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Neue Linke: Parteienforscher erwarten Verluste der SPD

Führende SPD-Linke raten zu Gelassenheit wegen der bevorstehenden Fusion von Linkspartei/PDS und WASG. Doch Experten sind sich sicher: Die neue Partei kostet die Sozialdemokraten Wählerstimmen.

Berlin - Der Parteienforscher Peter Lösche glaubt, dass viele traditionelle SPD-Wähler zur Linkspartei aus PDS und WASG tendieren werden. Lösche erwartet, dass die Linke "mittelfristig erfolgreich bleiben wird und die Stimmen, die sie auf Kosten der SPD gewonnen hat, verteidigen kann". Die neue Partei werde "Wahlergebnisse von acht bis zehn Prozent im Bund einfahren, ähnlich wie FDP und Grüne".

Der Chemnitzer Parteienforscher Eckhard Jesse sieht ebenfalls Stimmenverluste der SPD voraus. "So lange sie in Regierungsverantwortung steht, wird sie Wähler an die Linke verlieren." Aber möglicherweise gebe es bei der SPD einen Linksruck oder sogar ein Ausscheren aus der Regierung. "Dann muss sich die Linke warm anziehen. Denn in der Opposition wird die SPD linke Stimmen wieder aufsaugen, vielleicht sogar die Linke schlucken, wenn die ihren Ostbonus verliert", sagte Jesse.

Maas warnt vor hektischen Reaktionen

"Dass die Linkspartei aus ihrer formalen Fusion politischen Schwung entwickeln kann, halte ich für abwegig", sagte SPD-Präsidiumsmitglied Andrea Nahles. Der saarländische SPD-Chef Heiko Maas warnte ebenfalls vor hektischen Reaktionen. SPD-Vorstandsmitglied Niels Annen rechnet derweil nicht mit weiteren Mitgliederverlusten durch die neue Linke. Zugleich forderte er die Gewerkschaften auf, sich von der neuen Linken nicht zur "Fraktionierung" der Arbeiterbewegung missbrauchen zu lassen.

Nahles betonte, obwohl der Zusammenschluss mit der Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG) seit Monaten bekannt sei, bewege sich die PDS in den Umfragen unverändert bei acht Prozent. Daher müsse diese Entwicklung die SPD nicht beunruhigen. Die SPD müsse sich dennoch stärker für die Interessen der Arbeitnehmer einsetzen, etwa mit der Durchsetzung von Mindestlöhnen. Maas sagte: "Die SPD kann das, was sie macht, nicht davon abhängig machen, ob es links von ihr eine Partei gibt". Die SPD müsse "versuchen, so viel wie möglich von unseren Vorstellungen in der großen Koalition durchzusetzen". Das sei eine Methode, um sich gegenüber der Linkspartei zu profilieren.

Der stellvertretende Vorsitzende der Parlamentarischen Linken in der SPD-Bundestagsfraktion, Annen, sieht ebenfalls keinen Grund zur Beunruhigung. Nach Einschätzung des SPD-Vorstandsmitglieds hat es auf den beiden Parteitagen von Linkspartei und WASG in Dortmund keine neuen politischen Angebote gegeben. Zugleich räumte Annen ein, dass es für die SPD darum gehen müsse, das Vertrauen der ehemaligen Mitglieder zurückzugewinnen.

Zugleich forderte Annen die Gewerkschaften auf, sich von der Linkspartei nicht missbrauchen zu lassen. "Ohne SPD gäbe es keinen Flächentarifvertrag mehr, wäre es nicht gelungen, den Kündigungsschutz zu retten und stünden wir jetzt eventuell nicht kurz vor einer Vereinbarung zum gesetzlichen Mindestlohn", sagte er.

Ernst attackiert SPD

WASG-Chef Klaus Ernst warf den Sozialdemokraten unterdessen einen gewerkschaftsfeindlichen Kurs vor. Wenn die Gewerkschaften die Rente mit 67 Jahren konsequent ablehnten und die SPD-Abgeordneten im Bundestag für eine Erhöhung des Renteneintrittsalters stimmten, brauche sich die SPD-Führung über Austritte nicht zu wundern, sagte Ernst. (Von Manfred Rey, ddp)

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