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Politik: Nichts gegen Stoibers Willen

In der Spitzelaffäre wächst die Kritik am CSU-Chef

Berlin - Möglichst nah ran, muss sich Michael Höhenberger gedacht haben. Um mehr oder weniger pikante Informationen über die Fürther Landrätin und Stoiber-Kritikerin Gabriele Pauli (CSU) zu erhalten, wandte sich der langjährige Büroleiter des Ministerpräsidenten deshalb gleich an den Wirtschaftsreferenten der Stadt. Doch Horst Müller erwies seine Loyalität nicht etwa dem Kundschafter und „langjährigen politischen Freund“, sondern der Ausgekundschafteten. Er berichtete ihr von dem Aushorchversuch. Die Fragen hätten ihr Privatleben betroffen und seien „unterste Schublade“ gewesen, sagt die Landrätin, die man im Kreis auch „die schöne“ nennt. Alkohol, Männergeschichten. „Es wurde ganz konkret danach gefragt, was man mir anhängen könnte“, sagte Pauli dem Tagesspiegel.

Nachdem der Angerufene nun auch bekannt ist, wird die Schadensbegrenzung für Stoibers Adlatus immer schwieriger. Müller habe ihr nochmals bestätigt, „dass er zu dem steht, was er mir über das Telefonat gesagt hat“, legt Pauli nach. Höhenberger hingegen beteuert, nur nach Gründen für Paulis Verhalten gefragt zu haben. Das nämlich will der Parteispitze nicht gefallen. Schließlich fordert die Fürtherin beharrlich, dass Stoiber im Jahr 2008 nicht wieder kandidiert – und prophezeit ihm ansonsten ein „ähnlich abruptes Ende wie seinem Vorgänger Max Streibl“. Mit Stoiber sei die CSU dabei, „ihr Herz zu verlieren“, sagt die 49-Jährige, die Sorgen der Bürger erreichten die Partei nicht mehr.

Auch sonst tun sich die Parteioberen schwer mit der Landrätin, die seit 17 Jahren im CSU-Vorstand sitzt und so gar nicht dem konservativen Frauenbild entspricht. Zweimal verheiratet, motorradbegeistert und darauf pochend, „das Grundsatzprogramm der Partei an das heutige Denken und die gelebten Beziehungsformen anzupassen und nicht umgekehrt“, hat sie aber großen politischen Erfolg. Auf 60 Prozent kam sie zuletzt. Und auch jetzt stünden die Bürger zu ihr, sagt sie, „ich erlebe ganz tollen Rückhalt“.

Dass sie ihrer Partei nun schade und der SPD , die schon von „Stasi-Stoiber“ redet, in die Hände spiele, weist Pauli von sich. Die CSU bekomme eher ein Problem, „wenn Kritik auf diese Art klein gehalten wird“. Das wird Pauli wohl auch dem Nürnberger CSU-Bezirkschef Günther Beckstein sagen, dem sie heute den Fall schildern soll. Man müsse „ernst nehmen, was in die Partei getragen wird, und man muss es ohne Befürchtungen äußern dürfen.“ Dass dem derzeit nicht so ist, beklagen auch andere. Nachdem er Stoiber im Oktober kritisiert habe, seien Mitglieder gezielt nach ihm befragt worden, sagte der Vorsitzende der Frankenwald-CSU, Joachim Doppel, der „Neuen Presse“. Auch der nicht gefügige Informant Müller habe nun Befürchtungen, sagt Pauli – „wie viele in der Partei, die kritischer denken“.

Es gebe im CSU-Vorstand „viele, die froh wären, wenn Stoiber 2008 nicht mehr antreten würde“, sagt Doppel. Und gerade im fränkischen Raum ärgern sich nun auch viele über die Affäre. Die Parteibasis sei „entsetzt und stinksauer“, sagt Mittelfrankens Bezirkstagspräsident Richard Bartsch (CSU). Höhenberger hat sicherheitshalber betont, dass Stoiber von seinem Anruf in Fürth nichts wusste. Sie könne das Gegenteil nicht belegen, sagt Pauli dem Tagesspiegel. „Aber es ist mit Sicherheit so, dass in der Staatskanzlei nichts gegen Stoibers Willen passiert.“

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