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"Von Idioten missbraucht." Auf dem Piratenpad veröffentlichen Anonyme Links zu kinderpornografischen Seiten.

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Update

Netzkriminalität: Kinderporno-Links: Piraten schalten Foren-Server ab

Gefährliche Anonymität: Auf einer offenen Plattform der Piraten sind Verweise auf kinderpornografische Foren aufgetaucht. Inzwischen haben die jungen Netzpolitiker Anzeige erstattet und die Seiten gesperrt.

Es fing an mit einer dubiosen Mail. Die Piratenpartei verbreite mit Hilfe von "Anonymous" öffentliche Links zu pädophilen Foren, schrieb ein Informant, ohne Namen, kurz und knapp an den Tagesspiegel. Und unter diesen Satz stellte er noch zwei Verweise: Der eine führt zu einem vermeintlichen Youtube-Film der Internetaktivisten Anonymous, der andere zu "piratenpad.de", einer offenen, anonymen Kommunikationsplattform der Piratenpartei.

Anonymous, ein undurchsichtiges Kollektiv von Internetaktivisten, setzt sich für Rede- und Meinungsfreiheit in der virtuellen Welt ein. Dass es hier aber auch Barrieren geben muss, erläutert ein scheinbares Mitglied in dem verlinkten Video - mit Maske auf dem Gesicht und mit verzerrter Stimme. "Leider müssen wir beobachten, wie sich unter dem Deckmantel der Selbsthilfe Websites mit klar pädophilen Hintergrund immer weiter ausbreiten", heißt es hier. Das würden die Aktivisten nicht länger akzeptieren, sondern gegen diese Verbrechen vorgehen und besagte Seiten abschalten: "Wir selbst sehen es als unsere Aufgabe ihre Seiten zu vernichten und werden dies rigoros weiterführen."

Klickt man weiter auf "piratenpad.de", erlahmt diese Kampfansage allerdings schlagartig wieder. Denn auf dieser Plattform, das die Piratenpartei - also eine Gruppe netzpolitisch ganz ähnlich Gesinnter - betreibt, ist von hartem Durchgreifen keine Spur. Ohne ihre Namen anzugeben posten hier User Links zu zweifelsfrei kinderpornografischen Seiten. Außerdem zu lesen: Ein Interview mit einem Psychoanalytiker, überschrieben mit "Das Pädophile ist uns nicht fremd". Auf der Online-Seite können alle Internetnutzer, egal ob Anhänger der Piraten oder nicht, anonyme Nachrichten absetzen oder miteinander chatten - und diese Freiheit haben sie jetzt missbraucht. Die Konsequenz sind kinderpornografische Inhalte unter dem Namen der Piratenpartei. "Ich glaube nicht, dass die Piratenpartei das geduldet hat. Aber die Möglichkeit, das PublicPad für solche Aktivitäten zu nutzen, macht es schlicht und einfach unbrauchbar für jede Art von politischer Betätigung. Da kann zu viel Missbrauch mit getrieben werden", schreibt ein Piratenpad-Nutzer nachdem er die verbotenen Verweise entdeckt hat. "Wann wird dieses Pad dichtgemacht? Hier kann wohl jeder allen Blödsinn ungestraft veröffentlichen", fragt ein weiterer.

Und was sagt man bei der Piratenpartei zu dem Missbrauch? Aleks Lessmann von der Piratenpartei stellt klar, dass keinerlei Verbindungen zu pädophilen Verbrechen bestünden: "Als stellvertretender Pressesprecher der Piratenpartei kann ich ihnen sagen, dass Pädophilie bei uns keinen Platz hat", sagt er. Das Piratenpad sei ein Service, den die Piratenpartei zur Verfügung stelle und den auch schon eine Institution wie der evangelische Kirchentag benutzt habe. Er könne aber natürlich auch "von Idioten missbraucht werden". Ob es dazu einen Beschluss der Partei geben werde, müsse allerdings noch geprüft werden, sagte er am Donnerstagabend. Seit Freitagmorgen stellt eine Pressemitteilung der Piraten klar, dass die Partei wegen der Verbreitung kinderpornographischen Materials Anzeige gegen Unbekannt erstattet hat. Zudem wurden die Forenpad-Server vorläufig abgeschaltet.

Die konkreten Zusammenhänge zwischen dem Piratenpad und Anonymous, die der anfangs erwähnte Informant nahelegte, sind nach wie vor recht nebulös. In einer Entschuldigungsmail an die Bundesgeschäftsstelle der Piratenpartei aber räumte die Netz-Gruppierung zumindest ein, die Plattform genutzt zu haben, um Informationen rund um eine mysteriöse Operation "Innocence" auszutauschen. Diese habe sich klar gegen Kinderpornografie gerichtet - allerdings könne dadurch der falsche Verdacht entstanden sein, dass die Piratenpartei in irgendeiner Weise mit Kinderpornografie in Verbindung stehe. "Es war ein Fehler von uns, welchen wir sehr bedauern. Es war nicht beabsichtigt, dass dieses Pad an die Öffentlichkeit gelangt und somit die Links zu den gefundenen Seiten weiter verbreitet werden", heißt es in dem öffentlichen Entschuldigungsschreiben, welches auf "Flaschenpost", dem Nachrichtenmagazin der Piratenpartei, einzusehen ist.

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