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Markus Söder (l, CSU) und sein Vorgänger und Horst Seehofer (CSU)

© dpa/Sven Hoppe

Update

Neuer Ministerpräsident: Die Mission des Markus Söder heißt Bayern

Für Markus Söder erfüllt sich ein Lebenstraum. Der bayerische Landtag hat den 51 Jahre alten Franken zum Ministerpräsidenten von Bayern gewählt.

Markus Söder (CSU) ist neuer bayerischer Ministerpräsident. Der Landtag wählte den 51-Jährigen am Freitag in München zum Nachfolger von Horst Seehofer (CSU), der als Bundesinnenminister nach Berlin gewechselt ist. Söder erhielt 99 der abgegebenen 169 Stimmen.

Seit Söder den Machtkampf mit Horst Seehofer nach der Bundestagswahl für sich entscheiden konnte, war von Tag zu Tag eine fortschreitende Wandlung zu beobachten. Söder übte Ministerpräsident. Früher saß er manchmal mit einem richtig übellaunigen Blick bei Veranstaltungen, im Parlament, in Talkshows. Man spürte, wie ihm in diesen Momenten die Dinge auf den Geist gingen. Heute begrüßt er jeden in seiner Umgebung mit Handschlag und „Servus“.

Die Wandlung des Markus Söder

Im Saal 3 des Isar-Kinocenters in Bad Tölz warten an diesem Abend Ende Februar 300 Leute in ihren Sesseln auf die Hauptperson. Während einer kurzen Begrüßung durch Sat-1-Moderator Ralf Exel sitzt Markus Söder in der ersten Reihe. Der künftige bayerische Ministerpräsident zückt sein Handy und macht noch schnell ein Foto – von sich selbst.

„Söder persönlich“ heißt die von der CSU organisierte Gesprächsreihe, deren Ziel klar ist: Der Mann, der auch in Bayern von vielen irgendwo zwischen Krawallo, Schaumschläger und „Jetzt red I“ angesiedelt wird, soll von seiner menschlichen, sympathischen Seite gezeigt werden. „Söder persönlich“ tourt in den nächsten Monaten durch den Freistaat, er kommt nach Ansbach, Ingolstadt oder Würzburg. Nicht in die Mehrzweckhalle oder den Bürgersaal, sondern ins Kino. Da erzählt er dann zu Beginn des Talks – die Krawatte hat er weggelassen, der oberste Knopf des Hemdes ist offen –, wie er 1977 als Zehnjähriger den allerersten Star-Wars-Film gesehen hatte. Eine Belohnung von den Eltern war das – für eine Zwei minus in Englisch.

München im Spätherbst 2017. Während Seehofer als CSU-Vorsitzender in Berlin wochenlang quälend um ein Jamaika-Bündnis ringt, wird Söder klar, dass er ausholen muss zum großen Schlag. Sonst würde ihm das Schicksal des ewigen Thronfolgers, der nicht zum Zuge kommt, drohen. Das Söder-Lager macht mobil. Laut, aggressiv und oft auch ohne Niveau.

Immer wieder fordern CSU-Lokalpolitiker die „personelle Erneuerung“. Die Junge Union bejubelt ihn provokativ als „MP Söder“, er gesellt sich auf das Foto. Gegner wie Wirtschaftsministerin Ilse Aigner werden von Söder-Fans wüst beschimpft. Auch wenn Söder selbst öffentlich nicht mitmischt, zeigt die Art, wie seine Leute Seehofer niederringen, den unbedingten Machtwillen des 51 jährigen Franken. Die Landtagsfraktion ruft ihn nach langem Hin und Her einstimmig zum neuen Ministerpräsidenten-Kandidaten aus. Seehofer darf Parteichef bleiben, geht als Bundesminister nach Berlin. In die deutsche Hauptstadt hat es Söder nie gezogen. „Meine Mission ist Bayern“, sagt er immer wieder.

