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Demnächst wieder? Horst Seehofer gipfelt gern.

© Bernd von Jutrczenka/dpa

Neuer Koalitionskrach: Auf Befehl aus München

Bei Erbschaftsteuer und Zeitarbeit steuerte die schwarz-rote Koalition schon auf eine Einigung zu. Aber nun legt CSU-Chef Horst Seehofer sein Veto ein.

In der Koalition knirscht es wieder. CDU und SPD waren sich wohl bei zwei Großvorhaben weitgehend einig – der strengeren Regulierung von Leiharbeit und Werkverträgen sowie der vom Bundesverfassungsgericht  geforderten Reform der Erbschaftsteuer für Unternehmer. Aber die CSU legt sich quer. Sie hat bei beiden Gesetzesprojekten weiteren Redebedarf angemeldet. Auf dringlichen Wunsch von Parteichef Horst Seehofer, der ein Koalitionsspitzentreffen mit CDU-Chefin Angela Merkel und dem SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel fordert, um die bayerischen Zusatzwünsche durchzuboxen.

Kalt erwischt wurde Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) von der Forderung aus München, dem sich die CDU anschloss. Sie hatte noch am Freitag erklärt, das Gesetz zu Leiharbeit und Werkverträgen werde schnell kommen. Die Ressortabstimmung sollte in dieser Woche beginnen. CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer sagte nun aber, seine Partei sei der Meinung, dass es bei den Vorschlägen von Nahles nicht bleiben könne. Offenbarstoßen sich die Christsozialen vor allem an den beabsichtigten Verbesserungen für Zeitarbeiter. Wie es heißt, ist man in München der Ansicht, diese gingen über den Koalitionsvertrag hinaus.

Nahles‘ Entwurf sieht vor, dass der Einsatz von Zeitarbeitskräften in Betrieben auf 18 Monate begrenzt wird. Nach neun Monaten sollen sie zudem so bezahlt werden wie die Stammbelegschaft. Umstritten war unter anderem eine Ausnahmeregelung für tarifgebundene Unternehmen – diese wurde aber dann auf Unternehmen ausgedehnt, welche nicht tarifgebunden sind. Danach habe das Kanzleramt der Ressortabstimmung zugestimmt, hieß es aus dem Arbeitsministerium. Vergangene Woche war eine überarbeitete Fassung des Gesetzentwurfs bekannt geworden, in der Nahles deutlich auf die Arbeitgeber zugegangen war - sehr zum Missfallen der Gewerkschaften. Nahles warf der Union „strategische Spielchen“ vor. Der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann sprach von einem „klaren Bruch des Koalitionsvertrags“. Verdi-Chef Frank Bsirske sagte: "Die CSU will Leiharbeit und Werkverträge
weiter als Instrument zur Entsicherung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und zur Lohndrückerei missbrauchen."

Acht neue Forderungen

Auch bei der Erbschaftsteuer blockiert die CSU nun eine Vereinbarung, auf die sich die Unterhändler offenbar schon geeinigt hatten. Seit Dezember hatten sich die zuständigen Fraktionsvizevorsitzenden Ralph Brinkhaus (CDU) und Carsten Schneider (SPD) zusammen mit CSU-Landesgruppenchefin Gerad Hasselfeldt um eine Einigung bemüht und diese vor einigen Tagen offenbar auch gefunden, bevor das Veto aus München kam – nach einem Treffen Seehofers mit Unternehmern am vorigen Sonntag. Die Koalition ringt seit einem Jahr um die Reform, die – so hat es Karlsruhe verlangt – eigentlich bis Juni abgeschlossen sein müsste. Der Ursprungsentwurf von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sowie weitere Vereinbarungen waren immer wieder von der CSU zurückgewiesen worden. Nun gibt es acht Forderungen der CSU, die zum Teil fundamental sind und selbst Vereinbarungen zu erweitern suchen, die auf CSU-Einsprüche zurückgehen. So wollen die Christsozialen, die seit Beginn der Verhandlungen die Wünsche der Familienunternehmerverbände unterstützen, die Einbeziehung von Privatvermögen in die geplante Prüfung der Steuerzahlungsfähigkeit von Erben  kippen. Außerdem soll die nicht zuletzt auf Wunsch der CSU eingefügte Investitionsklausel (Unternehmer, die nach dem Erbfall investieren, sollen begünstigt werden) nun nochmals erweitert werden auch auf Schenkungen.

"Einigung wird unmöglich"

SPD- Fraktionsvize Schneider bezeichnete die bayerischen Forderungen bei der Erbschaftsteuer als „nicht akzeptabel“. Die Staatsregierung in München mache sich zur Sachwalterin „maßloser Lobbyanliegen“. Der im Bundestag gefundene Kompromiss sei sachlich und politisch ausgewogen gewesen. Schneider sagte weiter: „Eine Einigung in der Koalition wird damit unmöglich, weil die Forderungen schlicht verfassungswidrig sind.“ Aber damit habe die CSU Erfahrung - das aktuelle Erbschaftssteuerrecht sei vor allem wegen Änderungswünschen der CSU bei der letzten Reform für verfassungswidrig erklärt worden. Jetzt bestehe ein hohes Risiko, dass es zu keiner Neuregelung kommt. In diesem Fall könnte es sein, dass das Verfassungsgericht selbst die Regeln vorgibt.

Bundeswirtschaftsminister Gabriel wirft derweil Innenminister Thomas de Maizière vor, Gesetzespläne zur Ausbildung von Flüchtlingen zu verschleppen. Handwerksbetriebe beklagten immer wieder die Unsicherheit, ob die Betroffenen nach einer erfolgreichen Ausbildung auch bei ihnen arbeiten dürften, sagte der SPD-Chef der Nachrichtenagentur Reuters. Er warte seit fast vier Wochen auf einen Gesetzentwurf seines CDU-Kollegen, um das Problem zu beheben. "Wir brauchen in dieser gerade für das Handwerk so wichtigen Frage mehr Tempo." (mit Reuters und dpa)

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