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München stößt bald an die Grenzen der Aufnahmefähigkeit. Es gibt keine Schlafplätze mehr - Flüchtlinge müssen vielleicht in Zügen übernachten.

© dpa

Newsblog zu Flüchtlingen: München stößt an Grenzen seiner Aufnahmefähigkeit

München stößt langsam an die Grenzen der Aufnahmekapazitäten. Am Sonntag kamen mehr Flüchtlinge an als erwartet. Die Ereignisse im Newsblog.

Koalition will 3000 neue Stellen bei der Bundespolizei: Angesichts der Herausforderungen durch die hohe Zahl von Flüchtlingen wollen Union und SPD die Bundespolizei personell verstärken. Auf Vorschlag von SPD-Chef Sigmar Gabriel und Innenminister Thomas de Maizière (CDU) sollten 3000 neue Stellen geschaffen werden, hieß es am Sonntagabend am Rande des Spitzentreffens der Koalition in Berlin aus Verhandlungskreisen. Die Beratungen dauerten am späten Abend weiter an. Ziel ist ein Maßnahmenkatalog, um Asylverfahren zu beschleunigen und die Flüchtlinge angemessen versorgen und unterbringen zu können.

Flüchtlinge müssen in München vielleicht in Zügen schlafen: Die Übernachtungskapazitäten in München sind laut dem Bayerischen Rundfunk ausgeschöpft. Es wird nun geplant, die Flüchtlinge in den Zügen übernachten zu lassen. Im abgesperrten Teil des Bahnhofs haben sich demnach mittlerweile fast 1000 Menschen versammelt und warten auf ihre Abfertigung. In diesem Teil ist es so stickig, dass es eine künstliche Belüftung in Gang gesetzt wurde, um die Menschen mit genug Sauerstoff zu versorgen.

München stößt an seine Grenzen: Immer mehr Flüchtlinge kommen am Münchner Hauptbahnhof an. Am Samstag und am Sonntag bis 18.30 Uhr trafen dort zusammen rund 15.500 Schutzsuchende ein, wie die Regierung von Oberbayern am Sonntagabend mitteilte. In der Nacht werde ein weiterer Zug mit etwa 2200 Flüchtlingen erwartet, sagte Simone Hilgers, Sprecherin der Bezirksregierung. „Das hat unsere Erwartungen übertroffen“, sagte sie. „Unsere Kapazitäten schwinden. Wir kommen an unsere Grenzen, und zwar sehr deutlich.“ Zunächst war für das Wochenende von rund 14.000 in München ankommenden Menschen ausgegangen worden, die entweder in Bayern untergebracht oder in andere Bundesländer weitergeleitet werden müssen. Tatsächlich kamen am Samstag 6900 Flüchtlinge über München nach Deutschland, am Sonntag waren es bis 18.30 Uhr nochmals 8600 Menschen. Nach österreichischen Angaben kamen am Wochenende insgesamt 15 000 Flüchtlinge von Ungarn aus über die Grenze. Die meisten seien nach Deutschland weitergereist, wie ein Sprecher des österreichischen Innenministeriums am Sonntagabend auf Anfrage der Nachrichtenagentur APA mitteilte. Das Ministerium bestätigte demnach einen ORF-Bericht, wonach von den Flüchtlingen lediglich 90 einen Asylantrag in Österreich gestellt haben.

Berlin erhöht das Flüchtlingskontingent auf 600: Es kommen doch nicht nur 350 Flüchtlinge nach Berlin, sondern 600, sagte die Sprecherin der Sozialverwaltung Berlin dem Tagesspiegel.

Viktor Orban will, dass Deutschland und Österreich ihre Grenzen schließen. Alles andere würde zu nicht abreisenden Flüchtlingsströmen führen.
Viktor Orban will, dass Deutschland und Österreich ihre Grenzen schließen. Alles andere würde zu nicht abreisenden Flüchtlingsströmen führen.

© dpa

Viktor Orban will, dass Österreich und Deutschland die Grenzen schließen: Ungarn hat Österreich und Deutschland aufgerufen, die Grenzen zu schließen. Beide Länder sollten „klar sagen“, dass keine weiteren Flüchtlinge mehr aufgenommen werden, ansonsten würden weiterhin „mehrere Millionen“ Menschen nach Europa kommen, sagte Ungarns Regierungschef Viktor Orban einer Meldung der österreichischen Nachrichtenagentur APA zufolge am Sonntagabend im ORF-Fernsehen. Er kritisierte demnach, die Einreise in die EU ohne Papiere entspreche nicht den Regeln, trotzdem habe Österreich die Migranten ungehindert einreisen lassen. Ein Großteil von ihnen seien Wirtschaftsflüchtlinge. Ungarn habe ausreichend „finanzielle und polizeiliche Kraft“, für alle Schutzsuchenden Verpflegung und Unterkunft zur Verfügung zu stellen - doch würden alle nach Deutschland wollen. „Das Problem liegt nicht auf unserer Seite“, sagte Orban laut APA weiter. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihr österreichischer Kollege Werner Faymann hatten am Freitagabend in Absprache mit der ungarischen Regierung eine Ausnahmeregelung vereinbart. Demnach durften die Flüchtlinge in Ungarn ohne bürokratische Hürden und Kontrollen nach Österreich und Deutschland einreisen.