Seehofer hat sich mit Grippe krank gemeldet

Dreiländerhalle Passau, 14. Februar 2018, Politischer Aschermittwoch der CSU. 6000 CSU-Anhänger sind bestgelaunt da, um Söder zu bejubeln. An den drei Tischen vor der Bühne sind die CSU-Granden platziert. Bei Söder sitzt seine Ehefrau Karin Baumüller-Söder und gleich daneben Manfred Weber, EVP-Fraktionsvorsitzender im EU-Parlament. Weber und Söder gelten als ziemlich beste Feinde, doch jetzt prosten sie sich freundlich zu. Mit am Tisch ebenfalls Markus Blume, der jetzt zum neuen CSU-Generalsekretär ernannt wurde. Auch Blume ist ein Seehofer-Mann, der die Aktivitäten der Söder-Truppe scharf kritisiert hatte. Am Nachbartisch müssen Söder-Freund Ludwig Spaenle (Kultusminister), Söder-Gegner Alexander Dobrindt und CSU-Legende Edmund Stoiber miteinander auskommen. Einer fehlt: Seehofer hat sich krank gemeldet, Grippe.

Imagekampagne. Wie hier im Kino in Bad Tölz tourt Markus Söder in den nächsten Monaten durch den Freistaat.
Imagekampagne. Wie hier im Kino in Bad Tölz tourt Markus Söder in den nächsten Monaten durch den Freistaat.

© Andreas Gebert/dpa

Auf der Bühne erhält Söder Lob von Noch-Generalsekretär Andreas Scheuer: „Du brennst für Bayern.“ Jener Scheuer hatte als Seehofer-Sprachrohr noch kurz zuvor Journalisten zusammengestaucht, die fälschlicherweise vermeldet hatten, dass sich die Fraktion schon für Söder ausgesprochen habe. Nun heben sie alle in Passau die Maßkrüge und bejubeln Söder. Dieser redet feurig und teilweise an der Grenze zum Rechtspopulismus, etwa beim Thema Flüchtlinge. Ein großes politisches Grundübel bestehe in der „Political Correctness“, hatte Söder mal im Gespräch gesagt. Und auf der Bühne tönt er: „Die Political Correctness hat in Passau Pause, hier gibt es Klartext.“

Wie wird sich das in der Söderschen Regentschaft auswirken? Bayern soll eine eigene Grenzpolizei erhalten, sagt er. Und er fordert ein eigenes „Landesamt für Asyl und Abschiebung“. Ansonsten verspricht er das, was viele andere auch versprechen: flächendeckende Digitalisierung, Stärkung des ländlichen Raumes, mehr Wohnungen in den Ballungszentren.

Kritiker werfen ihm ein übergroßes Ego vor

Söder sagt, es gehe ihm nur um Bayern. Kritiker sagen, es gehe ihm nur um sich selbst und die Pflege seines übergroßen Egos. Dabei sollte man ihn als Politiker nicht unterschätzen: Er ist ein harter Arbeiter, bei der Führung seiner bisherigen Ämter als Umwelt- und später als Finanzminister findet auch die Opposition nicht viel, was sie aussetzen könnte. Das große Streitthema der dritten Startbahn für den Münchner Flughafen hat er bis nach der Landtagswahl am 14. Oktober vertagt und somit Angriffsfläche genommen.

Im Kino in Bad Tölz gibt es zwei Stunden lang eine Söder-Wohlfühlshow. Er erinnert sich ehrfürchtig an seine Eltern, an den schwer arbeitenden Vater Max, der ein kleines Baugeschäft hatte und ihm sagte: „Bub, du hast zwei linke Hände. Entweder wirst du Pfarrer oder Politiker.“ Huldigend spricht er über seine zwei großen politischen Vorbilder: Franz Josef Strauß und Edmund Stoiber. Stoiber machte ihn zum CSU-Generalsekretär, er sieht sich als dessen „Adoptivsohn“. Dieser habe ihn „nie geschimpft“. Beim noch amtierenden Ministerpräsidenten gab es kaum einen Monat ohne Söder-Rüffel. Das muss regelrecht traumatisierend gewesen sein. So wundert es nicht, dass er einen an diesem Abend im Kino nicht erwähnt: Horst Seehofer.

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