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Politik: Neue K-Fragen

Stoiber will nicht Bundespräsident werden – und die Union streitet wieder einmal über ihren Kanzlerkandidaten

Von Robert von Rimscha

und Mirko Weber

Alles hängt tatsächlich mit beinahe allem zusammen. Es begann am Mittwochabend in München. Bei einem Gespräch mit der Landtagspresse schloss CSU-Chef Edmund Stoiber erstmals aus, für das Amt des Bundespräsidenten zur Verfügung zu stehen. „Definitiv nein“, antwortete der Ministerpräsident auf entsprechende Fragen. „Ich will ein Amt, in dem ich gestalten kann. Bundeskanzler zu werden, wäre die größte Herausforderung gewesen.“ Das Amt des Ministerpräsidenten in Bayern jedoch sei die Position, „auf der ich jetzt am meisten bewegen kann“. Dann folgte, was man schon wieder als Einschränkung des „definitiven Nein“ verstehen konnte. Kandidiere Bundespräsident Johannes Rau im Mai 2004 erneut, so Stoiber, stelle sich die Situation für die Union allerdings wieder anders dar. „Dann müssen wir neu überlegen, aber darüber habe ich mit Angela Merkel noch nicht gesprochen.“

In der Bundesversammlung, die das Staatsoberhaupt wählt, haben Union und FDP einen knappen Vorsprung vor SPD, Grünen und PDS. Zu den möglichen Kandidaten der Union für das Amt des Bundespräsidenten zählt auch UN-Umweltchef Klaus Töpfer. Der steuerte als seinen Beitrag zur Kandidaten-Frage lediglich den Dreisatz bei: „Es ist zwar ehrenvoll, genannt zu werden. Aber es gibt Ämter von einer solchen Bedeutung, dass sich jede Spekulation verbietet. Deshalb werde ich mich daran nicht beteiligen.“

Spitzenreiter im verdeckten Gerangel der Union um den Kandidaten fürs höchste Staatsamt bleiben damit neben Töpfer Thüringens Ex-Ministerpräsident Bernhard Vogel und der Stuttgarter Regierungschef Erwin Teufel. Doch es war nicht die Debatte um die Präsidentenkandidatur, die durch Stoibers Absage neu entfacht wurde. Zufall oder nicht – gleichzeitig flammte wieder jener Personalzwist auf, wer für die Union 2006 Gerhard Schröder gegenübertreten soll. Wollte Stoiber etwa andeuten, dass er erneut sich an dieser Stelle sieht? CDU-Vize Christoph Böhr leistete jedenfalls am Donnerstag all jenen Rückendeckung, die eine automatische Anwartschaft Angela Merkels nicht sehen. Niemand sei jemals als Kanzlerkandidat geboren worden, sagte Böhr der „Rheinpfalz“. „Das steht in keiner Geburtsurkunde. Selbst nicht in der von Angela Merkel.“ Jetzt möge seine Partei, setzte Böhr noch hinzu, erst einmal die Probleme Deutschlands lösen helfen.

Ganz anders äußerten sich dagegen zwei Vertreter der Unions-Jugend. JU-Chef Philipp Mißfelder sagte dem „Kölner Stadtanzeiger“, die Entscheidung laufe auf Merkel zu. „Als Partei- und Fraktionsvorsitzende ist sie die natürliche Kandidatin und hat damit das Erstzugriffsrecht.“ Spätestens Anfang 2005 solle die Entscheidung fallen. Die Vize-Vorsitzende der Jungen Gruppe der Unions-MdBs, Julia Klöckner, ergänzte, Merkel sei „kernig“ und „eine Frau, die Chancen hat“. Mißfelder begründete seinen Vorstoß mit der Einschätzung, man solle „Führungsfragen entscheiden, wenn sie zur Belastung werden“. Dies darf als Seitenhieb auf Roland Koch verstanden werden, den Hessen, der die Union mit seiner Steuersenkungsblockade zunehmend nervt. Es war Stoiber, der Koch gerade öffentlich riet, erst einmal sein eigenes Land in Ordnung zu bringen.

Zwei führende Unions-Politiker übernahmen prompt die Rolle, vor unzeitigen Personaldebatten zu warnen. Ein „kapitaler Fehler“ und „das allerletzte, was wir jetzt brauchen“, sei eine K-Debatte, meinte Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach. Und CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer erklärte, hier handele es sich um „ein klassisches Sommerlochthema“. Im Moment stelle sich für die Union gar keine Personalfrage, weder die nach einem Präsidentschaftskandidaten für 2004 noch jene nach dem Kanzlerkandidaten für 2006. Und dann hatte Meyer noch eine Prognose parat. Was die K-Frage angehe, fehle es der Union keineswegs an der Kraft zu raschen Entscheidungen. „Innerhalb von Stunden“ werde sich die Union einigen – „wenn es darauf ankommt“.

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