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Mehr Flüchtlinge in München als geschätzt: In München werden nach Angaben der Regierung von Oberbayern am Sonntag mehr Flüchtlinge ankommen als bislang geschätzt. Zwischen 0.00 Uhr und 18.30 Uhr seien 8600 Menschen in der Stadt angekommen, bis 22.00 Uhr würden 2200 weitere erwartet, sagte eine Sprecherin. Über das, was danach passiere, habe man bislang keine gesicherten Erkenntnisse.

Behörden in München bald an Kapazitätsgrenze: Die Münchner Polizei meldet via Twitter, dass die Behörden in der bayerischen Landeshauptstadt bald die Grenzen ihrer Kapazität erreicht haben. Man versuche aber weiter das Beste zu geben.

Marine Le Pen denkt, Deutschland wolle die Flüchtlinge nur als billige Arbeitskräfte im Land haben.
Marine Le Pen denkt, Deutschland wolle die Flüchtlinge nur als billige Arbeitskräfte im Land haben.

© dpa

Marine Le Pen sagt, Deutschland rekrutiere Flüchtlinge als Sklaven: Deutschland will mit der Öffnung seiner Grenzen für Flüchtlinge und Zuwanderer dem rechtsextremen französischen Front National (FN) zufolge "Sklaven" ins eigene Land bringen und dort die Löhne drücken. "Deutschland denkt wahrscheinlich, dass seine Bevölkerung am dahinsiechen ist, zielt wohl auf niedrigere Löhne ab und rekrutiert durch massenhafte Einwanderung weiter Sklaven", sagte Parteichefin Marine Le Pen am Sonntag bei einem Treffen mit Unterstützern in Marseille. Sie warf Deutschland zudem vor, seine Einwanderungspolitik auch der EU aufzwingen zu wollen. "Deutschland will nicht nur über unsere Wirtschaft bestimmen, es will uns auch dazu zwingen, hunderttausende Asylsuchende zu akzeptieren." Frankreich aber habe weder den Wunsch noch die Mittel, seine Türen für "das Elend dieser Welt" zu öffnen. Le Pen ist bekannt für ihre markigen Worte gegen Einwanderung. Der FN hat in Frankreich relativ viel Zuspruch.

Tschechiens Präsident spricht sich erneut gegen Flüchtlings-Quote aus: Tschechien hat seine strikte Ablehnung einer Verteilung von Flüchtlingen in der EU nach einem Quotensystem bekräftigt. Bei einem Besuch in Peking sagte Präsident Milos Zeman nach Berichten tschechischer Medien vom Sonntag, er stimme mit den Äußerungen seines europaskeptischen Amtsvorgängers Vaclav Klaus vollkommen überein. Klaus hatte die Regierung in Prag in einer Anti-Einwanderungs-Petition aufgefordert, die "Unverletzlichkeit" der tschechischen Grenzen zu garantieren und jedwede Quotenregelung zur Verteilung der Flüchtlinge innerhalb der EU abzulehnen. "Dieser Vorstoß enthält die gleichen Ideen, die ich schon lange vertrete", sagte Zeman dazu. Er teile in diesem Punkt die Ansicht seines Vorgängers. Klaus, der bis 2013 zehn Jahre lang in Tschechien amtierte, hatte die Einwanderung als "fundamentale Bedrohung für die Stabilität Europas" bezeichnet. Auch erklärte er, die "künstliche Mischung von Nationen, Kulturen und verschiedenen Religionen" berge "Risiken und Bedrohungen". Vor diesem Hintergrund dürfe die Regierung in Prag auf EU-Ebene keinesfalls "Quoten oder ähnliche Maßnahmen" zur Verteilung der Flüchtlinge akzeptieren. In der EU wird derzeit erbittert über die Verteilung der Flüchtlinge gestritten. Flüchtlinge über verpflichtende Quoten auf alle EU-Staaten zu verteilen ist bisher vor allem am Widerstand einer Reihe osteuropäischer Staaten und Großbritanniens gescheitert

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Koalition tagt zum Thema Flüchtlinge: Unter dem Druck wachsender Flüchtlingszahlen sind die Spitzen von Union und SPD am Sonntagabend im Kanzleramt zusammengekommen, um einen gemeinsamen Kurs in der Asylpolitik festzulegen. Einer der Hauptpunkte des Treffens in Berlin ist die Finanzierung der Unterbringung Hunderttausender Flüchtlinge in Deutschland. 2015 zahlt der Bund eine Milliarde Euro an Länder und Kommunen. Diese Summe dürfte deutlich aufgestockt werden. Haushälter von Union und SPD beziffern den Spielraum auf bis zu fünf Milliarden Euro, ohne den ausgeglichenen Bundeshaushalt zu gefährden. Endgültige Entscheidungen dürften aber erst am 24. September bei einem Bund-Länder-Gipfel fallen. Ferner wird voraussichtlich darüber beraten, ob das Grundgesetz geändert werden sollte, um bürokratische Hürden für eine schnelle Unterbringung und Versorgung von Asylbewerbern abzubauen.

Flüchtlinge am Wiener Westbahnhof auf dem Weg nach Deutschland. Am Sonntag gab Österreich bekannt, die Notmaßnahmen schrittweise zurückzufahren.
Flüchtlinge am Wiener Westbahnhof auf dem Weg nach Deutschland. Am Sonntag gab Österreich bekannt, die Notmaßnahmen schrittweise zurückzufahren.

