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Der Ministerpräsident von Sachsen, Stanislaw Tillich (CDU).

© dpa/Arno Burgi

Newsblog zu Clausnitz und Bautzen: Tillich: Politik und Polizei allein können Demokratie nicht verteidigen

Fremdenfeindliche Ereignisse in Sachsen lösen Empörung aus. Chef der Bundespolizei stärkt Einsatzleitung in Clausnitz. Leiter der Flüchtlingsunterkunft abgesetzt. Der Newsblog vom Montag zum Nachlesen.

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Der wütende Mob in Clausnitz und die abgebrannte Flüchtlingsunterkunft in Bautzen sorgen in Politik und Gesellschaft für Empörung. Deutschland diskutiert über die Verhältnisse in Sachsen und streitet über die Rechtmäßigkeit des Polizeieinsatzes in Clausnitz. Lesen Sie hier die wichtigsten Reaktionen und Ereignisse vom Montag in unserem Newsblog nach.

+++ Tillich sieht in Sachsens grundsätzliches Problem: Für Dienstag ist ein Statement angekündigt. Aber nun hat sich Sachsens Ministerpräsident Tillich doch schon ausführlicher zu den jüngsten Ausschreitungen gegen Flüchtlinge geäußerten. Er sieht alle Bürger in der Pflicht. Die Demokratie müsse von der gesamten Gesellschaft verteidigt werden. „Nicht allein die Polizei oder die Politik kann das bewältigen“, sagte Tillich am Montagabend in den ARD-„Tagesthemen“. Es brauche mehr Zivilcourage, um rechtsradikales Gedankengut einzudämmen.

Tillich gestand ein, dass es in Sachsen ein grundsätzliches Problem mit Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit gebe. Er betonte zugleich, sein Bundesland habe schon vor vielen Jahre eine Sonderkommission der Kriminalpolizei gegen Rechtsextremismus eingerichtet und viele Demokratieprojekte zur Stärkung der bürgerlichen Gesellschaft gestartet. „Aber wir müssen feststellen, dass alle diese Maßnahmen nicht gereicht haben. Das ist die bittere Wahrheit“, sagte Tillich außerdem dem RTL-„Nachtjournal“.

+++ Bundespolizeichef verteidigt Vorgehen in Clausnitz: Dieter Romann hat sich hinter das umstrittene Vorgehen der Einsatzleitung gestellt. „Nach den mir vorliegenden Erkenntnissen insgesamt komme ich zu dem Schluss, dass der Einsatz des Beamten und seiner Kollegen rechtmäßig und verhältnismäßig war zum Schutze der Betroffenen“, sagte der Bundespolizeichef der dpa über die Ereignisse in Clausnitz.

Der Präsident der Bundespolizei, Dieter Romann.
Der Präsident der Bundespolizei, Dieter Romann.

© Ralf Hirschberger/dpa

Er habe mit dem Beamten der Bundespolizei gesprochen, der auf einem Videoausschnitt zu sehen sei. In der dortigen besonderen Lage seien die Flüchtlinge in der Unterkunft sicherer aufgehoben gewesen als im Bus. „Auf diese Situation haben die Beamten reagiert“, sagte Romann. Am Wochenende hatten bereits Innenminister Thomas de Maizière und der zuständige Chemnitzer Polizeipräsident Reißmann die Einsatzkräfte verteidigt.

+++ Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich will am Dienstagmittag zu den jüngsten ausländerfeindlichen Ausschreitungen in seinem Bundesland Stellung nehmen. Das meldet die Deutsche Presse-Agentur. Einzelheiten wurden nicht angegeben. Der CDU-Politiker hatte die Beteiligten der Übergriffe in Clausnitz und Bautzen schon am Wochenende als "Verbrecher" bezeichnet.

+++ Was ist los in Sachsen? Lesen Sie hier die wichtigsten Fragen und Antworten zu Ursachen und Folgen der fremdenfeindlichen Übergriffe, die nicht erst seit dem Wochenende in Sachsen besonders häufig vorkommen.

+++ Rechte Tendenzen in Bautzen: Bei der Landtagswahl 2014 wählte jeder vierte Wähler NPD oder AfD. Das twitterte Kollege Matthias Meisner.

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+++ Wegen ausländerfeindlicher Hetze auf Facebook hat das Amtsgericht Bautzen einen Strafbefehl gegen den Chef einer örtlichen Sicherheitsfirma erlassen. Der Mann hatte in dem sozialen Netzwerk geschrieben, seiner Meinung nach würden noch zu wenige Asylunterkünfte brennen. Die Äußerungen hatten bundesweit für Aufsehen gesorgt und zu mehreren Strafanzeigen geführt.

