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Politik: Nett, aber hart

SPD und Grüne wollen wieder freundlicher zueinander sein. Konflikte sollen ausgetragen werden, aber nicht im Streit enden

Von Hans Monath

Die Erklärung einer Koalition, deren Spitzenpolitiker gegensätzliche Botschaften unter die Leute bringen, ist mitunter ein schwieriges Geschäft. Vor allem, wenn an einem Wochenende Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt und SPD-Generalsekretär Olaf Scholz in der Reformfrage öffentlich aneinander geraten und SPD-Fraktionschef Franz Müntefering noch eine heikle These über Konsumverzicht und höhere Staatseinnahmen ins Gespräch bringt. Fast eine halbe Stunde lang musste sich Regierungssprecher Bela Anda am Montag mit Fragen nach der Haltung des Kanzlers zu Münteferings Thesen quälen lassen. Nach langem Hin und Her rang sich Anda auf der Regierungs-Pressekonferenz schließlich zu der Einschätzung durch, der Vorstoß ziele weder auf Konsumverzicht noch auf höhere Steuern. Gefragt, ob Münteferings Aussagen der Klarheit der Regierungslinie dienten, gestand Schröders Sprecher ein: „Auch das ist verbesserungsfähig.“

Auch die Chefin der kleineren Regierungspartei bemühte sich am Montag, die Wochenenddebatte nicht weiter eskalieren zu lassen. „Es gibt keinen Rabatz bei Rot-Grün“, versicherte Claudia Roth nach Sitzungen von Parteivorstand und Parteirat. Gleichzeitig machte sie deutlich, dass die Grünen in der Sache keinesfalls nachgeben wollen: Dass Reformen „zeitnah“ umgesetzt werden müssten, sei Auffassung der gesamten Koalition. Und zur Politik der Haushaltskonsolidierung gebe es keine Alternative. Konsumverzicht sei „der falsche Begriff, um vor Weihnachten die Konjunktur noch einmal anzukurbeln“. Grünen-Finanzexpertin Christine Scheel legte sich weniger Zurückhaltung auf und nannte Münteferings Überlegungen zu Steuererhöhungen „absolut schädlich“. Hinter vorgehaltener Hand hieß es unter Bezug auf Scholz und Müntefering, man sei verwundert, dass sich die wichtigsten Vertreter der SPD außerhalb des Kabinetts so eingelassen hätten.

Schließlich habe der Kanzler selbst vergangene Woche in einem Interview der „Zeit“ ein Bekenntnis zu Reformen abgelegt, heißt es. Deshalb gab es in den Gremiensitzungen auch keine Kritik am harten Ton von Göring-Eckardt, die sich gegen Scholz für weitere Reformen stark gemacht hatte und ihren Standpunkt am Montag wiederholte. Man dürfe nicht eine Kommission entwerten, an die man große Erwartungen richte, heißt das Grünen-Argument. Zudem habe Scholz die Debatte ohne Not wieder eröffnet.

Freilich treibt viele Politiker in Partei- und Fraktionsspitze inzwischen auch die Sorge um, der öffentliche Streit könne bald die Atmosphäre zwischen den Koalitionspartnern vergiften. Zwar wird die Stimmung in den Runden mit den Sozialdemokraten als gut beschrieben. Das aber werde nach außen nicht deutlich. Zudem könnten sich öffentlich ausgetragene Konflikte schnell verselbstständigen. Für die Zeit bis Weihnachten hat sich zumindest die Fraktionsführung vorgenommen, nicht jeden Sachkonflikt im Kabinett schon zum Koalitionsstreit „aufzublasen“.

Zwei Monate vor den Wahlen in Hessen und Niedersachsen dürfen sich die Grünen über Umfragewerte freuen, die weit über ihrem Bundestagswahlergebnis liegen. Gerade die Forderung nach Reformen lässt die SPD als Verhinderer dastehen. Von Joschka Fischer wird berichtet, er warne schon davor, man dürfe den Streit nicht so weit eskalieren lassen, dass er die SPD ernsthaft beschädige. Fischer denkt in rot-grünen Kategorien. Allgemein gilt bei den Grünen nun die Einsicht: „Wenn die Koalition in der Kritik steht, hilft es wenig, wenn sich die Partner gegenseitig beharken.“

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