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Flüchtlinge kommen am 13.09.2015 am Bahnhof Flughafen Schönefeld mit dem ICE aus München an.

© dpa

Newsblog Flüchtlinge: Bundesregierung führt Grenzkontrollen ein

Nach Deutschland kündigt nun auch Tschechien an, die Grenze zu Österreich kontrollieren zu wollen. Die Bundespolizei stellt sich auf einen längeren Einsatz ein. Die Entwicklungen im Newsblog

Wegen der Maßnahmen Deutschlands und Österreichs zur Kontrolle des Flüchtlingsverkehrs Richtung Westen hat Ungarns Polizei die Beamten an der Südwestgrenze am Sonntagabend in Alarmbereitschaft versetzt. Das berichtete das staatliche ungarische Fernsehen.

Alle Polizisten in sechs Verwaltungsbezirken nahe der österreichischen Grenze müssten binnen zwei Stunden auf ihren Dienststellen erscheinen, hieß es. Weitere Details wurden zunächst nicht bekannt.

Als Reaktion auf den Andrang Zehntausender Flüchtlinge hatte Deutschland am Sonntag wieder Grenzkontrollen eingeführt. Zudem unterbrach die Deutsche Bahn den aus Österreich kommenden Zugverkehr bis zu diesem Montagmorgen.

Die Bundespolizei hat sich nach eigenen Angaben darauf eingestellt, dass sie über eine längere Zeit wieder an deutschen Außengrenzen kontrollieren muss. Für die Aufgabe würden nun mehrere hundert Beamte abgestellt, sagte ein Sprecher am Sonntagabend in Potsdam.

"Wir haben uns darauf eingestellt, diese Maßnahme nach einer Phase des Aufwachsens über einen längeren Zeitraum aufrechtzuerhalten", hieß es in einer Erklärung des Bundespolizeipräsidiums weiter. Die so genannten Binnengrenzen innerhalb des Schengen-Raums werden den Angaben zufolge seit Sonntagabend 17.30 Uhr kontrolliert.

Der Schwerpunkt "wird zunächst an der deutsch-österreichischen Grenze liegen", hieß es. Ziel sei es, die "Einreise von pass- und visumspflichtigen Drittstaatsangehörigen zu begrenzen". Die Bundespolizei wies Reisende darauf hin, dass sie mit entsprechenden Kontrollen rechnen müssten und dazu verpflichtet seien, beim Grenzübertritt Reisepass oder Personalausweis mitzuführen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich am Sonntagabend mit dem französischen Präsidenten François Hollande über das weitere Vorgehen in der Flüchtlingskrise abgestimmt. Beide seien sich in der Beurteilung der gegenwärtigen Situation einig, teilte eine Regierungssprecherin in Berlin mit.

Deutschland und Frankreich seien übereingekommen, das Sondertreffen der EU-Innen- und Justizminister an diesem Montag gemeinsam vorzubereiten. Die Ressortchefs beraten an diesem Montag in Brüssel über die Verteilung von 120 000 Flüchtlingen. Das Vorhaben, dafür eine feste Quote festzulegen, ist unter den EU-Staaten umstritten.

Nach der Einstellung des Bahnverkehrs von Österreich nach Deutschland haben Hunderte Flüchtlinge am Sonntagabend in Salzburg die Züge verlassen müssen. Sie wurden zunächst in eine geräumte Tiefgarage am Hauptbahnhof gebracht. Die Bahnsteige waren fast menschenleer. Auf Anzeigetafeln war zu lesen: „Der Zugverkehr wird auf Anweisung der deutschen Behörden bis auf weiteres eingestellt. (...) Grund dafür ist die aktuelle Flüchtlingssituation in Deutschland.“

Sonder-ICE mit Flüchtlingen erreicht Berlin: Sie verlassen jubelnd den Zug. Recken den Daumen in die Luft. „Danke Deutschland“, rufen viele. Menschen mit Willkommens-Plakaten stehen am Bahnsteig des Regionalbahnhofs am Flughafen Berlin-Schönefeld und begrüßen die Flüchtlinge herzlich.

