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Politik: Neue Tagesordnung

Wenig EU und viel Historie – das Programm für Merkels Polen-Besuch

Die Zeit ist kurz, doch die Liste der Themen ist lang. Nur rund fünf Stunden wird die deutsche Kanzlerin Angela Merkel heute mit ihrem polnischen Amtskollegen Donald Tusk in Danzig die gemeinsamen zentralen Politikbereiche der beiden Länder diskutieren.

Ein Punkt wird nach dem „Nein“ der Iren zum europäischen Verfassungsvertrag wohl keine allzu große Rolle mehr spielen. Drei Tage vor dem EU-Gipfel wollte Tusk die Gelegenheit nutzen, um bei Merkel für eine neue Ostpartnerschaft zu werben. Nach dem Willen der Polen sollen die Ukraine, Moldawien, Georgien, Armenien und Aserbaidschan die besondere Unterstützung der Union erhalten und langfristig in die Gemeinschaft aufgenommen werden. Doch in Brüssel ist die Lust auf eine neue Erweiterungsrunde vorerst gedämpft, da die Auswirkungen des Irland-Referendums noch nicht abzusehen sind. Zumal hatte Deutschland schon vor Wochen angedeutet, an dem Plan zwar interessiert zu sein, ihm jedoch nicht allzu viele Chancen einzuräumen.

Wohl aus diesem Grund sind auf polnischer Seite die Hoffnung zurückgeschraubt worden. In Kreisen des Außenministeriums hofft man, dass Deutschland zumindest die Idee einer Freihandelszone zwischen den Ostnachbarn Polens und der Europäischen Union unterstützen könnte. Weiterhin denkt man an Erleichterungen bei der Vergabe von Visa und die Aufnahme verschiedener Hilfsprogramme für diese ärmeren Länder.

Einen breiten Raum werden allerdings die Gespräche rund um das geplante Museum über Krieg und Frieden einnehmen. Die Arbeiten für das vorläufige Konzept an dem Projekt stehen offensichtlich kurz vor dem Abschluss. Donald Tusk liegt sehr viel an dem Museum, da es auf seiner eigenen Idee basiert und in seiner Heimatstadt gebaut werden soll. Von polnischer Seite wird zwar immer wieder darauf hingewiesen, dass das geplante Museum in Danzig keine Reaktion auf das umstrittene geplante „sichtbare Zeichen" in Berlin sei, in dem vor allem das Schicksal der deutschen Vertriebenen dargestellt werden soll. In Warschau wird allerdings befürchtet, dass durch die Ausstellung in Berlin die geschichtlichen Tatsachen des Zweiten Weltkriegs relativiert werden sollen oder könnten. Aus diesem Grund hat Ministerpräsident Tusk zu dem geplanten Museum in Danzig bereits erklärt: „Das Ziel des Museums ist es, ein Zeichen der Wahrheit darüber zu setzen, wer Täter dieser großen Tragödie und wer das wirkliche Opfer dieses furchtbaren Krieges war. Die Polen haben das volle Recht und die Verpflichtung dazu, Europa zu sagen, dass wir hier in Danzig die Geschichte genau so und nicht anders verstehen.“

Knut Krohn[Warschau]

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