zum Hauptinhalt
Der bisherige Chef des IT-Konzerns Atos, Thierry Breton, soll EU-Binnenmarktkommissar werden.

© dpa

Neue EU-Kommission: „Macron hat uns ein Kuckucksei ins Nest gelegt“

Der Grünen-Abgeordnete Giegold ist gegen eine Nominierung des Franzosen Breton zum EU-Binnenmarktkommissar. Als Grund nennt er einen Interessenskonflikt.

Auf diesen Termin dürfte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sehr genau schauen: Am Donnerstagnachmittag stellt sich der Franzose Thierry Breton der Anhörung in den zuständigen Fachausschüssen im Europaparlament. Der 64-Jährige, der in Brüssel das Binnenmarktressort erhalten soll, gehört neben den Kandidaten aus Ungarn und Rumänien zu den letzten Bewerbern, die noch vom Europaparlament angehört werden.

Zuvor waren die drei ursprünglichen Kandidaten aus Paris, Bukarest und Budapest vom Europaparlament abgelehnt worden. Für Macron war die Blamage besonders groß – war er es doch gewesen, der der künftigen EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen den Weg bereitet hatte. Wenn nach Sylvie Goulard, die er ursprünglich für den Posten der Binnenmarktkommissarin vorgeschlagen hatte, nun auch noch Breton abgelehnt würde, hätte das einen ausgewachsenen Konflikt zwischen den Institutionen in Brüssel zur Folge.

Knappes Ergebnis bei der Vorprüfung Bretons

Dabei stehen die Chancen nicht schlecht, dass Breton an diesem Donnerstag die Anhörung in den zuständigen Fachausschüssen übersteht. In einer ersten Vorprüfung im Rechtsausschuss des Europaparlaments hatte sich eine knappe Mehrheit von 12 Stimmen bei elf Gegenstimmen für den Franzosen ausgesprochen. Die Mehrheit war mithilfe der konservativen EVP-Fraktion und der liberalen Fraktion „Renew Europe“ zu Stande gekommen. Dagegen bemängelte beispielsweise der SPD-Abgeordnete Timo Wölken, dass Breton noch nicht alle Fragen zu möglichen Interessenkonflikten in seinem neuen Amt beantwortet habe.

Frankreich soll ein Mega-Ressort erhalten

Breton soll in Brüssel für den Binnenmarkt, die Industriepolitik, den Digitalbereich sowie die europäische Rüstungs- und Raumfahrtindustrie zuständig werden. Der Zuschnitt des Portfolios läuft auf ein von Frankreich besetztes Mega-Ressort hinaus. Diese Tatsache hatte auch schon während der Anhörungen von Goulard, die wegen einer Scheinbeschäftigungsaffäre aus ihrer Zeit als Europaabgeordnete gescheitert war, für Bedenken gesorgt. Doch weder Macron noch die Fraktion „Renew Europe“, die zum Teil aus französischen Abgeordneten der Regierungspartei „La République en Marche“ besteht, wollten sich auf eine Verkleinerung des Ressorts einlassen.

Breton war bis Ende Oktober Konzernchef des IT-Unternehmens Atos. Seine Anteile an dem Unternehmen hat er inzwischen verkauft, um eine Ablehnung durch das Europaparlament zu verhindern.

Giegold: „Das gab es noch nie"

Dennoch muss sich Breton an diesem Donnerstag auf kritische Fragen der EU-Abgeordneten einstellen. „Das gab es noch nie, dass jemand direkt von einer Konzernspitze in die Kommission gewechselt ist“, sagte der Grünen-Europaabgeordnete Sven Giegold dem Tagesspiegel. Zudem sei vorgesehen, dass Breton in Brüssel genau für jene Bereiche Verantwortung übernehmen solle, in denen auch sein IT-Unternehmen Atos wirtschaftlich aktiv gewesen sei. „Das ist ein Interessenskonflikt“, so Giegold.

Breton müsse nach den Worten von Giegold bei der Anhörung erklären, wie er Digitalkommissar sein wolle, ohne einen Interessenskonflikt mit Atos zu haben. Allerdings zeigt sich der Grünen-Abgeordnete skeptisch, dass dem Kandidaten aus Frankreich dies gelingt: „Aus meiner Sicht ist das nicht machbar.“ Giegold gibt zu, dass es dramatisch wäre, wenn das Europaparlament zum zweiten Mal in Folge einen Kandidaten des französischen Präsidenten ablehnen würde. Aber er fügt auch mit Blick auf den Bewerber aus Frankreich hinzu: „Macron hat uns ein Kuckucksei ins Nest gelegt.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false