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Politik: Neonazis betrachten die PDS als „Feind des Reiches“ Steckbriefe im Internet zeigen Verbindungen zu Terrorgruppen

Von Frank Jansen Erst tauchen die Internet-Adresse, der vollständige und die Anschrift auf, dann lässt sich per Mausklick das Foto abrufen: Dietmar Bartsch, Bundesgeschäftsführer der PDS, wird von Neonazis auf einem Steckbrief als „Feind des Reiches“ präsentiert. Zusammen mit 90 weiteren Personen und Gruppen, von der DKP über Anti-Rechts-Initiativen bis zum Zentralrat der Juden.

Von Frank Jansen

Erst tauchen die Internet-Adresse, der vollständige und die Anschrift auf, dann lässt sich per Mausklick das Foto abrufen: Dietmar Bartsch, Bundesgeschäftsführer der PDS, wird von Neonazis auf einem Steckbrief als „Feind des Reiches“ präsentiert. Zusammen mit 90 weiteren Personen und Gruppen, von der DKP über Anti-Rechts-Initiativen bis zum Zentralrat der Juden. Die Macher der Homepage „Neo Germania“ – zwischen beiden Worten prangt ein Hakenkreuz – beschimpfen Bartsch und die anderen Nazi-Gegner als „ewiggestrige Holocaust-Erinnerer“ und bezichtigen sie „antideutscher Hetze“. Ein direkter Aufruf zu Gewalt erübrigt sich – den rechtsextremen Betrachtern der Website wird lakonisch mitgeteilt, was sie mit den Daten machen, „müsst Ihr selber wissen“. Die Sicherheitsbehörden sind beunruhigt. Ein Experte sagt, es sei nicht auszuschließen, „dass irgendwelche Spinner die Homepage zum Anlass nehmen, um auf eigene Faust aktiv zu werden.“

Die PDS hat mit rechten „Spinnern“ üble Erfahrungen gemacht. Im Februar 1997 schoss der Neonazi Kay Diesner im Berliner Stadtteil Marzahn auf Klaus Baltruschat. Der Buchhändler überlebte nur knapp und ist seit dem Attentat schwer behindert. Den Tatort, einen Buchladen in einem von der PDS genutzten Altbau, hatten Neonazis ausspioniert und auf einer Liste verzeichnet. Dietmar Bartsch weiß um die Gefahr: „Solche Listen sind kein beliebiger Adressenpool, sondern zielgerichtete Aufrufe zu Gewalt, bis hin zu Mord und Totschlag.“ Erst am vergangenen Wochenende hat die PDS den Hass der rechten Szene zu spüren bekommen. In Essen wurde eine Funktionärin von Neonazis angepöbelt und bedroht, weil sie ein T-Shirt mit der Aufschrift „socialist“ trug. In Saarbrücken überfielen mutmaßliche Rechtsextremisten einen PDS-Infostand. Bartsch betont jedoch, er lasse sich in seinem Engagement gegen Rechtsextremismus nicht beirren. Auf eine Strafanzeige gegen die Betreiber der Homepage „Neo Germania“ will der PDS-Bundesgeschäftsführer jedoch verzichten, um die Neonazis nicht noch durch einen Rechtsstreit aufzuwerten.

Die Sicherheitsbehörden geben keine Auskunft über Ermittlungen gegen „Neo Germania“. Wer die Internet-Steckbriefe produziert, bleibt unklar. Ein Hinweis auf die regionale Herkunft der Macher findet sich auf der Homepage einer Gruppe namens „Combat 18 Deutschland“. Dort wird ein Link zu „Neo Germania“ angepriesen, „das ist die beste deutsche Nazi-Seite der Welt! Ich grüße meine Kameraden aus dem Westerwald! Heil Euch in Ehre 18!“ Die Zahl 18 ist eine Chiffre und steht für Adolf Hitler, nach der Reihenfolge der ersten Buchstaben im Alphabet. Auch „Combat 18 Deutschland“ führt auf ihrer Homepage zwölf Namen und weitere Daten von Anti-Rechts-Aktivisten auf. Möglicherweise kopieren die Neonazis die britische Gruppe „Combat 18“ oder es handelt sich sogar um einen Ableger. „Combat 18“ ist für Brandanschläge verantwortlich, kooperiert mit protestantischen Terrorgruppen in Nordirland und gilt der rechten Szene als Vorbild für den bewaffneten Kampf. Ein in Berlin lebender Engländer, der sich im Internet als „Combat 18 Berlin“ präsentierte, wollte schon loslegen. Vergangene Woche durchsuchte die Polizei seine Wohnung – und fand Anleitungen zum Mischen von Sprengstoff für Bomben und Zündkabel.

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