© Joe Klamar/AFP

Frank-Walter Steinmeier ruft zu gemeinsamen Kraftakt auf und dazu "Menschen im Nahen Osten" nicht zu vergessen": Kurz vor einem Spitzentreffen in Berlin zur Flüchtlingspolitik hat Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) zu einem „gemeinsamen Kraftakt“ aufgerufen. Alle Ebenen, von den Kommunen über die Bundesländer bis hin zu den EU-Partnern, müssten dazu beitragen, „diese historische Herausforderung zu bewältigen“, sagte Steinmeier der „Süddeutschen Zeitung“ (Montag). Beim Koalitionstreffen am Sonntagabend im Kanzleramt sollte unter anderem geklärt werden, wie viel Geld der Bund Ländern und Kommunen für die Flüchtlingshilfe zusätzlich zur Verfügung stellen will. Steinmeier rief dazu auf, bei allen Bemühungen um die richtige Antwort auf die Krise in Deutschland und in Europa jene Menschen im Nahen Osten nicht zu vergessen, „die sich derzeit überlegen, aus den Flüchtlingslagern in der Türkei, im Libanon oder Jordanien den äußerst gefährlichen und risikoreichen Weg nach Europa einzuschlagen“. Für sie müssten in ihren derzeitigen Zufluchtsorten viel mehr Perspektiven als bisher geschaffen werden, sagte der Minister. Derzeit wächst in Berlin die Sorge, diese könnten bald den Versuch machen, den zum Teil verheerenden Verhältnissen in diesen Lagern zu entfliehen und nach Europa aufzubrechen. Nach UN-Angaben leben derzeit knapp 7,6 Millionen Syrer als Vertriebene im eigenen Land, weitere vier Millionen befinden sich in Lagern in den Nachbarländern, der allergrößte Teil in Jordanien, im Libanon und in der Türkei

Überraschender Besuch des serbischen Regierungschef Aleksandar Vucic am Montag: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat überraschend den serbischen Regierungschef Aleksandar Vucic für Montag eingeladen. Die beiden Politiker wollen in Berlin über die Flüchtlingskrise und über die weitere Annäherung Serbiens an die EU beraten, teilte die Regierung in Belgrad am Sonntag mit. Das Kanzleramt kündigte einen Bildtermin (11.30 Uhr) an. Öffentliche Statements soll es nicht geben. Vucic hatte zuvor mitgeteilt, er vertraue auf die angebliche Zusage Berlins, dass das erste Kapitel der EU-Beitrittsgespräche noch in diesem Jahr geöffnet werden kann. Die Bundesregierung hatte dafür als eine der Bedingungen die Aussöhnung Serbiens mit seiner früheren Provinz Kosovo genannt, die seit sieben Jahren ein eigener Staat ist. Zwar gab es vergangenen Monat unter EU-Vermittlung ein Abkommen über Streitfragen zwischen Serbien und dem Kosovo, doch ist seine Umsetzung noch mit vielen Fragezeichen versehen. Ein Thema dürfte bei dem Treffen auch die eventuelle Einrichtung von Aufnahmelagern für Flüchtlinge in Serbien sein. Das arme Balkanland ist eine wichtige Durchgangsstation auf der sogenannten Balkanroute von der Türkei über Griechenland, Mazedonien nach Ungarn. Möglicherweise wird diese Route in absehbarer Zeit blockiert werden, wenn Ungarn wie angekündigt seine mit einem Stacheldraht befestigte Grenze zu Serbien verstärkt mit Militär und Polizei sichert.

© Klaus Stuttmann

Busse mit 350 Flüchtlingen auf dem Weg nach Berlin: Gegen Mitternacht sollen in der Hauptstadt 350 Flüchtlinge ankommen. Am späten Nachmittag sind die Busse in Bayern gestartet. Untergebracht werden die Menschen in Berlin in der Schmidt-Knobelsdorf-Kaserne in Spandau.

Zahl der Flüchtlinge in Ungarn wieder im Steigen begriffen: In Ungarn steigt die Zahl der illegal einreisenden Flüchtlinge wieder. Am Sonntag wurden bis zum frühen Abend (17.00 Uhr) 1459 Migranten aufgegriffen, die über Serbien gekommen waren, wie die Polizei vor Journalisten erklärte. Es waren mehr als am Vortag, als nach aktualisierten Polizeiangaben 1002 Flüchtlinge ankamen - der Tiefststand seit einem Monat. Der Rückgang war nach Vermutungen der Medien auch auf das Regenwetter zurückzuführen. Seit Wochen waren 1500 bis 3000 neue Flüchtlinge pro Tag die Regel.

Ungarn stoppt Züge an serbischer Grenzen wegen zu vieler Flüchtlinge: Ungarn hat zwei Zügen aus Serbien die Einreise verweigert, weil unter den Fahrgästen zu viele Flüchtlinge waren. Das berichtete das serbische Staatsfernsehen am Sonntag unter Berufung auf die Eisenbahngesellschaft des Landes. Danach musste der reguläre Zug von Belgrad nach Wien über Budapest am Sonntag vor 02.00 Uhr seine Fahrt in der serbischen Grenzstadt Subotica beenden. Um die Mittagszeit konnte der Zug „Avala“ auf der gleichen Strecke seine Fahrt erst fortsetzen, nachdem die Waggons mit den Flüchtlingen abgekoppelt worden waren.

