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Politik: Nebenwirkung Betrug?

Kassen haben mehrere Dutzend Apotheken in Verdacht – und beklagen fehlende Kontrollmöglichkeiten

Berlin - Wegen des Verdachts auf Abrechnungsmanipulationen in Apotheken prüfen die Krankenkassen bundesweit mehrere Dutzend Fälle. Dies sagte der Sprecher des Bundesverbands der Innungskrankenkassen (IKK), Joachim Odenbach, dem Tagesspiegel. Sollte sich der Verdacht erhärten, dass Apotheker ihren Patienten in betrügerischer Absicht günstige Nachahmerpräparate ausgehändigt, selber aber teure Originalmedikamente abgerechnet haben, werde man die Staatsanwaltschaft einschalten.

Der Schaden soll sich allein für die Pharmaindustrie auf 300 Millionen Euro belaufen. „Das ist viel Geld“, kommentierte der Sprecher der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Roland Stahl. „Der Sumpf muss trockengelegt werden“, forderte er. Schließlich kriminalisiere jeder Einzelfall die gesamte Branche. Die Apothekerkammern wollen gegen die schwarzen Schafe in ihrer Branche vorgehen, wenn diese gegen das Berufsrecht verstoßen haben. In extremen Fällen könne auch der Entzug der Approbation drohen, hieß es beim Apothekerverband ABDA.

IKK-Sprecher Odenbach beklagte, dass Patienten und Krankenkassen im Gesundheitssystem „an vielen Stellen als Zahler außen vor sind“. Bei Apothekern habe man noch weniger Kontrollmöglichkeiten als bei den Ärzten. So könnten die Rechnungsprüfungsstellen der Kassen nur kontrollieren, ob die angeblich verkauften Präparate zugelassen sind. Welche Produkte in welchen Mengen verkauft worden sind, wissen nur die Pharmafirmen – und das auch nur, weil sie von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) zu einem Zwangsrabatt von inzwischen 16 Prozent des Preises verdonnert worden sind. Die Unregelmäßigkeiten waren aufgefallen, weil Pharmafirmen Apothekern Rabatte für angeblich verkaufte Pillen zahlen sollten, die – wie sich herausstellte – in Deutschland gar nicht im Handel waren.

Die fehlende Transparenz ärgert auch die Patientenbeauftragte der Bundesregierung. Die Selbstverwaltung der Apotheker müsse „Vorkehrungen treffen, dass Betrügereien in Zukunft verhindert werden“, drängt Helga Kühn-Mengel – und fordert gleichzeitig „ schärfere Sanktionen“ für Abrechnungsbetrüger.

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