Süßigkeiten werden verschenkt, Ehrenamtliche verteilen Lunchpakete und Getränke. Rund 650 Asylsuchende sind am Sonntagabend mit einem Sonderzug aus München nach Berlin gekommen.

Sonderzug? Erstmals wurde von der Deutschen Bahn am Sonntag ein regulärer ICE für Flüchtlinge freigemacht, wie die Sprecherin der Berliner Sozialverwaltung, Regina Kneiding, berichtete.

Die Fahrgäste wurden gebeten, auf andere Verbindungen umzusteigen. „In dem ICE befanden sich ausschließlich Flüchtlinge“, sagte Kneiding. In Berlin-Schönefeld kümmern sich Helfer von Feuerwehr und Polizei um die erschöpften Migranten. Sie begleiten die Menschen zu bereitstehenden Bussen. Zunächst dürfen etwa 300 Flüchtlinge in Busse eines Privatunternehmens einsteigen, die sie nach Brandenburg in die Erstaufnahmestelle in Eisenhüttenstadt (Oder-Spree) bringen sollen.

Der Bahnverkehr von Österreich nach Deutschland ist bis Montagmorgen um 6.00 Uhr eingestellt. In der Gegenrichtung fahren jedoch weiterhin Züge, wie eine Bahnsprecherin am Sonntagabend sagte. Sie korrigierte damit vorherige Angaben, wonach der Zugverkehr in beide Richtungen unterbrochen sei. Hintergrund der Maßnahme ist der Flüchtlingsandrang nach Deutschland. Die Bundesbehörden wiesen die Deutsche Bahn deshalb an, für zwölf Stunden keine Züge mehr von Österreich nach Deutschland fahren zu lassen.

Hunderte Flüchtlinge aus Syrien, dem Irak und Afrika laufen am 04.09.2015 bei Budapest (Ungarn) über eine Autobahn in Richtung der Grenze zu Österreich.
Hunderte Flüchtlinge aus Syrien, dem Irak und Afrika laufen am 04.09.2015 bei Budapest (Ungarn) über eine Autobahn in Richtung der Grenze zu Österreich.

© dpa

Die EU-Kommission hat zunächst keine Einwände gegen die vorrübergehende Wiedereinführung von Grenzkontrollen in Deutschland. Die derzeitige Lage in Deutschland sei nach erstem Eindruck von den Regeln des Schengener Grenzkodex' gedeckt, teilte die Behörde am Sonntagabend in Brüssel mit.

Demnach können solche Kontrollen zwischen Mitgliedstaaten unter besonderen Umständen wiedereingeführt werden. Das Schengen-Abkommen regelt den freien Reiseverkehr zwischen den Mitgliedstaaten. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe Behördenchef Jean-Claude Juncker über den Schritt informiert. Die Kommission werde die Lage nun genau beobachten. Ziel sei es, „so rasch wie machbar zu dem normalen Schengen-System mit offenen Grenzen zwischen Schengen-Mitgliedstaaten zurückzukommen“, hieß es in der Erklärung.

Die Entscheidung zeige, wie wichtig es sei, dass die EU-Staaten sich auf die Kommissionsvorschläge zur Flüchtlingskrise einigten, so die Kommission. Juncker hatte unter anderem die Verteilung von 120 000 weiteren Flüchtlingen vorgeschlagen - die EU-Innenminister werden am Montag darüber beraten.

Polen hat sich unter Bedingungen bereit erklärt, mehr Flüchtlinge aufzunehmen. Wenn die EU-Außengrenzen gesichert und eine klarere Unterscheidung zwischen Asylberechtigten und Wirtschaftsflüchtlingen getroffen werde, könne Polen mehr Menschen aufnehmen, sagte Außen-Staatssekretär Rafal Trzaskowski.

Nach der vorläufigen Wiedereinführung von Grenzkontrollen in Deutschland hat auch Tschechien für die Grenze zu Österreich entsprechende Maßnahmen angekündigt. Die Sicherung der Grenze zu Österreich werde verstärkt, weitere Maßnahmen würden je nach Entwicklung der Lage ergriffen, sagte der tschechische Innenminister Milan Chovanec am Sonntag im Fernsehen. Zuvor hatte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) mitgeteilt, dass Deutschland angesichts des großen Flüchtlingsandrangs aus Österreich vorübergehend wieder Grenzkontrollen eingeführt habe.