Österreich fährt Notmaßnahmen zurück: Österreich hat das schrittweise Ende der Notmaßnahmen zur Weiterreise von Flüchtlingen aus Ungarn nach Deutschland angekündigt. Zudem werde es auch wieder stichprobenartige Personenkontrollen an der Grenze zu Ungarn geben, erklärte Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) am Sonntag. Wann damit konkret begonnen werden soll, blieb zunächst unklar. Die Lage am Grenzübergang bei Nickelsdorf im Burgenland hatte sich am Sonntag weiter normalisiert, nachdem seit Samstagmorgen insgesamt 14.000 Flüchtlinge nach Österreich gekommen waren. Die meisten von ihnen sind inzwischen nach Deutschland weitergereist. „Wir müssen jetzt Schritt für Schritt weg von Notmaßnahmen hin zu einer rechtskonformen und menschenwürdigen Normalität“, sagte Faymann einer Pressemitteilung zufolge. Faymann und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatten in der Nacht auf Samstag beschlossen, aus Ungarn kommenden Flüchtlingen ungehindert Einreise nach Österreich und Deutschland zu erlauben. „Wir haben immer gesagt, das ist eine Notsituation, in der wir rasch und menschlich handeln müssen“, erklärte Faymann.

EU muss sich Friedensnobelpreis verdienen: "Die EU steht vor ihrer größten Herausforderung - sie muss sich in Wahrheit den Friedensnobelpreis erst verdienen", sagte der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann am Sonntag in einer Erklärung zur Flüchtlingskrise in Europa. Die Europäische Union war 2012 für ihren Einsatz für Frieden, Versöhnung, Demokratie und Menschenrechte in Europa mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden.

Flüchtlingskinder spielen mit Seifenblasen am Bahnhof Keleti in Budapest.
Flüchtlingskinder spielen mit Seifenblasen am Bahnhof Keleti in Budapest.

© David W. Cerny/REUTERS

Am ersten Septemberwochenende werden etwa 17.000 Flüchtlinge in Deutschland erwartet: In Deutschland wird für das Wochenende mit insgesamt 17.000 Flüchtlingen gerechnet, die aus Ungarn über Österreich in die Bundesrepublik kommen. Das teilte die Bundespolizei in Potsdam am Sonntag mit. Demnach kamen rund 7000 Menschen am Samstag und 6000 am Sonntag; 4000 weitere würden im Laufe des Tages noch erwartet. Die Lage entwickle sich "sehr dynamisch", sagte ein Sprecher der Bundespolizei. Die Zahlen seien aber "relativ valide". Ungarn hatte am Freitagabend entschieden, die seit Tagen am Bahnhof von Budapest festsitzenden Flüchtlinge mit Bussen an die österreichische Grenze zu bringen. Österreich und Deutschland erklärten sich daraufhin bereit, die Flüchtlinge einreisen zu lassen.

Forderungen nach Flüchtlingsgipfel werden lauter: Die Forderungen nach einem EU-Sondergipfel zur Flüchtlingskrise werden lauter. „Wir hatten unzählige Euro-Gipfel zur Bankenrettung, wir brauchen jetzt dringend einen EU-Sondergipfel zur Flüchtlingskrise, auf dem die europäische Asylpolitik neu definiert wird“, sagte die Flüchtlingsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), am Sonntag in Berlin. Auch der österreichische Außenminister Sebastian Kurz forderte einen EU-Sondergipfel. An diesem Treffen müssten Innen-, Verteidigungs-, Justiz- und Außenminister teilnehmen, sagte Kurz am Sonntag im „Interview der Woche“ des Deutschlandfunks. Niemand dürfe glauben, dass man diese Krise aussitzen könne, weil die Flüchtlingszahlen in der kalten Jahreszeit zurückgingen. Seit Jahren sei klar, dass das Dublin-Abkommen nicht funktioniere, betonte der ÖVP-Politiker weiter. Die Vereinbarung sieht vor, dass alle Asylsuchenden in dem EU-Land registriert werden müssen, das sie als erstes betreten. Es sei bekannt, so der österreichische Außenminister, dass Flüchtlinge nach Griechenland teilweise nicht zurückgeschickt werden könnten, weil es dort keine Verfahren gebe. Darüber hinaus hätten viele EU-Länder kein großes Interesse an einer europäischen Lösung. Die müsse es aber geben, forderte Kurz, denn sonst würden immer mehr Staaten - wie etwa Ungarn oder Bulgarien - versuchen, das Problem mit Einzelmaßnahmen in den Griff zu bekommen

Österreich stellt Sonderzüge ein: Angesichts des deutlichen abgenommenen Zustroms an Flüchtlingen will die österreichische Bahn ÖBB die Sonderzüge zum Transport der Migranten einstellen. Nach Angaben einer Sprecherin werden rund 3000 Migranten am Sonntag Österreich durchqueren. Daher plane man, zum normalen Zugverkehr zurückzukehren.

SPD stellt sich Kritik der CSU entgegen: Die SPD weist die Kritik der CSU an Bundeskanzlerin Angela Merkel wegen der Öffnung der Grenzen für Flüchtlinge aus Ungarn zurück. "Ich finde, in einer so dramatischen Situation, wie wir sie die letzten beiden Tage erlebt haben, war es absolut richtig, den Flüchtlingen aus Ungarn erst einmal Zuflucht zu gewähren", sagte Fraktionschef Thomas Oppermann am Sonntag in Berlin. Die europäischen Werte müssten verteidigt werden. "Dazu gehört es auch, in Ausnahmesituationen Menschen in Not auch dann Schutz zu gewähren und zu helfen, wenn die, die dafür eigentlich zuständig sind, es nicht tun." Die CSU-Spitze hatte die Öffnung der Grenze für Flüchtlinge aus Ungarn als falsch abgelehnt. Oppermann zeigte sich zuversichtlich, dass die Koalitionsspitzen sich bei ihrem Treffen am Abend in Berlin auf das weiteren Vorgehen in der Flüchtlingskrise verständigen werden. "Ich bin ganz sicher, dass wir heute Abend ein kraftvolles Bündel von Maßnahmen beschließen." Er ergänzte: "Wir wollen zeigen, dass es möglich ist, die Flüchtlinge in Deutschland aufzunehmen." Die Aufnahme der Flüchtlinge sei aber eine gesamteuropäische Aufgabe: Es müssten auch jede Staaten die in Pflicht genommen werden, die sich bislang verweigerten: "Wir brauchen eine faire Verteilung der Flüchtlinge", sagte der SPD-Politiker.

