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Politik: „Nicht gut oder böse“

CSU sorgt sich um zunehmende Polarisierung der Union beim Thema Stammzellforschung

Berlin - Im Streit um die Stammzellforschung hat CSU-Generalsekretärin Christine Haderthauer vor einem „Gut-Böse- Schema“ gewarnt. Beide Positionen ließen sich ethisch und auch christlich begründen, sagte sie dem Tagesspiegel und forderte: „Wir müssen die Interessen von Wissenschaft und Forschung mit christlichen Grundwerten in Einklang bringen.“

Genau das ist für viele das Problem. Seit dem CDU-Parteitag in Hannover, bei dem sich eine knappe Mehrheit einem klaren „Nein“ gegen die Verschiebung des bisherigen Stichtags zum Import embryonaler Stammzellen verweigerte, stehen sie sich in der Union nämlich wieder in alter Unversöhnlichkeit gegenüber: auf der einen Seite die Befürworter von mehr Forschungsfreiheit und einer „Ethik des Heilens“, auf der anderen die Lebensschützer und Anwälte des werdenden Lebens. Und hat sich die Parteiführung noch über das knappe Delegiertenvotum im Sinne von Forschungsministerin Annette Schavan gefreut, wird sie nun zunehmend nervös – woran natürlich die überaus heftige Kritik der katholischen Kirche ihren Anteil hat.

So versuchen sich die Unionsoberen im Aussöhnen. Während sich Fraktionsgeschäftsführer Norbert Röttgen lange geweigert hat, überhaupt einen Riss zu erkennen, müht sich Haderthauer nun, ihn zu kitten. Die Entscheidung über die Stichtagsregelung sei natürlich eine Gewissensfrage, betont sie. Und versichert, dass es diesbezüglich keinen Fraktionszwang geben werde. Sie wünsche sich eine „differenzierte Argumentation, die auch der anderen Seite die ethischen und moralischen Maßstäbe nicht abspricht“ – was man auch als vorsichtige Kritik an den Bischöfen verstehen kann. Bei den Unterlegenen freilich wächst die Neigung zur Extremposition. So drohen die Lebensschützer nun damit, wieder zur Regelung vor dem Kompromiss des Jahres 2002 zurückzuwollen. Was heißen würde: Es gäbe gar keinen Stichtag mehr, jede Forschung mit embryonalen Stammzellen in Deutschland wäre verboten.

Die forschungspolitische Sprecherin der Grünen, Priska Hinz, warnt schon aus strategischen Gründen vor einer solchen Retourkutsche. Mit der letztlich aussichtslose Forderung gefährde man auch die Mehrheit für den Gruppenantrag gegen eine Stichtagsverschiebung, sagt sie. Der Antrag ging inzwischen den Abgeordneten aller Fraktionen zu, zwei weitere – für Verschiebung und für völlige Aufhebung des bisherigen Stichtags zum Import embryonaler Stammzellen – kursieren bereits. Der Bundestag will sich bis Ostern 2008 damit befassen. Nach dem geltenden Stammzellgesetz dürfen Forscher in Deutschland nur embryonale Stammzellen verwenden, die vor dem 1. Januar 2002 im Ausland gewonnen wurden.

Zu den Erstunterzeichnern des Gruppenantrags zum Erhalt des Status quo gehören mit Julia Klöckner, Daniela Raab und Ex-Ernährungsminister Jochen Borchert bereits drei Unionspolitiker. Von den Grünen haben Priska Hinz und Fraktionschef Fritz Kuhn unterschrieben, allerdings steht fast die komplette Fraktion dahinter. Die SPD ist mit Ex-Justizministerin Herta Däubler-Gmelin und Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse vertreten. Und mit Hans-Michael Goldmann findet sich sogar ein FDP-Mann unter den Liberalisierungsgegnern.

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