Die Staatsanwaltschaft sah den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllt und beantragte eine Geldstrafe von 6000 Euro. Das Amtsgericht folgte dem Antrag. Der Firmenchef kann gegen den Strafbefehl innerhalb von zwei Wochen Einspruch erheben. Der Antrag auf Strafbefehl in Höhe von 40 Tagessätzen à 150 Euro war nach Angaben des Gerichts vom Montag noch vor dem jüngsten Anschlag auf eine geplante Flüchtlingsunterkunft in Bautzen gestellt worden.

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) fordert, dass sich in der Gesellschaft eine „neue Kultur des Widerspruchs“ bildet.
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) fordert, dass sich in der Gesellschaft eine „neue Kultur des Widerspruchs“ bildet.

© Rainer Jensen/dpa

+++ Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) sieht nach den fremdenfeindlichen Übergriffen in Sachsen die Polizei in der Pflicht. Sie habe die Aufgabe, Flüchtlinge vor radikaler Hetze und Übergriffen zu schützen, sagte Maas den Zeitungen der Essener Funke Mediengruppe für die Dienstagsausgaben. „Rechtsfreie Räume für Fremdenfeinde darf es nicht geben“, betonte er. Außerdem fordert er eine sorgfältige Aufklärung der Vorfälle durch die Polizei, was in ihrem ureigenen Interesse läge.

Zugleich rief Maas Politik und Gesellschaft auf, Fremdenfeindlichkeit offen entgegenzutreten. Maas forderte außerdem eine „neue Kultur des Widerstandes“ aus der schweigenden Mehrheit in der bürgerlichen Mitte. „Sie muss sich entschieden zu Wort melden, damit unsere gesellschaftliche Debatte nicht durch die Hetze und den Hass vergiftet wird.“ Es dürfe nicht abgewartet werden, bis es den ersten Toten gebe.

Maas erneuerte seinen Appell, sich von der rechtspopulistischen AfD und der islamfeindlichen „Pegida“-Bewegung fernzuhalten. Wer bei AfD oder 'Pegida' mitlaufe, sollte wissen, wen er da unterstütze. „Wer Flüchtlinge mit ihren Kindern an der Grenze erschießen lassen will, der hat verfassungsfeindliche Gewaltphantasien“, sagte Maas mit Blick auf eine frühere Äußerung der AfD-Vorsitzenden Frauke Petry. Mit den Werten des christlichen Abendlandes habe das nichts zu tun. „Die AfD entwickelt sich zu einer rechtsradikalen Partei“, warnte Maas.

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+++ Der Bürgermeister von Clausnitz, Michael Funke (parteilos), hat für die Feindseligkeiten gegen Flüchtlinge in seiner Gemeinde Auswärtige verantwortlich gemacht. Er habe diese Leute nicht gekannt, sagte Funke am Montag bei einem Besuch der sächsischen Integrationsministerin Petra Köpping (SPD) in Clausnitz. Funke sprach von „Krawall-Touristen“ und „Demo-Touristen“. Zugleich beteuerte er, dass er sich für die Anfeindungen schäme. Dass es durchaus nicht nur Auswärtige waren, der Mob vielmehr ein "Querschnitt durch Clausnitz" war, lesen Sie in dieser Reportage.

+++ Die Chefin der rechtspopulistischen AfD, Frauke Petry, hat den Flüchtlingen für die Eskalation der Lage bei Protesten gegen Asylbewerber im sächsischen Clausnitz eine Mitschuld gegeben, wie die Agentur Reuters berichtet. "Eine Gruppe habe gegen die Ankunft des Busses mit Migranten demonstriert und dabei 'Wir sind das Volk" skandiert', sagte Petry am Montag vor der Auslandspresse in Berlin. "Daraufhin gab es im Bus Protest. Es gab wohl auch sehr unschöne Äußerungen der ankommenden Flüchtlinge, Stinkefinger und diverse Anschuldigungen."

Zugleich distanzierte sich Petry von den Demonstranten: "Man fragt sich, was Leute dazu treibt, in dieser Weise auf die Straße zu gehen." Ihre Partei werde Berichten nachgehen, wonach ein AfD-Mitglied damit zu tun hat: "Wir sind dabei, dies zu recherchieren. Sollte dies so sein, wird es Konsequenzen geben." Diese könnte beispielsweise in einem Parteiordnungsverfahren münden. Der innenpolitische Sprecher der Grünen, Volker Beck, hatte die AfD zu einer Stellungnahme aufgefordert, welche Rolle sie bei der "Mobilisierung für die Krawalle" gespielt habe.