Türkei und Westbalkan sollen als sichere Herkunftsländer deklariert werden: Die EU-Kommission will am Mittwoch erstmals eine Liste mit sicheren Herkunftsländern von Flüchtlingen vorlegen. Wie die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“, der der Vorschlag der Kommission vorliegt, berichtete, stehen darauf die Staaten des westlichen Balkans wie auch die Türkei. Als weitere Maßnahme sollen Flüchtlinge nach einem festgelegten Schlüssel auf EU-Mitgliedsstaaten verteilt werden. Laut „Welt am Sonntag“ müsste Deutschland nach Vorstellungen der Kommission weitere 31.000 Flüchtlinge aufnehmen. Österreichs Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) forderte ein grundlegenden Systemswechsel in der Flüchtlingspolitik. Die Liste sicherer Herkunftsstaaten soll der Zeitung zufolge durch eine Verordnung im europäischen Recht verankert und somit für alle Mitgliedstaaten verbindlich werden. Bei Asylbewerbern aus diesen Staaten können die Verfahren dann beschleunigt werden. Deutschland führt bisher nur Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina als sichere Herkunftsländer. Ob auch Albanien, Montenegro und Kosovo so eingestuft werden, ist innenpolitisch umstritten.

Österreich rechnet auch für Sonntag mit der Durchreise von mehreren Tausend Flüchtlingen.
Österreich rechnet auch für Sonntag mit der Durchreise von mehreren Tausend Flüchtlingen.

© dpa/Boris Roessler

Ungarn eröffnet neues Flüchtlingslager an serbischer Grenze: Ungarn hat in Röszke, dem wichtigsten Grenzübergang von und nach Serbien, ein neues Flüchtlingslager zur Erstregistrierung aufgegriffener Migranten eingerichtet. Das Lager aus hundert beheizbaren Militärzelten, das am Sonntag eröffnet wurde, soll einen Containerbau in der Nähe ersetzen, in dem die Flüchtlinge bisher zum Zwecke ihrer Registrierung untergebracht waren. Der Komfort hier sei „unvergleichlich“ besser als in dem Container, schrieb das ungarische Nachrichtenportal „index.hu“. Die mit Maschen- und Nato-Draht umzäunte Fläche, groß wie ein Fußballplatz, soll bis zu tausend Menschen Platz bieten. Aus Serbien kamen am Samstag 744 Flüchtlinge nach Ungarn, darunter 169 Kinder. In den vergangenen Wochen hatte die Zahl bei 1500 bis 3000 pro Tag gelegen. Laut ungarischen Medien dürfte das Regenwetter ein Grund für diesen Rückgang gewesen sein. Am Sonntag zeichnete sich wieder ein Anstieg ab.

München rechnet mit weiteren 5000 Flüchtlingen: Die Polizei in München erwartet am Sonntag die Ankunft von weiteren 5000 Flüchtlingen, die aus Ungarn über Österreich nach Deutschland kommen. Bislang seien am Sonntag rund 3000 Menschen angereist, sagte ein Polizeisprecher am frühen Nachmittag in der bayerischen Landeshauptstadt. Dort kommen die meisten Flüchtlinge an, die tagelang in Ungarn ausgeharrt hatten und in Deutschland um Asyl bitten wollen. Die Erstaufnahmeeinrichtungen "werden langsam voll", sagte der Polizeisprecher weiter. Ungarn hatte am Freitagabend entschieden, die seit Tagen am Bahnhof von Budapest festsitzenden Flüchtlinge mit Bussen an die österreichische Grenze zu bringen. Österreich und Deutschland erklärten sich daraufhin bereit, die Flüchtlinge einreisen zu lassen. Am Samstag waren nach Angaben der Regierung von Oberbayern rund 6800 Flüchtlinge angekommen.

Seehofer will Klarheit von Merkel: Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer hat von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eine klare Position bei der Verteilung der Flüchtlinge in der EU gefordert. „Wir können nicht als Bundesrepublik auf Dauer bei 28 Mitgliedsstaaten beinahe sämtliche Flüchtlinge aufnehmen“, sagte der bayerische Ministerpräsident bei einer Feierstunde zum 100. Geburtstag seines Amtsvorgängers Franz Josef Strauß im oberbayerischen Rott am Inn. „Das hält auf Dauer keine Gesellschaft aus.“

Seehofer kündigte intensive Gespräche mit Merkel beim Koalitionsgipfel am Abend in Berlin an. Konkret forderte der CSU-Vorsitzende deutlich schnellere Asylverfahren für Menschen ohne Bleibeperspektive. Er denke dabei an nur wenige Tage oder Wochen. Seehofer kritisierte, dass bis zum Jahresende voraussichtlich 350.000 unerledigte Asylverfahren in Deutschland aufliefen.

