ein.Die Emotionen seien extrem, dabei könne es zu Greueltaten kommen, so Vize-Premier Draskovic.Dies sei aber nicht Ziel einer Regierungsstrategie.Das jugoslawische Militär eröffnete nach unbestätigten Berichten, die der NATO vorlagen, das Feuer auf Flüchtlinge.

Am Dienstag flog die NATO erstmals auch bei Tageslicht Angriffe.Sie richteten sich gegen jugoslawische Militär- und Polizeieinheiten im Kosovo, so ein NATO-Sprecher.Daran beteiligten sich auch vier deutsche Tornados.Oberbefehlshaber Clark will nach Informationen der "Washington Post" auch Regierungsgebäude in Belgrad bombardieren, bekam dafür vom NATO-Rat jedoch bisher kein grünes Licht.Verteidigungsminister Scharping sagte, die NATO stelle sich auch auf die "perfide Taktik" des Gegners ein, der seine Waffensysteme mitten in Wohngebieten stationiere.

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