Rund 4500 neue Flüchtlinge sind am Sonntag bis zum späten Nachmittag am Münchner Hauptbahnhof angekommen. Das teilte eine Sprecherin der Regierung von Oberbayern mit. Insgesamt etwa 5200 Flüchtlinge wurden von München aus in Unterkünfte innerhalb Bayerns sowie in andere Bundesländer gebracht. Dafür wurden fünf Sonderzüge sowie 42 Busse eingesetzt. Am Samstag hatten mehr als 12 000 Migranten die Landeshauptstadt erreicht. Baden-Württemberg nimmt an diesem Sonntag 1000 Flüchtlinge aus Bayern auf. Das teilte das Staatsministerium in Stuttgart mit. „Die Bundesländer sind in der Verantwortung, Bayern mit dieser herausfordernden Situation nicht alleine zu lassen. Für Baden-Württemberg kann ich unseren Nachbarn versichern, dass wir auch weiterhin Bayern bei der Aufnahme von Flüchtlingen unterstützen werden“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne).

Mehr als 2000 Menschen haben in Amsterdam für eine großzügigere Aufnahme von Flüchtlingen in Europa demonstriert. Auch die Niederlande müssten mehr Menschen aufnehmen, forderten die Demonstranten am Sonntag vor dem Königlichen Palast in der Hauptstadt. Gewerkschaften, Parteien und Flüchtlingsorganisationen hatten zu der Demonstration aufgerufen. Teilnehmer trugen Transparente mit Aufschriften wie „Refugees Welcome“ oder „Stoppt Deportationen“.

Die Österreichischen Bundesbahnen ÖBB haben den Zugverkehr nach Deutschland am Sonntagnachmittag gegen 17.00 Uhr eingestellt. Das sei auf Wunsch der Deutschen Bahn geschehen, sagte ÖBB-Sprecherin Sonja Horner der Deutschen Presseagentur.

Das Flüchtlingslager Röszke in Ungarn: Eine Mutter, ein Baby, Müll.
Das Flüchtlingslager Röszke in Ungarn: Eine Mutter, ein Baby, Müll.

© Laszlo Balogh/Reuters

Vor den für Dienstag erwarteten neuen Hindernissen an der ungarischen Grenze sind Tausende Flüchtlinge in der nordserbischen Stadt Kanjiza eingetroffen. Allein am Samstag hätten sich 6000 zur nahe gelegenen Grenze nach Ungarn auf den Weg gemacht, sagte Gemeindevorsteher Robert Lacko am Sonntag. Bis zum Abend rechne er mit noch einer größeren Zahl. Vom kommenden Dienstag an gilt illegaler Grenzübertritt in Ungarn als Straftat und nicht mehr wie bisher als Ordnungswidrigkeit. Illegalen Einwanderern drohen dann bis zu drei Jahre Haft. Es könne auch umfangreiche Abschiebungen zurück nach Serbien geben, hieß es in Budapest.

Medien: Regierung will vorübergehende Grenzkontrollen einführen. Die Bundesregierung will nach zunächst unbestätigten Medienberichten als Reaktion auf die Flüchtlingskrise vorübergehend wieder Grenzkontrollen einführen. Betroffen davon seien vorerst die Grenze zwischen Deutschland und Österreich, meldete die „Bild“-Zeitung am Sonntag unter Berufung auf Sicherheitskreise.
„Spiegel online“ schrieb von Kontrollen an den südlichen Grenzen Deutschlands. Laut „Passauer Neue Presse“ stoppt die Bundesregierung den Zugverkehr von und nach Österreich. Eine Bestätigung der Bundesregierung lag zunächst nicht vor. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) kündigte für 17.30 Uhr eine Erklärung an.