Von der Leyen nimmt Merkel in Schutz: Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat Bundeskanzlerin Merkel gegen Kritik aus der CSU in Schutz genommen. "Die Bundeskanzlerin agiert besonnen und tut das Notwendige, um zu verhindern, dass sich an unseren Grenzen humanitäre Dramen entwickeln", sagte die stellvertretende CDU-Vorsitzende der "Bild"-Zeitung. "Angesichts der akuten Notlage müssen wir alle flexibel handeln und kurzfristig auch Ausnahmen zulassen." Die CSU-Spitze hatte die Öffnung der Grenze für Flüchtlinge aus Ungarn als falsch abgelehnt.

Österreich erwartet Durchreise weiterer 10.000 Flüchtlinge: Die österreichischen Behörden rechnen für Sonntag mit der Durchreise von insgesamt bis zu 10.000 Flüchtlingen nach Deutschland. Das teilten Einsatzleiter nach einer Koordinierungssitzung in Salzburg mit, berichtete die österreichische Nachrichtenagentur APA.

Für Sonntag ist laut ÖBB die Weiterreise von Flüchtlingen in insgesamt 40 Zügen - darunter einige Sonderzüge - nach Deutschland sowie in rund 20 Bussen bis zum Bahnhof im grenznahen Salzburg vorgesehen. Wie viele Flüchtlinge aus Ungarn seit der Grenzöffnung in der Nacht zum Samstag bislang insgesamt in der Bundesrepublik angekommen sind, war jedoch noch unklar.

Wulff will mehr Verantwortung von Muslimen: Alt-Bundespräsident Christian Wulff hat die muslimischen Verbände in Deutschland aufgerufen, mehr Verantwortung bei der Integration von Flüchtlingen muslimischen Glaubens zu übernehmen. Es genüge nicht, die Flüchtlinge „in ihre Moscheen einzuladen“, sagte Wulff dem „Tagesspiegel“ (Montagsausgabe). Die Muslime in Deutschland „müssen auch aktiv an der Integration der Menschen mitarbeiten und ihnen die Werte unseres Landes vermitteln“.

Der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff mahnt eine Wertedebatte in Deutschland an.
Der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff mahnt eine Wertedebatte in Deutschland an.

© dpa

Zugleich mahnte das frühere Staatsoberhaupt eine Wertedebatte in Deutschland an. „Nur ein Land, das sich seiner Werte selbstbewusst vergewissert“, sagte Wulff, „ist stark genug, sie auch in Zeiten großen Zustroms Fremder zu bewahren“. Deutschland dürfe sich durch den Zuzug der Flüchtlinge „im Kern nicht verändern“.

Papst Franziskus ruft zu Solidarität mit Flüchtlingen auf: Jede Pfarrei, jede Gemeinde und jedes Kloster in Europa solle eine Migrantenfamilie aufnehmen, sagte das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche beim Angelus-Gebet unter dem Applaus Tausender Gläubiger auf dem Petersplatz. Die zwei Pfarreien des Vatikans würden in Kürze zwei Familien aufnehmen, sagte der Papst weiter.

13.000 Flüchtlinge per Bahn Richtung Deutschland: Die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) haben seit Samstag bereits mehr als 13.000 aus Ungarn gekommene Flüchtlinge Richtung Deutschland befördert. Am Samstag seien es insgesamt 11.000 Menschen gewesen, während bis Sonntagvormittag bereits weitere 2200 Migranten in Zügen nach Deutschland unterwegs gewesen seien, sagte eine ÖBB-Sprecherin in Wien.

Für Sonntag sei die Weiterreise von Flüchtlingen in insgesamt 40 Zügen - darunter einige Sonderzüge - nach Deutschland vorgesehen. Dazu gehörten auch Sonderzüge, die Flüchtlinge Nickelsdorf an der österreichisch-ungarischen Grenze zunächst nach Wien-Westbahnhof bringen, von wo sie meist in regulären Zügen weiterreisen. Außerdem setzen die ÖBB rund 20 Busse ein, um Migranten von Nickelsdorf zum Bahnhof Salzburg zu bringen.

In der Nacht zu Sonntag sind weitere Flüchtlinge in Deutschland angekommen.
In der Nacht zu Sonntag sind weitere Flüchtlinge in Deutschland angekommen.

© dpa/Daniel Reinhardt

Österreich will EU-Krisengipfel: Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann hat angesichts der Flüchtlingskrise einen EU-Krisengipfel gefordert und die von seinem Land bewilligte Nothilfe als "vorübergehende" Maßnahme bezeichnet. Mit Blick auf die Aufnahme tausender, von der ungarischen Grenze kommender Flüchtlinge und die Organisation des Weitertransports nach Deutschland durch die österreichischen Behörden sagte Faymann am Sonntag, eine derartige Handlung sei "keine Lösung". Die von Österreich entgegengebrachte Unterstützung sei eine "einmalige Aktion" gewesen, Österreich habe damit gezeigt, guten Willens zu sein, zitierte die österreichische Nachrichtenagentur APA den Kanzler.

Faymann rief zu einem EU-Gipfel unmittelbar nach einem Treffen der Innenminister am 14. September auf. Eine gemeinsame europäische Lösung sei unverzichtbar, sagte Faymann laut APA. Österreich zählt zu den EU-Ländern, die eine Verteilung der Flüchtlinge auf die einzelnen EU-Staaten entsprechend eines Quotensystems befürworten. Wien will zudem erreichen, dass die EU-Mitglieder gemeinsame Asylregeln aufstellen.

