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Der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff erhält etwa 240.000 Euro Ehrensold im Jahr - und arbeitet dennoch zusätzlich.

© Daniel Maurer/dpa

Nebenjob von Christian Wulff: 240.000 Euro Ehrensold sollten reichen

Entweder Ehrensold für ehemalige Bundespräsidenten oder ein Berufseinkommen – beides geht nicht. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Gerd Appenzeller

Christian Wulff und seine Familie müssen von knapp 240.000 Euro brutto im Jahr leben. Das ist die Höhe des so genannten Ehrensoldes, den die Bundesrepublik Deutschland dem höchsten Repräsentanten des Staates nach seinem Ausscheiden aus dem Amt zahlt. Ein Leben lang. Der frühere Bundespräsident Roman Herzog hatte Beträge dieser Größenordnung mit der Formulierung kommentiert, dafür müsse eine alte Frau lange stricken.
Christian Wulff scheint dieses Geld nicht genug zu sein. Er möchte dazu verdienen, ob weiter nur als Anwalt oder außerdem als Prokurist der deutschen Tochter eines türkischen Modeunternehmens ist zunächst einmal egal, er darf das. Es gibt kein Gesetz, das früheren Bundespräsidenten zusätzliche Erwerbsquellen verschließt. Einige von ihnen haben Reden gehalten, für Honorar. Prokurist war, nach heutigen Kenntnisstand, bislang keiner. Ob Christian Wulff ein Gehalt selber einstreicht und nicht irgendwo spendet, wissen wir nicht. Mit Festlegungen muss man also vorsichtig sein.

"Ehrensold" - das Wort beschreibt den besonderen Charakter der Zahlung

Wir wissen aber sehr wohl, dass der Begriff Ehrensold etwas anderes impliziert als alle anderen Umschreibungen regelmäßiger Zahlungen wie Gehalt, Lohn, Rente oder Pension. Das Wort Ehrensold kommt aus einer vergangenen Zeit, es beschreibt den ganz besonderen Charakter dieser Zahlung. Mit ihr bezeugt die Republik dem früheren Staatsoberhaupt eine Ehre und Dankbarkeit, und sie erwartet gleiches von ihm: Für ihn sollte es eine Ehre gewesen sein, dem Land gedient zu haben. Dieses Privileg, der oberste Diener des Staates gewesen zu sein, erlischt erst mit dem Tod. Bis dahin bleibt auch die Aura wirksam, einmal den Staat als Ganzes repräsentiert, dessen Einheit verkörpert zu haben. Auch deshalb wird ein ehemaliger Bundespräsident bei offiziellen Anlässen immer als solcher begrüßt werden.

Der Ehrensold sollte an die Bedingung geknüpft werden, nicht zusätzlich zu verdienen

Das ist keine Worthülse, keine leere Formalität. Frühere Bundespräsidenten übernehmen ganz selbstverständlich weiterhin in der nationalen und internationalen Öffentlichkeit Aufgaben in Vertretung der Bundesrepublik Deutschland. Sie können, etwa bei Konferenzen oder Staatsakten, anstelle des amtierenden deutschen Staatsoberhauptes anwesend sein. Und sie sollten immer, wenn es ihnen gesundheitlich möglich ist, bis an ihr Lebensende, ehrenamtlich wirken.
Es gab Bundespräsidenten, die das Ende ihrer Amtszeit lange überlebten. Bei Walter Scheel waren es 37 Jahre, bei Johannes Rau nur zwei. Christian Wulff sei ein langes Leben gewünscht. Er trat, wie vor ihm auch Horst Köhler, vom Amt zurück, wenn auch aus einem anderen Grund, und Horst Köhler hat 2012 auf den Ehrensold verzichtet *) Die Dauer des Ehrensoldes aus der Erfahrung Wulff heraus zeitlich zu begrenzen, ist der falsche Ansatz. Ihn an die Bedingung zu knüpfen, dass der Ehrensold und nicht etwa andere Geldquellen den äußeren Lebensrahmen sichern, wäre hingegen der richtige. Dann kann sich jeder selbst entscheiden, ob es ihm bis ans Lebensende eine – gut dotierte – Ehre ist, Deutschland gedient zu haben, oder ob er einfach mehr Geld verdienen möchte.

*)geändert am 9. August

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