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Geht beim Hauptstadtflughafen BER alles wieder von vorne los?

© dpa

Neues vom BER: Noch ist nicht alles verloren

Es kommen Zweifel auf, ob der Eröffnungstermin 2017 für den Hauptstadtflughafen BER gehalten werden kann. Neue Risiken tun sich auf. Ein Kommentar zur Gemengelage.

Ein Kommentar von Lorenz Maroldt

Ist der BER noch zu retten? Oder wenigstens der Eröffnungstermin 2017? Angesichts jüngster Erkenntnisse kommen daran – wieder – Zweifel auf. Dabei hatte es doch noch vor Kurzem nach einem gelungenen Neustart ausgesehen, verbunden mit einem nachvollziehbaren Plan. Doch jetzt das: Erst meldet Imtech Insolvenz an, eines der Unternehmen, das in der Flughafengesellschaft als „systemrelevant“ gilt; dann wird bekannt, dass die Compliance-Verantwortliche am BER auf Abrechnungen von Siemens gestoßen ist, die sie für betrügerisch hält, sodass sie den Fall der Staatsanwaltschaft übergibt; und der Flughafenchef verkündet: Der Termin zur Fertigstellung des Terminals, März 2016, ist nicht zu halten. Geht alles wieder von vorne los?

Um sich einer Antwort zu nähern, hilft es, die Gemengelage aufzudröseln – so wie nach dem Umbau im technischen Management auch das Kabelchaos in den Schächten sortiert wurde, Schwachstrom hier, Starkstrom dort. Abteilung Schwachstrom ist der Betrugsvorwurf: Auf den Eröffnungstermin hat das, so weit absehbar, keinen Einfluss – und kann damit auch nicht als Erklärung für weitere Verzögerung dienen. Aufgefallen ist das Ganze den regulären Rechnungsprüfern im BER, was für die Wirksamkeit der Kontrolle spricht, es betrifft die Jahre 2013 und 2014 und, soweit bekannt, lediglich ein Unternehmen. Anhaltspunkte für Korruption im Flughafen sind zudem nicht ersichtlich. Doch einen heiklen Punkt gibt es: Der damalige Regionalleiter von Siemens ist heute BER-Technikchef – das ist auch ohne Betrugsvorwurf von Anfang an etwas pikant. Allerdings ist der Wechsel derart herausgehoben, dass die Compliance-Beauftragte hier sicher ganz genau hinschauen wird. Zudem dürfte der Abrechnungsbetrug damals unterhalb seiner Zuständigkeit eingetütet worden sein – war es anders, wird die Staatsanwaltschaft das schon ermitteln.

Der Countdown läuft

Kommen wir zum Starkstrom – der Imtech-Pleite. Dass hier Gefahr droht, ist lange bekannt. Schon in der Zeit von Technikchef Amann wurden hohe, unbelegte Zahlungen an das Unternehmen dem Aufsichtsrat gegenüber mit drohender Insolvenz begründet – und mit der „Systemrelevanz“ der Firma. Doch erst in diesem Jahr, unter dem neuen Chef Mühlenfeld, wurden Vorbereitungen getroffen für den Fall der Fälle: Andere Firmen, auch Subunternehmer, sollten möglichst ohne großen Verzug übernehmen können. Ein solcher Plan findet sich in keinem Aufsichtsratsprotokoll – allerdings aus einem nachvollziehbaren Grund: Wer offen über Unternehmenspleiten spekuliert, führt sie oft erst recht herbei, der Fall Kirch/Deutsche Bank ist dafür ein prominentes Beispiel. Doch anzunehmen ist, dass Mühlenfeld zumindest die Spitze des Aufsichtsrats informiert hat – schon um sich selbst zu schützen.

Von allen Terminrisiken ist das der Insolvenz eines wichtigen Unternehmens das größte. Oberste Priorität muss es deshalb sein, sich Schritt für Schritt aus der Abhängigkeit zu lösen. Noch ist Imtech dabei, die Arbeiter sind nach dem ersten Schrecken zurückgekehrt. Aber wie lange geht das gut? Wie sicher sind die Zahlungen der Firma an die beteiligten Subunternehmen? Bleiben die auch nur vier Wochen aus, verwaist der Bau. Angesichts dessen – und der von Mühlenfeld konstatierten Verzögerung – kommt der dümmste Spruch der Woche vom Insolvenzverwalter: „Imtech liegt voll im Zeitplan“ – was für ein frecher Stuss. Andererseits ist Insolvenz kein Kündigungsgrund, so leicht wird der BER die Pleitefirma nicht los. Zudem verfügt Imtech über das Baustellenwissen und die Dokumentation – andere Unternehmen müssten sich erst mühsam orientieren.

Noch ist nicht alles verloren, aber die Zeit rinnt dahin, mit Imtech und ohne. Ein halbes Jahr ist für den fließenden Umzug in der zweiten Jahreshälfte 2017 geplant, ausgehend von der Fertigstellung des Terminals im März 2016. Jeder Monat Verzug findet später seine Entsprechung. Der Countdown läuft: Noch 866 Tage, dann ist auch 2017 Geschichte.

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