Nach Informationen von Spiegel Online soll die Einreise nach Deutschland nur noch mit gültigen Reisedokumenten möglich sein. Alle Bundespolizisten seien alarmiert worden, verfügbares Personal nach Bayern zu schicken, um die dortigen Grenzen zu schließen.

Die Grenze zur Bundesrepublik Deutschland bei Aachen
Die Grenze zur Bundesrepublik Deutschland bei Aachen

© dpa

Der CDU-Europaabgeordnete Elmar Brok hat sich gegen eine unbegrenzte Aufnahme von Flüchtlingen aus Syrien in Deutschland ausgesprochen. Die Entscheidung, die Grenzen für die Flüchtlinge zu öffnen, habe „nicht den Charakter einer generellen Einladung auf Jahre hinaus“, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Europaparlament dem Tagesspiegel. Entscheidend zur Bekämpfung der Fluchtursachen in Syrien sei eine gemeinsame Aktion der EU, der USA und Russlands, mit welcher der Iran, die Türkei und Saudi-Arabien gezwungen werden müssten, ihren „Stellvertreterkrieg“ in der Region zu beenden, sagte Brok.

Chaotische Zustände in Lager an ungarisch-serbischer Grenze: Ärzte im ungarischen Flüchtlingslager Röszke an der Grenze zu Serbien haben vor einer Ausbreitung von Krankheiten in dem Camp gewarnt. "Wenn es kein fließendes Wasser und keine Waschmöglichkeiten gibt und Menschen mit ansteckenden Krankheiten ankommen, dann ist das ein Problem," sagte Teresa Sancristobal, Chefin des örtlichen Teams der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen. Es kämen zwar viele Kleider- und Lebensmittelspenden an, aber es fehle an sanitären Einrichtungen und medizinischer Ausrüstung. Da es an Toiletten fehle, verrichteten die Menschen ihre Notdurft nahezu überall. "Bei dem warmen Wetter droht rasch eine Epidemie", warnte eine Helferin. Überall türmen sich Berge aus nassen Klamotten und verdorbenem Essen, berichtet Tagesspiegel-Mitarbeiterin Laura Worsch aus Röszke. Stetig kreisten Hubschrauber über dem Camp. Nachts suche die Polizei die Umgebung mit Hunden und Scheinwerfern ab. Noch immer sind mehr Privatpersonen hier vor Ort als professionelle Helfer. Studierende aus Budapest fahren für den Tag zum Camp und übersetzen oder sammeln Müll ein.

Mehr als 2300 Schleuser seit Jahresbeginn festgenommen, Plus von 40 Prozent: Seit Jahresanfang sind in Deutschland bereits mehr als 2300 Schleuser festgenommen worden. Bis zum 8. September wurden 2336 Schleuser und damit 40 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum festgenommen, wie ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte und damit einen Bericht der "Bild am Sonntag" bestätigte. Die meisten Festgenommenen kamen demnach aus Ungarn, Rumänien und Syrien.

Bis zu 8000 Flüchtlinge in Österreich am Sonntag erwartet: Österreich rechnet am Sonntag mit der Ankunft tausender Flüchtlinge. Stündlich kämen etwa 500 Menschen über die Grenze zu Ungarn, sagte ein Polizeisprecher. "Wir gehen nach den Erfahrungen der letzten zwei drei Tage davon aus, dass wir wieder zwischen 6.000 und 8.000 Menschen erwarten, vielleicht sogar mehr." Die Menschen seien wohl mit dem Zug zum Bahnhof Hegyeshalom gefahren und kämen dann zu Fuß über die Grenze. Die Zugverbindung nach Ungarn ist seit Donnerstag unterbrochen. Die Regierung in Budapest baut derzeit an der Grenze zu Serbien einen Zaun, der bis Dienstag geschlossen sein soll. Dazu war in den vergangenen Wochen ein Stacheldrahtzaun hochgezogen worden, der allerdings noch freie Passagen ließ. Ab dem 15. September sollen illegale Grenzübertritte mit Gefängnis bestraft werden, auch ein Einsatz von Soldaten an der Grenze wird dann möglich sein. Vor der angekündigten Grenzschließung ist in Ungarn am Samstag eine Rekordzahl von 4330 Flüchtlingen registriert worden.

