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Politik: Nicht mehr nach Jerusalem (Kommentar)

Für Leo ist die Sache dumm gelaufen. Sohn des britischen Regierungschefs, sofort nach der Geburt in den Wahlkampf verwickelt, Objekt einer ständig unter dem Massenansturm zusammenbrechenden Website - da half es nichts, den ersten Fototermin zu verpennen.

Für Leo ist die Sache dumm gelaufen. Sohn des britischen Regierungschefs, sofort nach der Geburt in den Wahlkampf verwickelt, Objekt einer ständig unter dem Massenansturm zusammenbrechenden Website - da half es nichts, den ersten Fototermin zu verpennen. Der Junge ist wirklich nicht zu beneiden, auch wenn es immerhin der Premierminister persönlich ist, der ihm nachts die Öko-Windeln wechselt. Verständlich, dass Tony Blairs Kabinett nach Möglichkeiten sucht, den Kindern das Leben so nett wie möglich zu machen: Bildungsministerin Hodge hat den Kindergärten und Grundschulen jetzt empfohlen, nicht mehr "Reise nach Jerusalem" zu spielen, das beliebte Spiel, bei dem immer ein Stuhl weniger da ist als Mitspieler. Nicht wegen irgendwelcher politischer Nebenwirkungen, sondern weil es zu brutal sei und den Kindern die Erfahrung vermittle, dass der Stärkere Recht bekomme. Das ließe sich ausbauen: Bei "Mensch ärgere dich nicht" wird nicht geschlagen, sondern gestreichelt, wenn beim Schach der König fällig ist, darf er mit der gegnerischen Dame ganz doll kuscheln, Fußballmeister wird der Tabellenletzte, damit der Schwächere endlich einmal siegreich bleibt. Und der Kandidat mit den wenigsten Stimmen wird Premierminister. Dann hat auch Leo Blair was von der neuen Pädagogik.

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