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Politik: Nicht immer nehmen sich die Ärzte Zeit

Von Klaus Bachmann, Den Haag Im November 2000 hat die Zweite Kammer des niederländischen Parlaments eine Gesetzesnovelle zur Sterbehilfe angenommen, die zum ersten Mal Ärzte vor Bestrafung schützt, die Patienten mit unheilbaren oder unerträglichen Leiden das Leben verkürzen. Bis zum Inkrafttreten des Gesetzes wurde diese Praxis geduldet, war aber gesetzlich nicht geregelt, weshalb viele Ärzte nach einer Tötung auf Wunsch in die Sterbeurkunden natürliche Todesursachen eintrugen.

Von Klaus Bachmann, Den Haag

Im November 2000 hat die Zweite Kammer des niederländischen Parlaments eine Gesetzesnovelle zur Sterbehilfe angenommen, die zum ersten Mal Ärzte vor Bestrafung schützt, die Patienten mit unheilbaren oder unerträglichen Leiden das Leben verkürzen. Bis zum Inkrafttreten des Gesetzes wurde diese Praxis geduldet, war aber gesetzlich nicht geregelt, weshalb viele Ärzte nach einer Tötung auf Wunsch in die Sterbeurkunden natürliche Todesursachen eintrugen. Nach der damaligen niederländischen Rechtssprechung konnten sie sich zwar auf eine Notfallsituation berufen, doch wollten die meisten ein Ermittlungsverfahren vermeiden. Aufgrund des neuen Gesetzes müssen sich Ärzte, die Sterbehilfe und Beihilfe zur Selbsttötung leisten wollen, an genau vorgeschriebene Formalitäten halten. Der Kranke muss eine entsprechende Willenserklärung abgeben, die der behandelnde Arzt mit einem unabhängigen Kollegen besprechen muss. Der gesamte Verlauf des Prozesses wird von einer Kommission aus Juristen und Medizinern überwacht, denen jeder Sterbehilfeprozess gemeldet werden muss.

Gegen die Verabschiedung der Sterbehilfe-Novelle haben im Parlament nur die oppositionellen Christdemokraten und die Abgeordneten der kleinen konfessionellen Gruppierungen gestimmt, die Missbräuche des neuen Gesetzes befürchteten. Anlass zur Kritik gab bisher vor allem die unscharfe Formulierung von „unerträglichem Leiden". Kurz vor Verabschiedung der Novelle hatte ein Gericht den Arzt eines 86jährigen Ex-Politikers freigesprochen, der diesen auf eigenen Wunsch wegen dessen langanhaltender Depressionen vergiftet hatte.

Auch die Ausführung des Gesetzes, das am 1. April dieses Jahres in Kraft getreten ist, wird inzwischen kritisiert. Besonders in den Krankenhäusern hätten die beratenden Ärzte, ohne deren Zustimmung der behandelnde Arzt keine Sterbehilfe leisten darf, oft nicht die Zeit und Erfahrung, sich umfassend über jeden Fall zu informieren, schrieb kürzlich das NRC Handelsblad. Die meisten Fälle von Sterbehilfe werden in den Niederlanden von den Hausärzten durchgeführt. Im Jahr 2000 (also noch nach dem alten Recht) wurden 2100 Fälle von Sterbehilfe registriert, davon nur 278 in Krankenhäusern. Ausländer können das niederländische Sterbehilfegesetz nur in Anspruch nehmen, wenn sie in den Niederlanden bei einem Hausarzt registriert sind.

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