zum Hauptinhalt

Politik: Neue Macht im Osten

Russland, China und Indien bemühen sich um eine engere Zusammenarbeit – und Ruhe in Zentralasien

Der Begriff „strategische Partnerschaft“ ist bisher nicht gefallen, wenn Russland, China und Indien ihr Verhältnis zueinander definierten. Doch das ist womöglich eine Zeitfrage. Denn offenbar sind sie auf dem Weg dorthin am Donnerstag bei einer Außenministerkonferenz in Russlands Pazifikmetropole Wladiwostok ein gutes Stück vorangekommen. Es sind politische und wirtschaftliche Interessen, die die drei großen Regionalmächte Asiens enger zusammenrücken lassen.

Offiziell wird dies vor allem mit gemeinsamem Kampf gegen den Terrorismus begründet. Aus eben diesem Grund bildete sich die 1996 zur Regelung von Grenzfragen gegründete Schanghai-Gruppe, der neben Russland und China auch die zentralasiatischen Ex-Sowjetrepubliken Kasachstan, Kirgisien und Tadschikistan angehören. 2001 wurde sie zu einer von den Vereinten Nationen anerkannten Organisation, der damals auch Usbekistan beitrat. Deren Staatschefs eröffneten bei ihrem Gipfel im vergangenen Juli im usbekischen Taschkent ein regionales Anti-Terror-Zentrum, das eng mit den UN, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und Interpol zusammenarbeiten soll. Als Beobachter waren auch Vertreter der Mongolei und der afghanische Präsident Hamid Karsai zugegen. Ausdrücklich erklärte sich die Organisation auch für den Beitritt weiterer Mitglieder offen. Denn die Führungsmächte – Moskau und Peking – würden aus der Schanghai-Gruppe nur zu gern das asiatische Pendant zur OSZE machen.

Dafür haben sie mehrere gute Gründe: in erster Linie aber regionales Konfliktmanagement, vor allem in den zunehmend instabilen zentralasiatischen Ex-Sowjetrepubliken. Ein Thema, um das es auch auf dem Dreiertreffen in Wladiwostok ging. Russland wie China haben zu diesen Staaten lange gemeinsame Grenzen, bei den internen Konflikten dort mischen zudem tschetschenische Extremisten und die so genannte Befreiungsfront Ost-Turkestan mit – die illegale Widerstandsbewegung der muslimischen Uiguren aus der westchinesischen Provinz Xinjiang. Dazu kommt, dass die Entwicklungen in Zentralasien stets auch Auswirkungen auf Afghanistan haben und umgekehrt. Daher ist auch Indien am gemeinsamen Krisenmanagement in der Region interessiert und dafür sogar zu Konzessionen gegenüber dem Erbfeind Pakistan bereit.

Für eine langfristige Partnerschaft spricht außerdem, dass die aufstrebenden Volkswirtschaften Chinas und Indiens aus Kostengründen ihren Energiehunger in der Region decken möchten – mit zentralasiatischem Gas und russischem Öl. Ein weiterer Grund, sich dort um relative Ruhe zu bemühen. Moskau hofft zudem auf weitere Steigerungen beim Waffenexport. China und Indien gehören schon jetzt zu den besten Kunden russischer Rüstungskonzerne. Statt mit dem Westen sucht Putin den Schulterschluss mit dem Osten auch deshalb, weil er von dort keine Anpfiffe wegen Demokratiedefiziten und Menschenrechten befürchten muss.

Dennoch ist der Drei-Bund, so er denn zu Stande kommt, nur ein Bündnis auf Zeit. Vor allem Russland und China sind für den jeweils anderen lediglich zweite Wahl und beim geringstem Gunstbeweis aus Washington bereit, das Steuer um 180 Grad herumzureißen. Dazu kommt, dass Russland mit Argwohn verfolgt, wie das überbevölkerte China allmählich in die dünn besiedelten Räume im Osten Sibiriens expandiert. In mehreren grenznahen Regionen beträgt der Anteil der illegalen Immigranten aus dem Reich der Mitte – alle fleißig, flexibel und genügsam – bereits um die 20 Prozent.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false