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Peer Steinbrück hat mehr als eine Million Euro mit Vorträgen verdient.

© dpa

Nebeneinkünfte: Steinbrücks Standard: 15.000 Euro

SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hat seine Vortragshonorare detailliert veröffentlicht. Seit 2009 hat er mit diesen Auftritten 1,25 Millionen Euro verdient. Die Genossen loben Steinbrücks Offenheit - manche hegen aber Bedenken.

Von Hans Monath

Die Aufarbeitung der Honoraraffäre verlangte Demut von einem, dem Demut in der Politik bislang eher fremd war. Mit grimmigem Gesichtsausdruck und einer tiefen Verbeugung vor der Wissbegier der Öffentlichkeit begann Peer Steinbrück am Dienstag die Pressekonferenz zur Offenlegung seiner Vortragshonorare. Er habe Verständnis dafür, dass das Interesse der Journalisten und der Bürger an seinen Nebeneinkünften mit seinen offiziellen Angaben gegenüber dem Bundestag noch nicht befriedigt sei, versicherte der Kanzlerkandidat der SPD, bevor er zu dem 18-seitigen Prüfbericht einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ausführlich Stellung nahm.

Rund 1,25 Millionen Euro vor Steuern hat der Ex-Finanzminister laut der Aufstellung in den Jahren seit 2009 für 89 Vorträge erzielt, die er mit einem Grenzsteuersatz von 48 Prozent versteuern muss. Zwei Redehonorare hatte er gegenüber dem Bundestag nicht ordnungsgemäß offengelegt, wie die Prüfer herausfanden. „Nachlässigkeit von mir, ich habe es einfach verschwitzt“, sagte der 65-Jährige und versicherte, er habe die Meldung nachgeholt.

Steinbrück erinnerte an die Attacken aus den Reihen der Koalition, deren Vertreter ihm wegen der üppigen Bezahlung vor allem durch Banken Hörigkeit gegenüber deren politischen Interessen unterstellt hatten. Es sei ein „absurder Verdacht, dass ich in eine Abhängigkeit hätte geraten können“, sagte er. In allen Reden habe er sich in Bezug auf den Finanzmarkt und die Banken ebenso kritisch geäußert wie in der Öffentlichkeit. Der Kanzlerkandidat betonte, er habe 237 Vorträge unentgeltlich an Schulen, Universitäten, Vereinen oder bei gemeinnützigen Veranstaltungen gehalten und die Auftraggeber bezahlter Vorträge zum Teil angewiesen, die Honorare zu spenden. Die Höhe der Spenden „dürfte bei etwas über 60 000 Euro liegen“, sagte Steinbrück. Darüber hinaus hätten seine Frau und er „privat gespendet“, wozu er keine Zahlen nennen wolle.

Der Ex-Minister wies auch den Vorwurf zurück, er habe wegen der bezahlten Vorträge seine Tätigkeit als Abgeordneter vernachlässigt. Er habe in den Jahren 2009 und 2010 nur an sieben Sitzungstagen des Bundestages nicht teilgenommen, an denen es namentliche Abstimmungen gab. Zudem habe er in den drei Jahren in seinem Wahlkreis an 250 Veranstaltungen teilgenommen. Die Angebote zu honorierten Vorträgen habe er „zu einer Zeit angenommen, als weder die SPD noch ich selbst die Idee hatte, dass ich wieder politisch in den Ring steigen könnte“. Zwei Vorträge stehen laut Steinbrück noch aus. Er werde diese bezahlten Auftritte absolvieren, weil er sich vertraglich zu einer Konventionalstrafe für den Fall einer Absage verpflichtet habe, erklärte er.

Das höchste Honorar erhielt Steinbrück laut den Wirtschaftsprüfern mit 25 000 Euro bei einer Veranstaltung der Stadtwerke Bochum, gefolgt von 20 000 Euro bei der Bausparkasse Schwäbisch Hall und 18 000 Euro bei der DZ Bank. Von 89 Honorarverträgen wurden demnach 74 mit dem „Standardhonorar“ in Höhe von 15 000 Euro entlohnt. Auf die Frage, was ihn bewogen habe, etwa auch einen Vortrag im Rahmen der „Küchen-Kompetenz-Tage“ zu halten, meinte er: „Die Neugier derjenigen, die mich zu politischen Themen fragen wollen.“ Buch- Honorare darf der Politiker laut eigener Auskunft nicht öffentlich machen, da er einen Co-Autor nicht zur Offenlegung von Daten verpflichten könne.

Darüber hinaus legte sich Steinbrück bei seiner Rechtfertigung in zwei Punkten fest: Weder habe er seine Mitarbeiter für die Ausarbeitung der Vorträge eingespannt noch den Wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bundestages in Anspruch genommen. Nicht erinnern kann sich der Ex-Minister angeblich daran, dass ihn Bundestagspräsident Norbert Lammert jemals wegen Abwesenheit gemahnt habe. Er wolle Lammert aber bitten, nicht aus persönlichen Gesprächen zu zitieren, „weil es dann unmöglich ist, weitere persönliche Gespräche zu führen“.

Führende SPD-Politiker lobten Steinbrücks Offenheit, mit der er Maßstäbe setze und die Koalition unter Druck bringe. Intern räumen Genossen aber ein, dass Steinbrück durch Überschreiten der magischen Schwelle von einer Million Euro Einkommen Anhänger irritieren könne. Steinbrück sagte dazu, er habe nicht den Eindruck, dass die Höhe der Honorare für ihn als Kanzlerkandidat problematisch sei. Er verwies darauf, dass es Zeiten gegeben habe, „wo ich selber sehr wenig Geld verdient habe und wo ich übrigens auch arbeitslos gewesen bin“.

Vertreter der Koalition bemühten sich, nicht in eine Konfrontationshaltung zu Steinbrück zu geraten. Die FDP wollte sich auf Anfrage nicht dazu äußern. Unions-Fraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer (CDU) erklärte, es sei „gut und richtig, wenn man als Kanzlerkandidat freiwillig Klarheit darüber schafft, ob das Bundestagsmandat oder Vortragsveranstaltungen im Mittelpunkt der Abgeordnetentätigkeit standen“.

Diese Offenlegung erwartet Grünen- Parlamentsgeschäftsführer Volker Beck auch von der Koalition: „Sie muss die Verhaltensregeln ändern, damit Nebenverdienste auf Euro und Cent offengelegt werden.“ Anträge über die Offenlegung der Nebeneinkünfte in Euro und Cent sollen am 9. November im Bundestag eingebracht werden. Abgeordnete, die als Rechtsanwälte tätig sind, müssten nicht Namen ihrer Mandanten nennen, jedoch die Branche, die sie juristisch vertreten. Die Grünen fordern überdies eine Deckelung der Parteispenden und mehr Transparenz beim Sponsoring. (mit ctr/sib)

Sie wollen genau wissen, wie viel Steinbrück wann und bei wem nebenbei verdiente? Hier können Sie den Bericht, den der Kanzlerkandidat ins Netz gestellt hat, herunterladen.

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