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Politik: Neuer Anlauf, neue Probleme

Wieder wird über die Förderalismusreform verhandelt – jetzt fürchten die Ost-Länder die Kürzung der Bundesmittel

Berlin - Ende Mai, nach der Wahl in Nordrhein-Westfalen, wollen die Ministerpräsidenten zusammenkommen, um letzte Hand an die Föderalismusreform zu legen. Bis dahin sollen Franz Müntefering und Edmund Stoiber, die Chefs der im Dezember gescheiterten Föderalismuskommission, einen Kompromiss zimmern. Der SPD-Chef und Bayerns Ministerpräsident werden freilich noch einige Überredungskünste aufbringen müssen. Denn es rumort in den Ländern, vor allem denen im Osten. Ihnen behagen die im Dezember gefundenen Kompromisse bei den Finanzthemen nicht. Damals wurde in einem Konsenspapier von Stoiber und Müntefering niedergelegt, dass den Ländern bis 2019 die bisherigen Bundesmittel für Hochschulbau, Gemeindestraßen und Wohnungsbau übertragen werden. Die Summe soll über all die Jahre dem Schnitt der Etats von 2000 bis 2008 entsprechen. Allerdings war vereinbart worden, schon 2012 zu prüfen, in welcher Höhe die den Ländern zugewiesenen Finanzmittel „noch angemessen und erforderlich“ sind. Zudem entfällt nach 2012 die „gruppenspezifische Zweckbindung“ der Mittel, kann also für andere Investitionszwecke eingesetzt werden. Ziel dieser Regelung war, den Bund nicht zu lange auf bestimmte Finanzierungen festzulegen, den Ländern aber ein Mindestmaß an Sicherheit zu geben.

Im Osten fürchtet man nun, nach 2012 zu kurz zu kommen, und pocht auf eine Festschreibung der Mittel bis 2019. Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) fordert im Namen aller Ost-Regierungschefs, die im Dezember gefundene Einigung nochmals zu ändern. Denn die Rahmenbedingungen der Ost-Länder könnten sich sonst „maßgeblich verschlechtern“. Wie vor ihm schon sein CDU-Kollege Dieter Althaus aus Thüringen will Milbradt die im Solidarpakt gemachten Zusagen im Detail festklopfen – und zwar gesetzlich. Für ein Aufschnüren des Finanzteils der Föderalismusreform hat sich auch Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) ausgesprochen. Auch er fürchtet, die Länder seien mit dem schon vorliegenden Kompromiss nicht gut bedient.

Die Furcht des Ostens ist nicht unbegründet: Schon heute haben die Länder zwischen Ostsee und Erzgebirge Schwierigkeiten, die Bundesmittel zweckgebunden auszugeben. Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) hat das mehrfach kritisiert, kaum einer der West-Ministerpräsidenten hat ihm widersprochen. Dezidiert gegen Milbradts Vorstoß spricht sich nun der Mainzer Regierungschef Kurt Beck (SPD) aus. „Ich halte nichts von diesen Forderungen. Wer jetzt noch einmal draufpacken will, der will auch das endgültige Scheitern der Föderalismusreform“, sagte Beck dem Tagesspiegel.

Ein weiteres Problem könnten Milbradt und Wulff mit einem anderen Ministerpräsidenten bekommen, mit dem sie sonst gut harmonieren: Hessens Regierungschef Roland Koch (CDU) hat den Finanzteil der Föderalismusreform als Verhandlungsführer der Länder entscheidend mitgestaltet. Er dürfte kaum bereit sein, das Tableau noch einmal erheblich umzubauen. „Es macht keinen Sinn, die Gespräche von Müntefering und Stoiber zu präjudizieren“, sagt Koch zwar. Mit Blick auf Milbradts Forderungen wählt er die Formulierung, dessen „Interessen sind nicht unberechtigt“. Es seien die, die auch schon vor Beginn der Verhandlungen bekannt gewesen seien, sagte er. Er könne sich zwar vorstellen, die Solidarpaktmittel „in sinnvoller Weise“ abzusichern. Aber am Ende, betont Koch, müsse ein Kompromiss stehen, „der allen etwas abverlangt“.

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