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Politik: Neue Koalition, neuer Streit

Die Union will die Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts nicht erklären, Steinbrück schon

Von Antje Sirleschtov

Berlin - Zwischen Union und SPD gibt es offenbar Meinungsunterschiede über den Umgang mit dem Bundeshaushalt 2006. Während der designierte SPD-Finanzminister Peer Steinbrück angedeutet hat, dass er im nächsten Jahr – dem Grundgesetz gemäß – eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts erklären will, lehnt die Union das ab. „Es ist ganz klar, dass wir den verfassungswidrigen Haushalt 2006 als Abschlussbilanz von Rot-Grün verstehen“, sagte Unionsfinanzexperte Michael Meister (CDU) dem Tagesspiegel.

Im Koalitionsvertrag haben sich Union und SPD darauf verständigt, im nächsten Jahr 41 Milliarden Euro neue Schulden aufzunehmen. Das ist fast doppelt so viel, wie Schwarz-Rot investieren will und verstößt damit gegen Artikel 115 des Grundgesetzes. Das Grundgesetz bietet dem Gesetzgeber allerdings die Möglichkeit, sich trotzdem verfassungskonform zu verhalten, indem er die Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts erklärt. Nur, wenn diese Erklärung unterbleibt, wird die Verfassung gebrochen.

Für den Unionspolitiker Meister ist klar: Nachdem die rot-grüne Regierung vier Jahre lang verfassungsgemäße Etats aufgestellt und dann nie eingehalten habe, betrage das Defizit 2006 jetzt 64 Milliarden Euro. „Damit muss jetzt Schluss sein“, sagte er. „Es ist objektiv unmöglich, für das Jahr 2006 einen verfassungsgemäßen Haushalt aufzustellen.“ Hierauf habe sich die Koalition verständigt, sagte Meister. Ein Haushaltsbegleitgesetz für die Folgejahre werde die Einhaltung des Grundgesetzes durch Konsolidierung von 35 Milliarden Euro sicherstellen.

Der „Berliner Zeitung“ hatte Steinbrück zuvor gesagt, die Koalition werde die Regelgrenzen des Artikels 115 der Verfassung, nach dem die Neuverschuldung geringer als das Investitionsvolumen sein muss, nicht einhalten und „das begründen mit dem, was die Verfassung vorgibt: der Abwehr eines gesamtwirtschaftlichen Ungleichgewichts“. Rein juristisch würde Steinbrück damit keinen Verfassungsbruch begehen.

Am Rande des Karlsruher SPD-Parteitages verteidigte der designierte Finanzminister Steinbrück (SPD) die Haushaltspläne der großen Koalition erneut. Die Pläne für das nächste Jahr entsprächen einer „ordentlichen Haushaltsführung“ sagte er.

Der FDP-Finanzexperte Hermann Otto Solms warf Schwarz-Rot erneut vor, bei den Ausgaben des Bundes nicht konsequent zu sparen, sondern die Steuern zu erhöhen. Als „billige Ausrede“ bezeichnete er die Argumente von Union und SPD, zur Mehrwertsteuererhöhung und zum verfassungswidrigen Etat 2006 gebe es keine Alternative. „Wer 25 Milliarden zusätzlich ausgibt, kann nicht von Alternativlosigkeit sprechen“, sagte Solms. Allein bei den Ausgaben für den Arbeitsmarkt sieht die FDP Einsparpotenziale von acht Milliarden Euro. Für noch einmal zehn bis zwölf Milliarden Euro Sparmaßnahmen in der Verwaltung der Bundesregierung hatten die Liberalen bereits im Sommer eine konkrete Liste vorgelegt.

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