Die Vorsitzende der AfD, Frauke Petry (Archivbild).
Die Vorsitzende der AfD, Frauke Petry (Archivbild).

© Arno Burgi/dpa

+++ Der Leiter der Flüchtlingsunterkunft in Clausnitz wurde abgesetzt, wie auf der Internetseite des Landkreises Mittelsachsen zu lesen ist. Er gehört der AfD an. "Wir haben die Entscheidung zum Schutz seiner Person und durch die bundesweite Diskussion über ihn getroffen", erklärt Landrat Matthias Damm (CDU). Und verurteilt die Proteste vom Donnerstag: "Eine ablehnende Minderheit vermittelt ein Menschenbild, welches unserer Region überhaupt nicht entspricht."

+++ Bei der Polizeidirektion Chemnitz hat die Ermittlergruppe „Clausnitz“ am Montag ihre Arbeit aufgenommen. Elf Spezialisten der Kriminal- und Schutzpolizei sollen die Geschehnisse im Zusammenhang mit der Belegung einer Asylunterkunft am Donnerstagabend aufarbeiten, teilte die Polizeidirektion am Montag mit. Dabei sei eine enge Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft geplant.

Die Staatsanwaltschaft Görlitz will gegen Schaulustige ermitteln

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+++ Die Staatsanwaltschaft Görlitz will Ermittlungen gegen drei junge Männer im Zusammenhang mit dem Brandanschlag auf eine geplante Flüchtlingsunterkunft in Bautzen einleiten. Konkret geht es um den Vorwurf, die Feuerwehr bei den Löscharbeiten behindert zu haben, wie Staatsanwältin Irene Schott am Montag mitteilte. Im Strafgesetzbuch ist das als „Widerstand gegen Personen, die Vollstreckungsbeamten gleichstehen“ erfasst (Paragraf 114 StGB) und kann mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe oder einer Geldstrafe geahndet werden.

Die drei Männer sind im Alter von 19 und 20 Jahren. Die beiden 20-Jährigen waren von der Polizei als alkoholisiert bezeichnet und in Gewahrsam genommen worden. Die Staatsanwaltschaft will auch prüfen, ob bei den drei Tatverdächtigen eine Beteiligung an dem Brandanschlag selbst infrage kommt. Bei den Löscharbeiten hatten sich etwa 20 bis 30 Gaffer eingefunden, die laut Polizei „abfällige Bemerkungen“ machten oder „unverhohlene Freude“ über das Feuer zeigten. Verletzt wurde niemand, die Unterkunft war noch unbewohnt.

+++ Währenddessen setzt sich das Würzburger Bündnis für Zivilcourage für eine Verlegung der in Clausnitz untergebrachten Flüchtlinge nach Würzburg ein. Man habe eine Bitte an die Stadt Würzburg gerichtet, den entsprechenden Behörden eine Verlegung anzubieten, teilte das Bündnis am Montag in der bayrischen Universitätsstadt mit. Hintergrund sind Berichte einer Würzburger Gruppe, die am Sonntag spontan nach Clausnitz aufgebrochen war, um sich ein Bild von der dortigen Situation zu machen. Die Schilderungen gäben Anlass zu großer Sorge und machten ein schnelles und unbürokratisches humanitäres Handeln notwendig, hieß es. Ein längerer Verbleib der betroffenen Flüchtlinge in Clausnitz sei ihnen aus Sicht des Bündnisses unter den dortigen Umständen nicht länger zumutbar. In Würzburg seien in vielfacher Hinsicht gute Bedingungen für eine menschenwürdige Unterbringung und Betreuung der Geflüchteten gegeben.

+++ Die Regierung von Kanzlerin Angela Merkel hat die fremdenfeindlichen Proteste vor einer Flüchtlingsunterkunft im sächsischen Clausnitz als zutiefst beschämend verurteilt. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Montag in Berlin, es sei kaltherzig, ankommende Flüchtlinge, darunter viele Frauen und Kinder, grölend und pöbelnd anzufeinden.

Die Staatsanwaltschaft in Görlitz will gegen drei junge Männer ermitteln. Sie sollen die Feuerwehr bei Löscharbeiten in Bautzen behindert haben.
Die Staatsanwaltschaft in Görlitz will gegen drei junge Männer ermitteln. Sie sollen die Feuerwehr bei Löscharbeiten in Bautzen behindert haben.