SPD kritisiert Seehofer - "wie Donald Trump": Die SPD hat die CSU wegen der Einladung des ungarischen Regierungschefs Viktor Orban zu ihrer nächsten Klausurtagung scharf kritisiert. "Wer sich mit Orban verbrüdert, trägt nicht zu einer europäischen Lösung der Flüchtlingsfrage bei", sagte SPD-Vize Ralf Stegner der "Bild am Sonntag". CSU-Chef Horst Seehofer müsse aufpassen, "dass er nicht zu einem deutschen Donald Trump wird". Die CSU-Fraktion im bayerischen Landtag hatte den wegen seiner harten Haltung gegenüber Flüchtlingen in der Kritik stehenden Orban zu ihrer Herbstklausur in Kloster Banz am 23. September eingeladen. SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi warf Seehofer in der "Bild am Sonntag" zudem vor, er falle mit der Einladung an Orban Bundeskanzlerin Angela Merkel "ganz offensichtlich in den Rücken". Die CSU sei "im Augenblick weniger Teil der Lösung als Teil des Problems".

Deutsche Bahn räumt erstmals regulären ICE für Flüchtlinge: Angesichts des Flüchtlingsandrangs hat die Deutsche Bahn erstmals einen regulären ICE zum Weitertransport von Flüchtlingen eingesetzt. Die regulären Passagiere der Verbindung München-Berlin mussten auf andere Züge umbuchen, sagte der Präsident der Regierung von Oberbayern, Christoph Hillenbrand, am Sonntag in München vor Journalisten. Bisher hatten nur Sonderzüge Flüchtlinge transportiert.

Tillich stellt Schengen in Frage, aber schweigt zu Merkels Entscheidung: Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich stellt das Schengen-Abkommen zur freien Bewegung zwischen den Mitgliedstaaten in Frage: "Ich habe den Eindruck, dass Schengen nicht mehr funktioniert und dass das natürlich dazu führt, dass dann darüber hinaus, unregistrierte Bürger dann zu uns kommen", sagte der CDU-Politiker im Deutschlandfunk. Er vermied ein Bekenntnis zur Entscheidung von Bundeskanzlerin Angela Merkel vom vergangenen Wochenende, 20.000 Flüchtlinge einreisen zu lassen: Er würde nicht sagen, "es war ein Fehler oder es war kein Fehler", sagte Tillich.

Pakistanische Flüchtlinge zeigen ihre Erkennungsarmbänder am Handgelenk im Flüchtlingslager bei Röszke, in der Nähe der ungarisch-serbischen Grenze.
Pakistanische Flüchtlinge zeigen ihre Erkennungsarmbänder am Handgelenk im Flüchtlingslager bei Röszke, in der Nähe der ungarisch-serbischen Grenze.

© Peter Kohalmi/AFP

Pro Asyl befürchtet "riesige Internierungslager" an EU-Außengrenzen: Vor dem Sondertreffen der EU-Innenminister zur Flüchtlingskrise am Montag hat die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl davor gewarnt, "riesige Internierungslager" an den Außengrenzen der EU einzurichten. Das Konzept der EU-Kommission zu sogenannten Brennpunkt-Zentren in stark belasteten Ankunftsländern werde dazu führen, "dass Zehntausende eingesperrt werden", sagte Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt der Nachrichtenagentur AFP. Ein solches Vorgehen sei "eine grobe Verletzung der Menschenrechte" und werde nur dazu führen, dass weiter Tausende versuchen würden, über illegale Wege nach Europa zu kommen. Die EU baut derzeit Brennpunkt-Zentren in Italien und Griechenland auf. Dort sollen Flüchtlinge mit Hilfe von EU-Beamten identifiziert und registriert werden und Asylanträge stellen können. Wirtschaftsflüchtlinge sollen mit Unterstützung der EU-Grenzbehörde Frontex abgeschoben werden. Der Pro-Asyl-Geschäftsführer forderte dagegen, den Flüchtlingen die Möglichkeit zu geben, in dem Land Asylanträge zu stellen, in das sie wollten. "Wer an Europas Grenzen kommt, sollte einen Schutzantrag stellen und dann legal weiterreisen können."

