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Donald Trump hat die Debatte über seine Steuererklärung diesmal unter Kontrolle.

© Casa Blanca / Notimex / dpa

Neue Spekulation über Trumps Geschäfte: Plötzlich taucht eine Steuererklärung auf

Amerika rätselt, wer die Unterlagen zum Einkommen des heutigen Präsidenten im Jahr 2005 geleakt hat - womöglich er selber? Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Ein paar Stunden lang wurde die Story am späten Dienstagabend deutscher Zeit als journalistischer Coup gehandelt. Rachel Maddow, prominente Trump-Gegnerin und Moderatorin einer linken Nachrichten-Show im Sender MSNBC, ist im Besitz einer Steuererklärung von Donald Trump.

Ist die linke Journalistin die Gelinkte?

Doch als die US-Bürger am Mittwochmorgen aufwachten, hatte die Geschichte eine neue, überraschende Wendung genommen. Ist womöglich nicht Trump der Gelinkte, sondern Maddow? Hat er sie und ihre Show für das vermeintliche "Leak" gezielt benutzt, im eigenen Interesse? Trump ist geübt darin, Medien für seine Zwecke einzuspannen.

Auf Donald Trumps Steuererklärungen ist ganz Amerika neugierig - freilich nicht nur die eine aus dem Jahr 2005, die jetzt auftauchte, sondern auf alle seine Steuererklärungen der letzten zehn Jahre. Im Gegensatz zu den anderen Präsidentschaftskandidaten und den Üblichkeiten in den USA hatte Trump sich nämlich im Wahlkampf geweigert, diese Unterlagen öffentlich zu machen. Als Grund gab er an, er laufe gerade eine Steuerprüfung und während des Verfahrens gehöre sich die Veröffentlichung nicht.

Amerika fragt, was Trump zu verbergen hat

Was hat er zu verbergen, fragte Hillary Clinton in den Fernsehdebatten im Wahlkampf immer wieder. Das fragten auch die US-Medien und gaben diverse potenzielle Antwortoptionen. Hat er womöglich lange überhaupt keine Steuern gezahlt, weil er die Verluste aus seinen Pleiten über viele Jahre abschreiben konnte? Hat er verdächtige Deals in Russland oder anderswo im Ausland abgeschlossen, die nicht öffentlich werden sollten, weil sie seine Erfolgschancen beeinträchtigt hätten?

Folglich alarmierte die Meldung, dass zumindest die Kerndaten aus dem Jahr 2005 bekannt werden, die politisch Interessierten. Freilich nicht für lange. Was Maddow präsentierte, waren lediglich die ersten zwei Seiten der Steuererklärung, die die Kerndaten enthalten, nicht aber die ihnen zu Grunde liegenden Detailinformationen. Demnach gab Trump ein Einkommen von 150 Millionen Dollar an und zahlte 38 Millionen Dollar Einkommensteuer. Mehr als hundert Millionen Dollar schrieb er als Verluste ab.

Politisch ist Trump der Sieger der jüngsten Episode

Unter dem Strich war dies politisch so ziemlich das Gegenteil dessen, was Trump-Gegner sich erhofft hatten. Trump hat Steuern gezahlt - jedenfalls im Jahr 2005. Und mit einer Steuerquote von 25 Prozent auch weit mehr als die erfolgreichsten Abschreibungskünstler an Reduzierung erreichen. Da zudem die Seiten mit den Detailinformationen zu den einzelnen Einkommens- und Verlustarten in dem geleakten Dokument fehlten, ließ sich auch nicht der Verdacht klären, ob Trump anrüchige Geschäfte im Ausland gemacht hatte.

Die "New York Times" hatte im Herbst einen substanzielleren Coup gelandet. Sie hatte Zugang zu einigen Seiten der Trump'schen Steuererklärung von 1995. Aus denen ging hervor, dass der Bankrott mehrerer Trump-Firmen, darunter Casinos in New Jersey, es ihm erlaubte, 916 Millionen Dollar Verluste zu reklamieren, die er über die nächsten Jahre von seiner Steuerschuld abziehen konnte. Theoretisch hätte ihm dies erlaubt, 18 Jahre lang keine Einkommensteuer auf Gewinne zu bezahlen. Das Blatt stellt nüchtern fest, die neuen Unterlagen ließen keine Rückschlüsse zu, ob die 103 Millionen Dollar Abschreibungen in der 2005er Erklärung sich aus den Verlustfortschreibungen von 1995 ergeben.

Das Weiße Haus geht rasch in die Offensive

Noch bevor Maddow's Nachrichten-Show startete, ging das Weiße Haus in die Offensive. Es bestritt die Authentizität der zwei Seiten Steuererklärung nicht. Sondern griff die linken Medien pauschal an. Da zeige sich, "wie verzweifelt der Sender seine Einschaltquote zu erhöhen suche", wenn er "das Recht bricht und über eine mehr als zehn Jahre alte Steuererklärung berichtet", spottete ein Sprecher des Weißen Hauses. Trumps Sohn Donald junior lästerte auf Twitter: "Danke Rachel Maddow, dass du deinen Trump-hassenden Zuschauern bewiesen hast, dass der wahre Donald Trump ein erfolgreicher Geschäftsmann ist, der 44 Millionen Steuern gezahlt hat!"

Trump sieht wie der Sieger dieser Episode der unendlichen Geschichte um seine Steuererklärungen aus. Weshalb es einige Kommentatoren für gar nicht so unwahrscheinlich halten, dass er hinter dem Leak steckt. Die zwei Seiten Steuererklärungen hatte der Pulitzer-Preisträger David Cay Johnston, ein auf Steuerfragen spezialisierter Journalist, aus anonymer Quelle bekommen. Auch er sagt, diese Quelle könne Donald Trump selbst sein oder jemand aus seiner Umgebung. Die Kopie trägt den Stempel "Kopie des Steuerzahlers".

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