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Politik: Neue Chance für Premier?

Polens Präsident will an Marek Belka festhalten

Warschau - Trotz der Abstimmungsniederlage in Polens Sejm bleibt der demissionierte Regierungschef Marek Belka als geschäftsführender Premier im Amt. Der parteilose Ökonom hofft nach der gescheiterten Vertrauensfrage auf eine zweite Chance. Sollte er jedoch erneut scheitern, sind Neuwahlen unausweichlich. Die Schlappe im Parlament nahm der abgewiesene Regierungschef gelassen hin. Dies sei ein besseres Ergebnis, als er erwartet habe, kommentierte Belka nüchtern die mit 188:262 Stimmen verlorene Vertrauensfrage. Zwar reichte der parteilose Ökonom danach seinen Rücktritt ein, doch die Amtsgeschäfte führt er kommssarisch weiter. Präsident Aleksander Kwasniewski machte deutlich, dass er an dem Premier festhalten will: „Diese Regierung funktioniert – und wird weiter funktionieren, sofern es dazu die Möglichkeit gibt.“

Angesichts der Tücken der polnischen Verfassung wird die Regierungskrise noch mindestens bis Mitte Juni schwelen. Das Parlament hat nun zwei Wochen Zeit, um sich auf einen neuen Kandidaten zu verständigen. Sollte es dabei wie erwartet scheitern, fällt die Initiative erneut auf den Präsidenten zurück. Kwasniewski hat angekündigt, wieder auf Belka zu setzen. Dem Wirtschaftsprofessor blieben dann erneut zwei Wochen, im Sejm eine Mehrheit zu finden. Sollte er auch im zweiten Anlauf scheitern, wären vorzeitige Neuwahlen unausweichlich. Die wiederum wären frühestens im August möglich.

Um ein Jahr Zeit hatte Belka im Sejm gebeten, um die dringlichsten Probleme des Landes in Angriff nehmen zu können: die Sanierung der Staatsfinanzen, die Gesundheitsreform, die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und den Abschluss der Verhandlungen über die EU-Verfassung. Seine Sorge, das Land könnte ausgerechnet in seinem ersten EU-Jahr durch Wahlkampf und unklare Mehrheitsverhältnisse nach Neuwahlen paralysiert werden, wird offenbar von der Mehrheit der Polen geteilt. Laut Umfragen halten 61 Prozent Belka für einen guten Premier, der im Amt bleiben sollte.

Thomas Roser

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