Rechtsextreme demonstrieren in Dortmund: Anlässlich der bevorstehenden Ankunft von Flüchtlingen sind Rechtsextremisten in Dortmund demonstrativ nahe dem Hauptbahnhof aufmarschiert. Dabei kam es in der Nacht zu Sonntag laut Polizei zu Auseinandersetzungen zwischen etwa 20 Rechten und 30 linken Gegnern. Flaschen und Böller flogen auch gegen Polizisten. Drei Beamte, ein Versammlungsteilnehmer sowie eine unbeteiligte Person wurden verletzt. Vier Personen kamen in Gewahrsam.

Nach einem Demonstrationsaufruf der Partei „Die Rechte“ waren etwa 30 Rechtsextremisten angereist, wie die Polizei mitteilte. Die Versammlung sei aber nur in der Nähe des Bahnhofs zugelassen worden, nicht in Sicht- und Rufweite ankommender Flüchtlinge. Bereits vor Beginn der etwa einstündigen Versammlung gab es Auseinandersetzungen.

In Dortmund werden Flüchtlinge erwartet, die aus Ungarn per Zug nach München gereist waren.
In Dortmund werden Flüchtlinge erwartet, die aus Ungarn per Zug nach München gereist waren.

© dpa/Maja Hitij

Diese flammten danach erneut auf, als mehrere Hundert zum Teil gewaltbereite Linksextremisten den Abzug der Rechtsextremisten durch eine Blockade der Bahnhofshalle und eines Zugangs zum Bahnhof behinderten. Von einer Treppe aus wurden laut Polizei Beamte mit Gegenständen angegriffen. Die Polizei rechtfertigte ihre Taktik, die Rechtsextremisten durch den Bahnhof zur S-Bahn zu geleiten, damit dass zu der späten Uhrzeit keine alternativen Verkehrsmittel mehr gefahren seien.

Linke geben USA Hauptschuld an Flüchtlingskrise: Die stellvertretenden Linksfraktionschefs Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch geben den USA einen großen Teil der Schuld für die Flüchtlingskrise. „Westliche Staaten unter der Führung der USA haben ganze Regionen destabilisiert, indem sie unter anderem Terrororganisationen möglich gemacht und instrumentalisiert haben“, heißt es in einem Positionspapier der beiden designierten Vorsitzenden der Linken im Bundestag, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. „Mörderbanden, wie z.B. der Islamische Staat (IS), wurden indirekt unterstützt und auch von mit Deutschland verbündeten Ländern ungehindert mit Geld und Waffen beliefert. Millionen Menschen wurden so brutalen Kriegen und Bürgerkriegen ausgesetzt.“

Wagenknecht forderte die Bundesregierung auf, die US-Regierung für die Aufnahme von Flüchtlingen zur Kasse zu bitten. „Wenn die Bundesregierung ein Mindestmaß an Courage hätte, würde sie von den USA, als Hauptverursacher der Flüchtlingstragödie, wenigstens eine Beteiligung an den Kosten verlangen“, erklärte sie. „Außerdem muss als Konsequenz endlich Schluss sein mit deutschen Rüstungsexporten und Kriegsabenteuern der Bundeswehr.“

In dem Positionspapier fordern Bartsch und Wagenknecht zur Bekämpfung der Fluchtursachen auch die Aufstockung des deutschen Beitrags für das Welternährungsprogramm und die Erhöhung der Entwicklungshilfe auf 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Das Papier soll an diesem Montag der Fraktion vorgelegt werden.

Ohne Reiche kein Sozialstaat: Unser Kolumnist Harald Martenstein wundert sich darüber, dass manche Unterstützer der Flüchtlinge gleichzeitig den Kapitalismus kritisieren. "Es ist seltsam. Tausende riskieren ihre Haut und lassen alles zurück, nur um in einem System leben zu dürfen, das hier viele für durch und durch unmenschlich halten. In Deutschland kapieren viele nicht, wie viel Glück sie haben", schreibt er.

Grüne zweifeln an ausgeglichenem Haushalt: Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt bezweifelt, dass die Flüchtlingskrise ohne neue Steuern und ohne höhere Schulden zu bewältigen sein wird. „Im Moment haben wir Steuermehreinnahmen. Dass wir die Belastung nächstes Jahr noch schultern können, bezweifle ich“, sagte Göring-Eckardt den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts muss sich der nationalen Aufgabe unterordnen, die Flüchtlingskrise zu bewältigen.“ Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte gesagt, Deutschland könne auch auch ohne Steuererhöhungen die Kosten für die Aufnahme von Flüchtlingen tragen.

Mit Blick auf den schwarz-roten Koalitionsausschuss am Sonntagabend sagte die Grünen-Fraktionschefin, die Kommunen bräuchten mehr Geld für die Erstaufnahme der Flüchtlinge, am besten direkt vom Bund. Die Grünen seien bereit, über die dafür nötige Aufhebung des Kooperationsverbots im Grundgesetz zu reden.

Die Bürger rief Göring-Eckardt auf, Flüchtlinge bei sich aufzunehmen. „Wenn Menschen, die aus Syrien kommen, in Privathäusern aufgenommen werden, ist das Gold wert für die Integration“, sagte sie. Sie wies auf Wohngemeinschaften mit unvermieteten Zimmern, Ferienwohnungen und leer stehende Einliegerwohnungen hin.

Streit in der Union: Die Entscheidung von Bundeskanzlerin Merkel für eine Aufnahme der in Ungarn festsitzenden Flüchtlinge stößt auf scharfe Kritik der Schwesterpartei CSU. Das Parteipräsidium habe die vom Bund erteilte Einreiseerlaubnis in einer eigens einberufenen Telefonkonferenz einmütig als „falsche Entscheidung“ gerügt, sagte Generalsekretär Andreas Scheuer. Mehrere Präsidiumsmitglieder hätten vor einer „zusätzlichen Sogwirkung“ gewarnt. Die CSU wolle dies in der Sitzung des Koalitionsausschusses am Sonntagabend in Berlin deutlich thematisieren. Die „Bild am Sonntag“ hatte als erstes über die Präsidiumsschelte berichtet.

