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Politik: Neuer Kopf, alte Probleme

In schwieriger Zeit wird Frank Schira Vorsitzender der Hamburger CDU

Vor neun Jahren gab die SPD in Hamburg die Macht an die CDU ab – jetzt ist die Union an der Alster offenbar erstmals wieder in Schlagdistanz. Unter diesem Eindruck standen die Landesparteitage von CDU und Sozialdemokraten am Wochenende. Zu wählen ist die neue Bürgerschaft allerdings erst Anfang 2012.

Die SPD unterstützt zwar die Schulreform von CDU und Grünen, doch manch ein Genosse hofft insgeheim, dass die Einführung der Primarschule mit dem gemeinsamen Lernen von Klasse eins bis sechs am 18. Juli beim Volksentscheid scheitert, weil das eine klare Schwächung des jetzigen Senats bedeuten würde – eine Senatsumbildung wäre in diesem Fall nicht ausgeschlossen. Bei den jüngsten Umfragen hatte die SPD die CDU in der Hansestadt überflügelt. Jetzt war es für den am Freitagabend wiedergewählten SPD-Landesvorsitzenden Olaf Scholz ebenfalls eine Genugtuung, dass er 97 Prozent aller Stimmen auf sich vereinen konnte, während bei der CDU Frank Schira „nur“ 87 Prozent der Stimmen erhielt.

Während Scholz in die Offensive ging und die Bereitschaft seiner Partei für einen Regierungswechsel in der Elbmetropole signalisierte, dämpfte Bürgermeister Ole von Beust (CDU) die Erwartungen beim politischen Gegner: „Wer an Neuwahlen glaubt, ist auf dem falschen Dampfer.“ Entschieden hatte er in den vergangenen Wochen bereits öffentliche Spekulationen zurückgewiesen, er sei amtsmüde.

Der neue CDU-Chef Schira, Nachfolger des Anfang März zurückgetretenen Michael Freytag, sagte zu den 32 Gegenstimmen und vier Enthaltungen nach geheimer Wahl: „Ich bin trotzdem sehr zufrieden.“ Den Imageverlust bei den Christdemokraten kreidete er zu einem Großteil dem Erscheinungsbild der Bundesregierung an. Dennoch müsse man auch selbst seine Hausaufgaben erledigen, sagte Schira. Er gab zu, dass innerparteilich künftig wieder stärker das Gespräch gesucht werden müsse. Der 46-Jährige, bisher schon Chef der Bürgerschaftsfraktion, stellt nun die neue starke CDU-Kraft neben Beust dar. Er weiß um parteiinterne Unzufriedenheiten. Beim Tagesordnungspunkt Aussprache meldete sich aber nur Beust selbst zu Wort, der ein Plädoyer für den eingeschlagenen Politikweg mit dem grünen Koalitionspartner hielt.

Wie schon bei vergangenen Parteitagen traute sich kein Delegierter, Kritik zu üben. Dennoch grummelt es an der Basis: Die Junge Union etwa hat sich kürzlich gegen das im Koalitionsvertrag vorgesehene Stadtbahnprojekt ausgesprochen, ferner hat ein sogenannter Alsterkreis in einem Schreiben an alle Parteimitglieder gefordert, die Schulreform abzulehnen. Beide Vorhaben verteidigte Beust ausdrücklich.

Schira appellierte an die Geschlossenheit in seiner Partei. Er plant eine Landesmitgliederbefragung und will eine Programmkommission einrichten. Die Taktik in der zweiten Hälfte der Legislaturperiode ist für ihn klar: Die Partei müsse sich nach außen wieder stärker über ihre Inhalte profilieren als über ihre Rolle in der Landesregierung.

Als angeschlagen gelten mehrere Senatoren. Der für Inneres zuständige Christoph Ahlhaus zum Beispiel versucht sich als Hardliner zu profilieren. Praktisch aber hat er nicht verhindern können, dass in der Hansestadt nachts reihenweise Autos angezündet werden und junge Intensivtäter Angst und Schrecken in der Öffentlichkeit verbreiten. Finanzsenator Sebastian Frigge ist durch verstrickte Parteigeldabrechnungen bei seiner Beratertätigkeit in Rheinland-Pfalz sogar ins Visier der Staatsanwaltschaft gerückt. Er versucht, sein angekratztes Image aufzubessern, indem er im Zuge einer notwendigen Sparpolitik Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten im Rathaus zusammenfassen will und dadurch zwei Senatorenposten überflüssig werden. Sozialsenator Dietrich Wersich hat sich den Zorn vieler Eltern zugezogen, weil er die Kitagebühren erhöht hat.

Wird Schiras Strategiewechsel umgesetzt, bedeutet das künftig mehr Reibungen mit dem grünen Koalitionspartner. SPD-Landeschef Olaf Scholz warnte die Grünen bereits davor, sich nibelungenhaft an die Union zu klammern. Weder Scholz noch Schira wollten sich unterdessen zu ihren Ambitionen auf das Bürgermeisteramt äußern. Bei der CDU gilt es als nicht sicher, ob Beust noch für eine weitere Legislaturperiode zur Verfügung steht.

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