© Oliver Killig/dpa

+++ Auch der CDU-Generalsekretär Peter Tauber hat die Geschehnisse als verbrecherisch verurteilt. „Wer solche Dinge wie in Clausnitz oder Bautzen macht, tritt die Werte unseres Landes mit Füßen. Das sind keine besorgten Bürger, sondern schlichtweg Verbrecher“, erklärte Tauber am Montag nach einer Telefonkonferenz des Bundesvorstands. Und weiter: „Der stolze Ruf „Wir sind das Volk“ gehört den Helden der friedlichen Revolution von 1989 - und nicht diesen menschenverachtenden Hetzern.“

+++ Die Grünen haben zu den Ereignissen im Bundestag eine Aktuelle Stunde beantragt. „Der Deutsche Bundestag muss unmissverständlich klar machen, dass wir so etwas nicht dulden können“, sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Britta Haßelmann, am Montag in Berlin. Für Vorfälle dieser Art gebe es keine Rechtfertigung. Sie seien beschämend und abstoßend. „Wer wie in Clausnitz geflüchtete Menschen bedroht, wer Brandanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte verübt oder die Feuerwehr am Löschen hindert, verstößt gegen unser aller Grundrechte“, sagte Haßelmann. Der Staat müsse sich dafür einsetzen, die Würde der Menschen zu schützen.

+++ Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), kritisierte die Landespolitik und die Polizei: „Ich würde mir sehr wünschen, dass auch aus der Politik in Sachsen deutliche Worte kommen und auch ein besseres Vorgehen der Polizei koordiniert wird“, sagte sie am Montag im Radiosender WDR 2. Die Polizei könne sich nicht immer damit herausreden, dass sie zu schlecht besetzt sei: „Dann muss man eben auch mal andere anfordern und sagen 'Wir sind selber überfordert damit'.“

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„Ziemlich entsetzt“ sei Özoguz darüber, dass der Chemnitzer Polizeipräsident Uwe Reißmann das Vorgehen der Polizei in Clausnitz verteidigt und angekündigt hatte, nach den dortigen Vorfällen Ermittlungen gegen Flüchtlinge zu prüfen. Dass der Junge „vor einem grölenden Mob auf diese Art und Weise“ aus dem Bus gezerrt werde, „geht überhaupt nicht“, sagte die Integrationsbeauftragte. Mit scharfen Worten verurteilte die SPD-Politikerin auch den Jubel von Schaulustigen über eine brennende Flüchtlingsunterkunft am Wochenende in Bautzen. „Das ist Menschenfeindlichkeit, das ist Menschenverachtung und das ist Rassismus, wenn man in Kauf nimmt, dass Flüchtlingsunterkünfte brennen, wenn man grinsend daneben steht oder sich noch darüber freut“, sagte Özoguz.

Die Gewerkschaft der Polizei wehrt sich gegen Vorwürfe

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD).
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD).

© Thilo Rückeis

+++ Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Oliver Malchow, hingegen hat das Vorgehen der Polizei bei der Ankunft eines Flüchtlingsbusses im sächsischen Clausnitz verteidigt. "Ich habe keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass die Beamten vor Ort verantwortungsvoll gehandelt haben", sagte Malchow den Dortmunder "Ruhr Nachrichten" vom Montag. Es habe die Gefahr einer Eskalation bestanden. "Es musste verhindert werden, dass die Situation außer Kontrolle gerät", sagte Malchow. "Die Kollegen haben unmittelbaren Zwang gegen die Flüchtlinge eingesetzt. Es war zu ihrer eigenen Sicherheit." Am Donnerstagabend hatte eine pöbelnde Menge einen Bus mit ankommenden Flüchtlingen in Clausnitz, einem Ortsteil der Gemeinde Rechenberg-Bienenmühle, blockiert. Die Polizei geriet wegen ihres Vorgehens in die Kritik. Ein Video zeigt, wie ein Polizist einen verängstigten jungen Flüchtling aus dem Bus zerrt.

Außerdem warnt der GdP-Vorsitzende vor pauschalen Vorwürfen gegen die Polizei vom "Elfenbeinturm" in Berlin aus.

Am vergangenen Donnerstag kam es zu wütenden Protesten gegen Flüchtlinge, die im Ort Clausnitz (Sachsen), eine Unterkunft beziehen wollten.
Am vergangenen Donnerstag kam es zu wütenden Protesten gegen Flüchtlinge, die im Ort Clausnitz (Sachsen), eine Unterkunft beziehen wollten.

