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Finanzminister Olaf Scholz, hier bei einem Besuch des Impfstoffherstellers Biontech

© imago images/photothek

Exklusiv

Neue Pandemie-Hilfe: Scholz plant Corona-Schutzschirm für Veranstaltungen

Hoffnung für Theater und Konzertveranstalter: Der Staat will mit einer Kostenausfallgarantie helfen – aber die Mehrwertsteuer soll wie geplant wieder steigen.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) plant eine staatliche Übernahme der Kosten für alle Veranstaltungen, die für die zweite Jahreshälfte 2021 geplant werden, aber wegen einer möglichen erneuten Verschärfung der Corona-Pandemie abgesagt werden müssen. Damit sollen alle Aufwendungen abrechnungsfähig gemacht werden, „die in optimistischer Erwartung getätigt wurden und sich wegen Corona-Restriktionen nicht realisieren lassen“, sagte Scholz in einem Interview mit dem „Tagesspiegel“ (Sonntag).

„Wer jetzt solche Veranstaltungen in der zweiten Hälfte des Jahres 2021 plant, die dann wider Erwarten doch abgesagt werden müssen, soll dafür Ersatz bekommen.“

Er wolle die Konzertveranstalter ermutigen, jetzt wieder loszulegen.

Veranstalter sollen wieder loslegen

„Sonst ist die Pandemie irgendwann vorbei, aber es finden keine Konzerte statt. Und so kommt auch die ganze Maschinerie mit den vielen Soloselbständigen und Musikern wieder in die Gänge.“ Zudem arbeite er an einem Förderprogramm, das Kulturveranstaltungen unterstützen soll, die wegen der Corona-Restriktionen nur von einem beschränkten Publikum besucht werden können und daher nicht wirtschaftlich sind.

Scholz wehrte sich gegen Kritik an der bisher auf 33 Milliarden Euro veranschlagten November- und Dezemberhilfe, bei der vom Teil-Lockdown betroffenen Branchen bis zu 75 Prozent des Umsatzes im Vergleich zum Vorjahresmonat ersetzt werden. „Darunter sind Betriebe, die das ganze Jahr über kaum Geschäft gemacht haben und mit dem Umsatz in den letzten Wochen des Jahres gerechnet haben. Denken Sie an die Schausteller und die Weihnachtsmärkte.

Deshalb war es richtig, nicht nur die Einschränkungen zu verlängern, sondern auch die Hilfen“, sagte Scholz und betonte: „Wer jetzt sagt, die Hilfen seien zu großzügig, klingt aus Perspektive derer, die diese Hilfe dringend benötigen, zynisch.“

Zugleich bekräftigte er, dass die Hilfen ab Januar auf ein Modell umgestellt werden, das sich an den Fixkosten orientiert. Bei der dafür geplanten Überbrückungshilfe III würden die Obergrenzen sogar ausgeweitet. „Bisher lag die Grenze der monatlichen Hilfen bei 50.000 Euro. Wir haben gesagt, dass es künftig bis zu 200.000 Euro gehen kann.“

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Ein Konzert in Corona-Veranstaltung - Scholz will, dass jetzt wieder Konzerte für das 2. Halbjahr geplant werden können - mit staatlicher Ausfallkostenübernahme.
Ein Konzert in Corona-Veranstaltung - Scholz will, dass jetzt wieder Konzerte für das 2. Halbjahr geplant werden können - mit staatlicher Ausfallkostenübernahme.

© imago images/MiS

Mehrwertsteuer steigt trotz Lockdown

Olaf Scholz (SPD) schloss zugleich trotz der Verlängerung des Teil-Lockdowns und Sorgen vor weiteren wirtschaftlichen Einbrüchen eine Verlängerung der bis Jahresende befristeten Mehrwertsteuersenkung aus. „Wir haben uns bewusst entschieden, dass wir eine schnell angekündigte Senkung der Mehrwertsteuer machen und dass sie auch mehrere Prozentpunkte umfasst und dass sie befristet ist“, sagte Scholz dem „Tagesspiegel“.

Man folge hier klassischen volkswirtschaftlichen Erkenntnissen. Ohne die Befristung gebe es nicht diesen Effekt. „In einer Krise besteht die Gefahr, dass die Bürgerinnen und Bürger sich zurückhalten und auf bessere Zeiten warten. Wenn es ein ganzes Volk so macht, kommen wir 10,15 Jahre nicht aus einer solchen Krise raus. Also haben wir ein Angebot gemacht, trotz der Krise größere Anschaffungen zu tätigen. Das hat geklappt“, betonte Scholz.

Um wegen der Corona-Krise den Konsum anzukurbeln wurde zum 1. Juli der reguläre Mehrwertsteuersatz von 19 auf 16 Prozent und der ermäßigte Satz von 7 auf 5 Prozent gesenkt – und bis 31. Dezember befristet.

Trotz der andauernden Krise und weiterlaufenden Einschränkungen für viele Branchen soll ab Januar wieder der höhere Satz gelten.

Scholz betonte, der deutsche Staat sei noch lange nicht an seinen finanziellen Grenzen, die „Bazooka“ gelte weiter: „Deutschland hat die finanzielle und fiskalische Kraft, sich all das zu leisten. Dieser Satz ist mir sehr wichtig. Wir tun alles, was notwendig ist, damit unser Land heil durch diese Krise kommt. Und als Finanzminister füge ich hinzu: Wir gehen sehr sorgfältig mit dem Steuergeld um und konzentrieren uns auf das, was nötig ist. Und das zahlt sich aus: Die Situation auf dem Arbeitsmarkt ist viel besser als irgendwer angenommen hat. Die Unternehmen entwickeln sich gut und die Umsätze haben sich auf bemerkenswerte Weise erholt.“

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Bin der wirtschaftskompetenteste Kanzler, den man kriegen kann

Trotz Umfragewerten für die SPD von 15 Prozent rechnet Kanzlerkandidat Olaf Scholz fest damit, Nachfolger von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) werden zu können. Die Union werde nach so vielen Jahren an der Regierung nach der Bundestagswahl im September die Möglichkeit bekommen, „sich in der Opposition zu erneuern“, sagte der Bundesfinanzminister.

Angesprochen auf katastrophale Kompetenzwerte der SPD in ökonomischen Fragen, sagte Scholz: „Naja, der wirtschaftskompetenteste Kanzler, den man kriegen kann, der heißt aber Olaf Scholz.“

Vielen Bürgern werde erst im Laufe des nächsten Jahres klar, dass zum ersten Mal seit 1949 nicht der amtierende Kanzler oder die amtierende Kanzlerin antrete. „Die SPD hat dann den erfahrensten Politiker zu bieten, der sich um dieses Amt bewirbt“, sagte Scholz. Eine erneute große Koalition unter Führung der Union hat er mehrfach schon ausgeschlossen. Ein Jahr nach seiner Niederlage bei der Bewerbung um den SPD-Parteivorsitz betonte er, dass die Zusammenarbeit mit den Vorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans funktioniere. „Wir arbeiten sehr gut zusammen, einerseits auf eine sehr pragmatische Weise, andererseits verstehen wir uns auch gut. Da ist etwas zusammengewachsen.“ Er habe zwar zum Jahresende im Urlaub auf Lanzarote viel nachgedacht. Aber: „Es gab keine Situation, in der ich einen Rücktritt erwogen habe.“

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