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Niederlande: Mitte-rechts-Regierung tritt zurück

Nach einem wochenlangen Streit um die Einbürgerung der Islamkritikerin Ayaan Hirsi Ali hat die niederländische Regierung ihren Rücktritt erklärt. Nun werden wahrscheinlich Neuwahlen folgen.

Den Haag - Die kleinste Koalitionspartei D66 entzog der Mitte-rechts-Regierung von Ministerpräsident Jan Peter Balkenende ihre Unterstützung, nachdem sie mit ihrer Forderung nach dem Rücktritt von Einwanderungsministerin Rita Verdonk gescheitert war. Balkenende kündigte daraufhin im Parlament an, er werde wahrscheinlich am Freitag bei Königin Beatrix das Rücktrittsgesuch für seine Regierung einreichen.

Vor Balkenendes Rücktrittsankündigung hatten die drei Minister des kleinen Koalitionspartners D66 erklärt, sie könnten nicht länger Mitglieder eines Kabinetts mit Verdonk sein. Die anderen Kabinettsmitglieder hätten diese Aussagen als ausreichenden Grund gesehen, der Königin ihre Rücktrittsgesuche einzureichen, sagte Balkenende. Nach dem Rücktritt seiner Regierung könnte der Regierungschef versuchen, unter Tolerierung durch kleinere Oppositionsparteien eine Minderheitsregierung zu bilden. Wahrscheinlicher sind nach Ansicht von Beobachtern aber Neuwahlen. Der nächste mögliche Wahltermin wäre im Oktober.

Das niederländische Parlament hatte in der Nacht zum Donnerstag heftig über einen Misstrauensantrag debattiert, in dem mehrere Parteien den Rücktritt Verdonks wegen deren Handhabung des Falls Hirsi Ali forderten. Der von der D66 unterstützte Misstrauensantrag scheiterte, weil sich mehrere Oppositionsparteien bei der Abstimmung der Haltung der Regierung anschlossen. Nach dem Streit kündigte die Fraktion der D66 an, sie werde der Koalition im Parlament die Unterstützung entziehen.

Umstrittene Einwanderungsministerin

Verdonk ist wegen ihrer restriktiven Einwanderungspolitik in den Niederlanden nicht unumstritten, von Kritikern wird sie wegen ihrer harten Haltung auch "Eiserne Rita" genannt. Wegen des Streits um die aus Somalia stammende Hirsi Ali war sie vor einigen Wochen unter Druck geraten. Die frühere Gefängnisdirektorin sagte im Mai, die 36-Jährige habe ihre Einbürgerung durch Falschaussagen erschlichen und werde diese aberkannt bekommen. Die Stellungnahme war politisch brisant: Die damalige Parlamentsabgeordnete Hirsi Ali hatte das Drehbuch zu dem islamkritischem Film "Submission" des Regisseurs Theo van Gogh geschrieben, der 2004 in Amsterdam ermordet wurde.

In einem am Dienstag veröffentlichten Schreiben änderte Verdonk überraschend ihre Meinung: Die 1997 erfolgte Einbürgerung sei "bei rechtem Licht betrachtet" nicht in Zweifel zu ziehen, erklärte die Ministerin. Hirsi Ali sei jedoch selbst für die Zweifel an der Rechtmäßigkeit ihrer Einbürgerung verantwortlich zu machen. Hirsi Ali selbst räumte ein, sie habe bei einem Fernsehauftritt die Öffentlichkeit in die Irre geführt. Sie hatte bei ihrer Einreise 1992 den Nachnamen ihres Großvaters, Ali, angegeben, obwohl sie als Ayaan Hirsi Magan geboren wurde. Hirsi Ali legte inzwischen ihr Mandat nieder und will künftig für eine konservative Denkfabrik in den USA arbeiten. (tso/AFP)

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