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Politik: Nicht kleckern, klotzen!

Der Aufbau in Afghanistan kommt nicht rasch genug voran – auch Deutschland soll sich mehr engagieren

Berlin - Während die Sitzung des Gemeinsamen Koordinierungs- und Überwachungsausschusses zu Afghanistan am Mittwoch in Berlin mit der Erklärung des guten Willens, sich weiter am Hindukusch zu engagieren, zu Ende gegangen ist, hält Winfried Nachtwei (Grüne) ein „Kernproblem“ für nicht überwunden: Die politische Führungsebene, sagt er, „bewegt sich nach wie vor zu sehr auf der Ebene der Phrasen“. Vor allem was die Polizeiausbildung unter deutscher Führung anbelangt, müsse man „vom Kleckern zum Klotzen“ kommen; die derzeitigen Anstrengungen mit etwa 40 Ausbildern und einer Finanzierung von rund zwölf Millionen Euro hält er für viel zu wenig.

Der afghanische Außenminister Rangin Dadfar Spanta forderte ebenfalls, die Polizeiausbildung an den Bedarf anzupassen. Neben dem deutschen Konzept der Langzeitausbildung müsste es eine Kurzzeitausbildung geben, damit mehr Polizisten schneller in den Süden entsandt werden und die Regierung dort mehr Präsenz zeigen könne. In manchen Distrikten mit 60 000 Menschen gäbe es nur 40 Polizisten, die sich nicht gegen einen Angriff mehrerer hundert gut bewaffneter Taliban verteidigen könnten.

Spanta warnte davor, die Schwierigkeiten im Süden auf das Vorgehen der USA zu schieben. „Die Deutschen hätten dieselben Probleme bekommen, schließlich sind auch die Niederländer, die ein ähnliches Konzept wie die Deutschen vertreten, in Schwierigkeiten geraten. Die Taliban hätten ihre Angriffe im Sommer besonders auf die europäischen Kontingente der Briten und Niederländer konzentriert, weil sie glaubten, die Europäer seien „Softies“. Die internationale Gemeinschaft dürfe also nicht den Eindruck erwecken, man lasse die afghanische Regierung im Stich. Auch der Justizsektor muss weiter reformiert werden, die bisher geleistete Arbeit unter Roms Führung gilt zudem als nicht ausreichend. Hier sei „effiziente Koordination“ dringend nötig, so die Afghanistanexpertin der Stiftung Wissenschaft und Politik, Citha Maass, sonst seien alle Anstrengungen „verlorene Liebesmühe“. Afghanen selbst, die nicht genannt werden wollen, wünschen sich von der internationalen Gemeinschaft aber auch, ihre „Kontrollfunktion“ gegenüber der Regierung von Präsident Karsai besser auszuüben. So sei zum Beispiel die Familie des hochrangigen Beamten im Innenministerium, der für die Drogenbekämpfung zuständig ist, in Kundus tief in den Opiumhandel verstrickt.

R. Ciesinger, C. Wergin

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