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Politik: Nichts als die Wahrheit

In einem Brief an alle Bürger wirbt die Regierung für ihr Zuwanderungsgesetz. Karlsruhe erlaubt so etwas nur ausnahmsweise

Von Robert von Rimscha

Als Beigabe zur Zeitung hatten es viele Bürger am Dienstag im Briefkasten: Das Info-Blatt der Bundesregierung mit der Botschaft: „Deutschland braucht das neue Zuwanderungsgesetz.“ Viel „deutsch“, viel „gut“ – so bewertet die Regierung sich selbst. Braucht Rot-Grün auch diese Werbung? Jetzt, kurz vor der Wahl? Regierungssprecherin Charima Reinhardt versicherte jedenfalls am Mittwoch, Rot-Grün sei nur seiner „Verpflichtung“ nachgekommen, die „Inhalte zentraler Gesetzgebung“ der Öffentlichkeit vorzustellen. Sie räumte freilich ein, dass sich „immer“ die Frage stelle, „wo man da die Grenze zieht“, wenn es um Werbung – oder eben Information – geht.

Nach langen juristischen Auseinandersetzungen um die Bundestagswahl 1976 hatte das Bundesverfassungsgericht ein paar Regeln aufgestellt. Sechs Monate vor der Wahl ist jede direkte Werbung der Regierung verboten. Auch Leistungsbilanzen, die zwangsläufig tendenziös ausfallen, wenn sie von der Regierung stammen, sind untersagt. Und selbst für Sachinformation gibt es Grenzen. „Gehäuft“ darf sie nicht präsentiert werden, und stets nur dann, wenn ein „akuter“ Bedarf vorliegt.

Musste nun das Volk „akut“ über das Zuwanderungsgesetz aufgeklärt werden? Wenn nicht – liegt dann ein Verstoß gegen das Karlsruher Urteil vor? Manche sind dieser Meinung. Der Bund der Steuerzahler und die Union schimpfen: „Verfassungswidrige Wahlwerbung!“ Steuerzahlerchef Karl Heinz Däke sagt, die Regierung verstoße mit „inhaltlich dünnen“ Broschüren gegen die geforderte Zurückhaltung. Und natürlich fehlt beim Steuerzahlerbund ein Hinweis nicht: Ausgerechnet in Zeiten einer Haushaltssperre würden Steuergelder verschwendet. Auch CDU-General Laurenz Meyer sprach vom Missbrauch von Steuergeldern. SPD und Grüne müssten dieses Geld aus ihren Wahlkampfkassen an den Staat zurückzahlen. Meyers CSU-Kollege Peter Ramsauer langte noch etwas heftiger zu. „Skrupelloser Machtkampf“, „instinktlos“, „unanständig“ – so lauteten seine Wertungen. Gekostet hat die Info-/Werbe-Broschüre übrigens 2,6 Millionen Euro.

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