© Hendrik Schmidt/dpa

+++ Bautzens Oberbürgermeister Alexander Ahrens (parteilos) kündigte nach dem Brandanschlag auf eine geplante Asylunterkunft in seiner Stadt im ARD-„Morgenmagazin“ an: „Wir lassen uns das nicht gefallen. Wir lassen uns von ein paar Hohlköpfen nicht die Stadt kaputt machen.“ In der Vergangenheit sei in Sachsen bereits einiges schief gelaufen; zu lange seien Dinge relativiert worden. Auch geistiger Brandstiftung, wie der von Sachsens AfD-Vorsitzender Frauke Petry, müsse stärker entgegengetreten werden. „Wir werden in Sachsen über eine gemeinsame Strategie in der Politik nachdenken müssen“, sagte Ahrens. Er hoffe, dass der Vorfall für die Mehrheit der Bevölkerung in seiner Stadt ein „Weckruf“ sei

+++ Einer der Organisatoren des wütenden Protestes im sächsischen Clausnitz soll der Bruder des Leiters der Flüchtlingsunterkunft sein, wie der Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) berichtet. Die Blockade des Busses am Donnerstagabend sei eine "kurzfristige Aktion" gewesen, sagte der Mann in einem Gespräch mit Reportern des MDR-Magazins „Exakt“. Er bedauere den Ablauf des Abends und die Eskalation der Situation vor Ort. Eigentlich hätten die Menschen nur zum Ausdruck bringen wollen, dass sie mit der Asylpolitik in Deutschland nicht einverstanden sind, fügte er hinzu. Ein Ausschnitt des Gesprächs wurde am Sonntagabend in der TV-Sendung „MDR aktuell“ gezeigt.

Der Leiter der Unterkunft in Clausnitz ist Mitglied der rechtspopulistischen AfD. Der Vorsitzende der sächsischen Linken-Fraktion im Landtag, Rico Gebhardt, sagte bereits am Samstag, es liege den Schluss nahe, "dass der Bus keineswegs zufällig vom Mob in Empfang genommen worden ist". Es müsse sorgfältiger geprüft werden, mit wem die Verwaltung bei der Flüchtlingsunterbringung zusammenarbeite.

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++++ Nach den fremdenfeindlichen Vorfällen in Sachsen hat Grünen-Chef Cem Özdemir der Dresdner Landesregierung eine Verharmlosung des Rechtsradikalismus vorgeworfen.

Im ARD-„Morgenmagazin“ forderte Özdemir am Montag, das Thema zur Chefsache zu machen. „In Sachsen haben Ministerpräsidenten gesagt, Sachsen hat kein rechtes Problem. Jeder weiß es. Die ganze Welt weiß es, dass es in Sachsen ein Problem gibt mit Rechtsradikalismus. Das gab es schon zu DDR-Zeiten. Das kann man nachlesen“, sagte er. „Der Fisch stinkt in Sachsen vom Kopf her.“

Cem Özdemir (Die Grünen) kritisiert die sächsische Landesregierung.
Cem Özdemir (Die Grünen) kritisiert die sächsische Landesregierung.

© imago/Sven Ellger

+++ Nach den jüngsten fremdenfeindlichen Pöbeleien in Sachsen hat der ehemalige Bundestagspräsident Wolfgang Thierse die Menschen im Osten als "empfänglicher für menschenfeindliche Botschaften" bezeichnet. "Hass und Gewalt sind im Osten stärker sichtbar und hörbar", sagte der SPD-Politiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Dies erkläre er sich mit den "radikalen Umbrüchen der vergangenen Jahre". "Wer in den vergangenen 25 Jahren so viele Veränderungen überstehen musste, ist offensichtlich weniger gefestigt in seinen demokratischen und moralischen Überzeugungen", sagte Thierse.

+++ Als "abscheulich und widerlich" verurteilte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) die Vorfälle in Clausnitz und in Bautzen via Twitter am Sonntag.

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+++ Nach den ausländerfeindlichen Protesten in Sachsen hat Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt davor gewarnt, die fremdenfeindlichen Demonstranten zu ermutigen. Wenn CSU-Chef Horst Seehofer als Vorsitzender einer Regierungspartei sage, in Deutschland herrsche Unrecht, „dann fühlt sich so ein Mob nicht mehr am Rand, sondern in der Mitte“, sagte Göring-Eckardt der „Saarbrücker Zeitung“. Die CSU dürfe nicht dem Stammtisch hinterherlaufen. Der Polizei in Sachsen warf die Grünen-Politikerin vor, sie habe kein „Fehlerbewusstsein“.

Wenn ein Polizeipräsident sage, „wir haben alles richtig gemacht, ist das eine Katastrophe“. Damit schütze er individuelles Fehlversagen bei einzelnen Polizisten. Der AfD und anderen gebe er damit das Zeichen, dass nicht der Mob, sondern die Flüchtlinge schuld an den Vorfällen seien.

(mit AFP, epd, dpa, Reuters)

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