Laut RKI kein erhöhtes Infektionsrisiko durch Flüchtlinge: Gesundheitsexperten des Robert Koch-Instituts (RKI) in Berlin nehmen den Flüchtlingsandrang in Deutschland relativ gelassen. „Wir sehen im Moment keine Gefahr für die Allgemeinbevölkerung“, sagte Infektionsspezialist Andreas Gilsdorf. Die harten Bedingungen einer Flucht machen die Menschen zwar anfälliger für Krankheiten, größere Ausbrüche seien aber sehr unwahrscheinlich, wie Gilsdorf erklärte. Wichtig sei allerdings ein ausreichender Impfschutz der Bevölkerung, etwa gegen Masern. Das RKI hatte für Mediziner kürzlich Hinweise zu ungewöhnlichen und teils seltenen Krankheiten veröffentlicht, die bei Flüchtlingen womöglich auftreten könnten: Gelistet sind etwa Typhus und das Lassafieber. Der Großteil dieser Erkrankungen sei aber nur bei engem Körperkontakt ansteckend, betonte Gilsdorf: „Das hängt ganz stark von den Unterkünften und gedrängten Situationen ab.“ Für Betreuer oder Helfer bestehe daher ein etwas erhöhtes Risiko. Stichproben aus den vergangenen Jahren zeigten jedoch, dass die große Mehrheit der Ausbrüche in Flüchtlingsheimen nicht auf eingeschleppte Erreger zurückgehe, so Gilsdorf. Die meisten Menschen hätten sich hierzulande angesteckt. Flüchtlinge seien deshalb eine gefährdete und nicht etwa eine gefährdende Gruppe.  

Genauere Zahlen zu Flüchtlingen in München: Mehr als 12.300 Flüchtlinge kamen nach Angaben der Bundespolizei am Samstag bis Mitternacht in der bayerischen Landeshauptstadt an. Auch seit Mitternacht reißt der Zugang an Flüchtlingen nicht ab. Bis 7 Uhr seien 750 weitere Flüchtlinge eingetroffen, sagte ein Polizeisprecher dem Evangelischen Pressedienst.

Zu Fuß zur Unterkunft: Flüchtlinge in München.
Zu Fuß zur Unterkunft: Flüchtlinge in München.

© Sven Hoppe/dpa

München kann nicht mehr jedem eine Unterkunft garantieren: Die Belastungsfähigkeit Münchens ist am Limit. Erstmals seit Beginn der großen Flüchtlingswanderung vor einer Woche konnte die bayerische Landeshauptstadt am Samstag nicht mehr garantieren, dass alle Ankommenden sicher eine Notunterkunft bekommen. Die Behörden suchen nach neuen Lösungen. Zeltstädte und die Olympiahalle sollen als Notunterkünfte bereitgestellt werden. Bis Mitternacht kamen nach Schätzungen bis zu 13.000 Menschen am Münchner Hauptbahnhof an. Manche legten sich dort mit Decken und Schlafsäcken auf den Boden. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) kritisierte erneut die mangelnde Unterstützung aus anderen Bundesländern. Außer nach Nordrhein-Westfalen seien am Samstag lediglich acht Busse mit insgesamt 400 Menschen in andere Bundesländer gestartet. „Das ist einfach lächerlich“, sagte Reiter. Er sei „bitter enttäuscht, dass es nun auf eine Situation zuläuft, in der wir sagen müssen: Wir haben für ankommende Flüchtlinge keinen Platz mehr.“ Jeder Zug, der in einer anderen Kommune ankomme, sei eine Entlastung für München. Nach Informationen von ehrenamtlichen Helfern übernachteten einige Menschen auch am Zentralen Busbahnhof. Angesichts der sich dramatisch zuspitzenden Flüchtlingslage in München kommt das bayerische Kabinett am Sonntag zu einer Sondersitzung zusammen. Es sollen weitere Sofortmaßnahmen beschlossen werden

(dpa, epd, AFP)

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