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Politik: Neue grüne Rolle

Deutschland solle die Rolle des Militärs in seiner Außen- und Sicherheitspolitik "so weit wie möglich" zurückdrängen - so haben es sich die Grünen im Sommer im Entwurf ihres Grundsatzprogramms vorgenommen. Dann kam der 11.

Von Matthias Meisner

Deutschland solle die Rolle des Militärs in seiner Außen- und Sicherheitspolitik "so weit wie möglich" zurückdrängen - so haben es sich die Grünen im Sommer im Entwurf ihres Grundsatzprogramms vorgenommen. Dann kam der 11. September - und im inzwischen von der Programmkommission überarbeiteten 78-Seiten-Papier fehlt der klar formulierte Satz. Vor allem in den Kapiteln Friedens- und Sicherheitspolitik wurde die Vorlage, über die im März ein Bundesparteitag in Berlin endgültig beschließen soll, neu gefasst. Wesentlich erweitert wurde das Kapitel zur Globalisierung. Diese Woche befasst sich der Bundesvorstand auf einer dreitägigen Klausurtagung mit dem von der Programmkommission erstellten Neuentwurf. Das Thema sei "Hauptpunkt" der Vorstandsberatungen, sagte Parteichef Fritz Kuhn am Montag.

Stärker wollten die Grünen "die Visionen" ihrer Politik herausheben, fügte der Vorsitzende hinzu. Konkret in der Friedenspolitik bedeutet dies, dass die Grünen "das Recht auf individuelle und kollektive Selbstverteidigung" nach Artikel 51 der UN-Charta, wie es nach den Terroranschlägen in den USA in Anspruch genommen wurde, ausdrücklich anerkennen wollen. "Gewalt als ultima ratio lässt sich leider nicht immer ausschließen", heißt es jetzt. Selbst wenn sich die Partei darin versichert, es sich auf Dauer nicht leicht machen zu wollen: Die Frage, ob sich Deutschland an internationalen Maßnahmen beteiligen soll, werde "immer schwer zu beantworten sein". Dem Parteitag im März selbst überlassen wollen Programmkommission und Vorstand die Frage, ob die Zustimmung zu Bundeswehreinsätzen im Bundestag einer Zwei-Drittel-Mehrheit bedarf - und nicht, wie bisher, der einfachen Mehrheit. Erst am Wochenende hatte der grüne Staatsminister im Auswärtigen Amt, Ludger Volmer, deutlich klar gemacht, dass die internationale Gemeinschaft zur Lösung regionaler und globaler Konflikte "längst einen deutschen Beitrag, auch militärischer Art" erwarte. Derweil behielten sich einzelne Vorstandsmitglieder weitergehende Änderungen im Kapitel Außenpolitik vor.

Auch im neuen Programmentwurf wird festgestellt, dass sich Kriege und Bürgerkriege nicht ein für allemal durch präventive Politik verhindern lassen werden. Dennoch will das neue Programm auf Vorsorge setzen: Internationale Organisationen müssten gestärkt, die Demokratie weltweit gefördert werden: "Staaten, die an Menschenrechtsverletzungen beteiligt sind, dürfen keine Rüstungsexporte und keine Militär- und Ausstattungshilfe erhalten." In ähnlichem Duktus ist auch das auf Wunsch mehrerer Landesverbände erweiterte Kapitel zur Globalisierung verfasst. Die alten Strukturen des Nationalstaats würden gegenüber einer grenzüberschreitenden Ökonomie nicht mehr greifen, heißt es einerseits. Andererseits wünscht sich die Partei mehr Verantwortung für die globale Entwicklung: "Nötig ist eine Globalisierung der Solidarität und der Nachhaltigkeit, der Demokratie und der Freiheit." Nachdem sich viele Globalisierungsgegner längst von der grünen Regierungspartei abgewandt haben, lesen sich nun einzelne Passagen im Programmentwurf wie eine Liebeserklärung: "Märkte bringen nicht automatisch Demokratie hervor", heißt es. Und: "In vielen Fällen verbinden sich Globalisierungsinteressen und korrupte Regimes zur Ausbeutung ganzer Regionen oder Nationen."

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