Der massenhafte Zustrom von Flüchtlingen nach Deutschland müsse begrenzt werden, sagte Scheuer. „So kann es nicht weitergehen.“ Jeder Flüchtling, der sich nach Europa aufmache, denke an Deutschland. „Aber das kann Deutschland alleine nicht leisten.“

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte beim Besuch einer Polizeidienststelle in Passau, die Entscheidung sei mit den Ländern nicht abgesprochen gewesen. Sie sei ein „völlig falsches Signal innerhalb Europas“, das korrigiert werden müsse.

Dagegen lobte SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi die Bundeskanzlerin ausdrücklich: „Die Entscheidung der Bundesregierung in dieser humanitären Ausnahmesituation war die einzig richtige“, sagte sie der „Bild am Sonntag“. „Wir mussten ein starkes Signal der Menschlichkeit setzen - um zu zeigen, dass Europas Werte auch in schwierigen Zeiten gelten.“

Beim Treffen der Koalitionsspitzen am Abend soll im Kanzleramt unter anderem geklärt werden, wie viel Geld der Bund den Ländern und Kommunen für die Flüchtlingshilfe zusätzlich zur Verfügung stellen will.

Versuchter Brandanschlag auf Flüchtlingsheim in Dortmund: Die Staatsanwaltschaft Dortmund ermittelt gegen unbekannte Täter wegen versuchter Brandstiftung auf eine geplante Flüchtlingsunterkunft im Stadtteil Kemminghausen. Am frühen Sonntagmorgen war an dem noch unbewohnten Gebäude einer ehemaligen Förderschule zunächst Rauchentwicklung entdeckt worden, wie Polizei und Staatsanwaltschaft mitteilten. Ein Zeuge hatte zuvor Scheibenklirren gehört. Es blieb beim Rauch, ein Feuer brach nicht aus in dem Gebäude.

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Notfallplan der Europäischen Union: Die EU-Kommission will Ungarn einem Medienbericht zufolge um 54.000 schutzbedürftige Flüchtlinge entlasten und diese nach einem festen Schlüssel auf die Mitgliedstaaten verteilen. Weitere 50.400 Flüchtlinge sollen aus Griechenland umgesiedelt werden, aus Italien 15.600, wie die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" unter Berufung auf einen entsprechenden Notfallplan berichtete. Die Kommission will den Plan zur Umverteilung der 120.000 Flüchtlinge demnach am kommenden Mittwoch formell beschließen.

Der Notfallplan betrifft dem Bericht zufolge Flüchtlinge aus Syrien, Eritrea und Afghanistan. Sie haben eine besonders hohe Aussicht auf Asyl, mindestens 75 Prozent der Anträge werden den Angaben zufolge genehmigt. Der Plan gilt demnach für einen Zeitraum von zwei Jahren. Die Kommission zahle jedem Aufnahmeland 6000 Euro pro Flüchtling.

Ramelow empfängt Flüchtlinge in Saalfeld: Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hat sich nach der Ankunft hunderter Flüchtlinge in Saalfeld für die Hilfsbereitschaft der Thüringer bedankt. Hunderte Menschen hätten den ganzen Tag Brötchen geschmiert und Pakete gepackt, sagte Ramelow am Samstagabend den ARD-"Tagesthemen". Das sei ein "schöner Tag für Thüringen und ein schöner Tag auch für die Flüchtlinge, die diese harte Flucht hinter sich gebracht haben".

Die Flüchtlingskrise sei zwar eine Herausforderung, die Deutschland aber meistern könne, sagte Ramelow: "Wir müssen das schaffen, wir werden das schaffen, und die Thüringerinnen und Thüringer beweisen: Wir wollen es auch schaffen." Auf die Frage, ob Thüringen die Aufnahme der Flüchtlinge auch finanziell stemmen könne, sagte der Ministerpräsident: "Wer Milliarden und Abermilliarden zur Rettung von Banken ausgibt, der muss auch in der Lage sein, für humanitäre Hilfe und für Mitmenschlichkeit genauso viel Geld aufzuwenden."

Ramelow hatte die aus Ungarn kommenden Flüchtlinge, die mit einem Sonderzug in Saalfeld angekommen waren, zuvor persönlich am Bahnhof begrüßt. Nach Angaben der Staatskanzlei sollen rund ein Viertel der Flüchtlinge aus dem Zug in Thüringen bleiben. Sie werden zunächst in einer Notunterkunft in Hermsdorf untergebracht.

Mehr Flüchtlinge angekommen: In der Nacht auf Sonntag sind weitere Züge mit Flüchtlingen aus Ungarn in Deutschland angekommen. Im Münchner Hauptbahnhof fuhren zwischen 1.30 und 2.00 Uhr binnen weniger Minuten gleich drei Züge ein - laut Bundespolizei mit insgesamt rund 2000 Menschen. Der Großteil davon blieb aber nicht in München, sondern musste umsteigen: Ein Sonderzug mit bis zu 1000 Flüchtlingen sollte noch in der Nacht nach Dortmund weiterfahren, ein anderer mit bis zu 700 Menschen nach Braunschweig. (mit AFP, dpa, Reuters)

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