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Politik: Neue Allianz

Inzwischen freuen sich auch die Grünen über Parteispenden von Konzernen wie Daimler und BMW

Von Matthias Meisner

Berlin - Das waren noch Zeiten, als die Grünen gegen die Verfilzung zwischen Politik und Wirtschaft „durch Beraterverträge, Zuwendungen, Aufsichtsratssitze“ wetterten. Dietmar Strehl, Schatzmeister, sitzt zufrieden in seinem Büro. Dunkel erinnert er sich an das erste Programm, das bis vor ein paar Jahren Gültigkeit hatte. Das war einmal. Er schmunzelt und legt die Fakten auf den Tisch: Zum ersten Mal haben die Grünen im großen Stil Spenden von deutschen Konzernen bekommen – darunter von Allianz, BMW und Daimler-Chrysler. Gut eine Million Euro waren es 2002, vier Prozent der Gesamteinnahmen. Der Trend ist klar: 2001 lagen die Unternehmensspenden bei nur 550 000 Euro, im Jahr zuvor sogar nur bei 200 000 Euro. „Wir haben eine relevante Größe erreicht.“

Es hat sich was getan, vor allem kulturell. Denn dass die Spenden nicht mehr nur aus den Reihen der eigenen Abgeordneten kommen, die einen Teil ihrer Diäten an die Partei abgeben, hat etwas mit Veränderung der Partei zu tun. „In diesem Bereich sind wir schon etabliert“, sagt der Schatzmeister. Und macht keinen Hehl daraus, dass er über weitere Unternehmen als Großspender durchaus froh wäre. Andere kassieren schließlich auch und in größerem Umfang. Die SPD etwa bekam 2002 von Firmen 3,4 Millionen Euro überwiesen. Die konservative Opposition hatte es noch besser: 3,1 Millionen Euro verbuchte die FDP, 7,2 Millionen die CSU und 9,6 Millionen die CDU.

Manche Konzerne, etwa die Allianz, spenden allen Parteien, weil sie die Demokratie unterstützen wollen. Andere finden, glaubt Strehl, das Grünen-Programm „interessant“. Bestimmte Unternehmen werden inzwischen gezielt umworben – etwa solche aus der Windenergie- oder Photovoltaikbranche. Doch nehmen würde Strehl das Geld fast von jedem, eine „bisher klare Grenze“ zieht er zu Rüstungskonzernen.

Ein bisschen sensibel ist die Parteibasis geblieben – selbst wenn sie zugesteht, dass die Grünen nach dem CDU-Parteispendenskandal für eine klarere Spendenpraxis gekämpft haben. Strehl erlebt das etwa auf Parteitagen. 1999 gab es in Erfurt eine lange Debatte zum Thema Sponsoring. Mit dem beschlossenen Grundsatz kann der Chef-Kassierer leben: Der Vorstand solle „kein Sponsoring zulassen, das dem Ansehen der Grünen Schaden zufügt“. Aufregung gibt es ab und zu über Anzeigen in der Parteizeitung „Schrägstrich“. Strehl muss diese Einnahmen gar nicht als Unternehmensspende verbuchen, doch regen sich Mitglieder etwa über Reklame der Chemieindustrie auf. Strehl: „Ich muss die Seele unserer Mitgliedschaft im Auge haben. Das Schlimmste wäre, wenn wir Geld bekommen, aber die Partei in Aufruhr ist.“

Doch heftiger Protest ist kaum zu erwarten. Die Mitglieder wissen, dass Sponsoren Stände auf den Parteitagen aufschlagen, und nicht linke Buchhändler oder Verkäufer von Ansteckern. Ob nun die Bahn, der Bundesverband der deutschen Industrie oder der Grüne Punkt – die Wirtschaft hat einen festen Platz in den Hallen.

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