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Neuer Verteidigungsminister de Maizière: Einzug in ein unbestelltes Haus

Bei seiner Entlassung aus dem Amt betont Karl-Theodor zu Guttenberg, dass er ein bestelltes Haus übergebe. Doch sein Nachfolger Thomas de Maizière wird arbeiten müssen, um die von Guttenberg angestoßene Reform umzusetzen. Konkrete Entscheidungen sind bisher nicht gefallen.

Von Robert Birnbaum

Karl-Theodor zu Guttenberg weist dem Nachfolger den Weg. Der alte und der neue Minister schreiten auf dem Appellplatz hinter dem Bendlerblock das Wachregiment ab. Immer wenn ein Richtungswechsel ansteht, macht Guttenberg mit höflicher Handbewegung darauf aufmerksam. Thomas de Maizière dankt mit knappem Nicken. Ob er merkt, wie viel Hintersinn in der freundlichen Szene in der Mittagssonne steckt? Guttenberg hat de Maizière am Donnerstag alles andere als ein „bestelltes Haus“ übergeben, wie er das in seiner Rücktrittserklärung für sich reklamierte. Doch de Maizière kann die Reform der Bundeswehr auch nicht einfach frei von den Vorgaben des Vorgängers neu denken.

Das hat mehrere Gründe. Parteipolitisch ist es nicht opportun, Guttenbergs Abschiedsspruch „Das Konzept der Reform steht“ als letzten Bluff zu enttarnen – die Gemeinde der Guttenberg-Verehrer will geschont sein. Koalitionspolitisch hat sich die gesamte Regierung festgelegt – sie will die geschrumpfte Berufs- und Freiwilligenarmee, die am Ende sogar weniger kostet als die Wehrpflicht-Bundeswehr. Faktisch kaum mehr anzuhalten ist aber auch der Zeitplan der Reform.

De Maizière wird sich nach Einschätzung von Wehrpolitikern und Militärs deshalb sehr schnell in die Materie einarbeiten und zügig Entscheidungen treffen müssen. Eine Denkpause würde direkt ins Chaos führen. Die Wehrpflicht endet unerbittlich im Sommer. Aber niemand meldet sich freiwillig zu einer Armee, deren Zukunft ihr selbst noch nebulös ist.

Dass sich de Maizière schnell sachkundig machen kann, hat er vielfach bewiesen. Allzu voll ist sein neuer Schreibtisch ja auch nicht. Er findet vor allem Ideensammlungen: Ein Konzept von Staatssekretär Walter Otremba zum Umbau des Ministeriums, eine 82-Punkte-Liste zur besseren Nachwuchswerbung, die eng gestrickte Finanzierungsvorgabe des Finanzministers. Konkrete Entscheidungen sind bisher nicht gefallen.

Über die Qualität der Vorarbeiten gibt es geteilte Meinungen. Nicht nur die Fachabteilung Verteidigung im Kanzleramt hat bemängelt, dass da stark ins Blaue hinein reformiert werde – ohne vorher zu klären, welche Fähigkeiten für welche Art von Einsätzen die Bundeswehr künftig haben soll. Liegt der Planung ein zweites Afghanistan zugrunde oder nur Auslandseinsätze für wenige Monate? Ist europäische Zusammenarbeit ernst gemeint oder bleibt die Bundeswehr nationale Allzweckwaffe?

Auch konkret gibt es Zweifel bis tief in die Koalition hinein. So sieht der Plan fürs neue Ministerium vor, dass der Generalinspekteur zum Oberbefehlshaber aufrückt. Gleichzeitig soll er seine Rolle als militärischer Berater der Regierung aber nur nebenbei ausüben. An Volker Wieker auf diesem Posten will de Maizière übrigens festhalten: „Auf gute Zusammenarbeit“, hat er zu dem General am Donnerstag demonstrativ gesagt.

De Maizière hat ja auch viel zu viel zu tun, um groß über Personalwechsel nachzudenken. Und viel auszuhalten. Dass CSU-Chef Horst Seehofer das Verteidigungsministerium abgab, hängt auch damit zusammen, dass der Bayer mit einem CDU-Minister einfacher um Standorte raufen kann als mit einem Parteifreund. Ob er gegen den selbstbewussten Preußen dabei eine Chance hat, steht auf einem ganz anderen Blatt.

Der neue Minister muss sich jetzt erst einmal mit Wolfgang Schäuble einig werden. Schon Mitte März soll ja der Haushalt 2012 stehen. De Maizière könnte um weiteren Sparnachlass ersuchen – es war schließlich nicht er, der einst großspurig 8,4 Milliarden Euro Einsparung versprochen hat. Andererseits weiß er um den Spardruck, der auf allen lastet. Als Kanzleramtschef hatte er für kostspielige Ideen nur den Spruch übrig: „Klar – und im Himmel ist Jahrmarkt!“

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