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Politik: Neuwahlen in Israel?: Die Knesset steht vor dem Aus - Barak lässt sich vom Koalitionspartner nicht erpressen

Plötzlich mimt Ehud Barak den starken Mann, oder wie es der Analyst Chemi Shalev in der Tageszeitung "Maariv" bilderreich beschreibt: "Etwas hat die Sicherungen beim Ministerpräsidenten durchbrennen lassen. Jemand hat ihm das Blut in den Kopf getrieben.

Plötzlich mimt Ehud Barak den starken Mann, oder wie es der Analyst Chemi Shalev in der Tageszeitung "Maariv" bilderreich beschreibt: "Etwas hat die Sicherungen beim Ministerpräsidenten durchbrennen lassen. Jemand hat ihm das Blut in den Kopf getrieben. Zehn Monate hielt er die zweite Backe hin und plötzlich, ohne Vorwarnung, dreht er sich um und schlägt zurück." Die ethnisch-religiöse Shas, mit ihren siebzehn Mandaten zweitgrösster Koalitionspartner, hatte Barak gedroht, sie werde für eine Parlamentsauflösung und damit vorzeitige Neuwahlen sowohl für die Knesset als auch das Amt des Ministerpräsidenten votieren, wenn sie nicht sofort rund 50 Millionen Schekel für ihr verschuldetes Schulsystem erhalte. Barak erklärte daraufhin zur allgemeinen Verblüffung, er lasse sich nicht erpressen und stellte die Verhandlungen mit Shas ein, obwohl er in der anhaltenden Krise zwischen dieser und dem Erziehungsminister Yossi Sarid bisher stets die Shas-Forderungen unterstützt hatte.

Auf den Tag genau elf Monate nach Amtsantritt könnte deshalb am Mittwoch der Anfang vom Ende der Regierung Barak eingeläutet werden. Der rechtsnationale Abgeordnete Avigdor Lieberman - früher einmal Benjamin Netanyahus "rechte Faust" - hat einen Antrag auf Parlamentsauflösung eingereicht. Er braucht dafür die Zustimmung von 61 der 120 Abgeordneten.

Umfragen zufolge hat Lieberman Dank der Shas-Stimmen eine absolute Mehrheit zusammen, doch Barak ist davon überzeugt, dass in letzter Minute einige Koalitionsabgeordnete der Shas oder der Aliya-Einwandererpartei "kalte Füsse bekommen" und sich zumindest der Stimme enthalten werden.

Nur eine kleine Oppositionspartei kann derzeit echtes Interesse an Neuwahlen haben, alle anderen aber müssen sie in Wirklichkeit fürchten: Alle Parteien sind hochverschuldet und können sich keinen Wahlkampf leisten. Vor allem müssen sie mit Mandatsverlusten rechnen - mit Ausnahme der sozialdemokratischen Meretz und der oppositionellen Shinui, die mit ihren radikalen Kurs gegenüber ultrareligiösen Parteien hofft, der braven Zentrumspartei deren sechs Mandate wegnehmen zu können.

Barak wehrt sich einerseits gegen Neuwahlen, weil diese einem Eingeständnis seines Scheiterns gleichkämen. Andererseits deutete er erstmals an, dass er solche wegen der prekären Mehrheitsverhältnisse in Regierung und Parlament in Bezug auf die geplanten Abkommen mit den Palästinensern durchaus als Alternative zu einer Volksabstimmung vorziehen könnte. Gelingt es ihm, in diesem Sommer ein Rahmenabkommen mit den Palästinensern zu erzielen, so kann er sich beste Wiederwahlchancen ausrechnen.

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