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Politik: Nehmen ist seliger denn geben

Union will im Vermittlungsausschuss möglichst viel für den Arbeitsmarkt erreichen. Kommt dafür der Steuerkonsens?

Erwin Huber, bayerischer Superminister für wichtige Reformen in Bund und Land, hat seine Merksätze. Etwa:: „Das Leben, auch das politische, ist ein stetes Geben und Nehmen.“ So wie im Vermittlungsausschuss. Huber ist optimistisch, was das Geben und Nehmen dort betrifft. Bis Weihnachten, meint er, werde es ein Reformpaket geben. CDU-Chefin Angela Merkel sieht es auch so. „Bei gutem Willen wird es Lösungen geben“, sagt sie. Und das heißt: Geben soll erst mal die Regierung. Am Mittwochabend hat die Union den guten Willen bei Rot-Grün vermisst. Im Vermittlungsausschuss weigerte sich das Regierungslager, schon vor der großen Abstimmung an diesem Freitag im Bundesrat Arbeitsgruppen zu den beiden Komplexen einzusetzen, um die es vor allem geht: Steuern einerseits, Arbeitsmarkt andererseits.

Eine Linie zeichnet sich in der Union ab: Erst soll bei den Arbeitsmarktreformen ein gutes Ergebnis erreicht werden. Wenn Rot- Grün hier – wie schon im Vorjahr bei den ersten Hartz-Gesetzen – Entgegenkommen zeigt, könnte es bei den Steuern leichter werden. Doch will die Union auch Gesetze im Vermittlungspaket haben, die im Bundesrat nicht zustimmungspflichtig sind. Die unausgesprochene Drohung lautet, man werde sich bei Zustimmungsgesetzen sperren, wenn Rot- Grün nicht bei Einspruchsgesetzen entgegenkommt.

Rot-Grün wehrt sich. Zum Beispiel bei der Handwerksordnung. Hier liegen zwei Entwürfe vor: die „große Novelle“ ist im Bundesrat zustimmungspflichtig, wird aber von Rot-Grün noch zurückgehalten; die „kleine Novelle“ kann die Länderkammer per Einspruch nur aufhalten, sie liegt schon in der Vermittlung. Klein heißt: Rot-Grün will bei einfacheren Tätigkeiten die Selbstständigkeit ohne Gesellenprüfung erlauben. Das sollden Arbeitsmarkt ankurbeln. Die große Novelle soll den Meisterzwang in vielen Handwerksberufen abschaffen. Die Union will beides zusammen verhandeln, vor allem mit Blick auf die Interessen des Handwerks. Rot-Grün will das nicht. Huber erregt sich über „Formalismus“ auf Regierungsseite: „Es wird natürlich schwierig, wenn man bestimmte Punkte für nicht verhandlungsfähig erklärt.“

Beim Vorziehen der Steuerreform gibt sich die Union kompromissbereit, auch wenn sie geschlossen die Vermittlung anruft. Etwa bei der Neuverschuldung. „Ohne ein gewisses Maß wird es nicht gehen“, sagt der Stuttgarter Bundesratsminister Rudolf Köberle (CDU). Huber sagt, die 25 Prozent Neuverschuldung, die sein Chef Edmund Stoiber für vertretbar hält, seien eine „Richtschnur“.Man wisse, dass solche Steuersenkungen sich zu 25 bis 33 Prozent selbst finanzierten. So hat man in München die Richtschnur an der ehrgeizigeren Zahl ausgerichtet. Die Regierung will die Steuersenkung zu 80 Prozent per Kredit finanzieren. Für Köberle geht es um die Gewichtung von drei Variablen: der Neuverschuldung, dem Koch-Steinbrück-Plan zur Subventionskürzung und einer zusätzlichen pauschalen Kürzung bei allen Ausgaben. Man könne nicht wie Finanzminister Hans Eichel bei einigen Leistungen ganz auf null fahren, bei anderen aber nur wenig kürzen. Zudem fürchtet die Union, dass ein Konsens, der zu nahe am Regierungsmodell liegt, zu wenig Spielraum lässt für die große Steuerreform, die CDU-Finanzexperte Friedrich Merz vorgestellt hat.

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