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Niedersachsen: Opposition in Hannover siegt vor der Landtagswahl

Im Fall Christian Wulff rügt der niedersächsische Staatsgerichtshof rügt die Landesregierung aus CDU und FDP. Sie habe der Opposition Auskünfte nicht "nach bestem Wissen und vollständig" erteilt.

Bückeburg - Niedersachsens SPD-Fraktionschef Stefan Schostok jubelte über eine „richtige Klatsche“ für die schwarz- gelbe Landesregierung, deren Finanzminister Hartmut Möllring ließ sich in seiner Enttäuschung zu einer ungewöhnlichen Richterschelte hinreißen: „Abwegig“ sei das Urteil des Staatsgerichtshofes über die Auskunftsplicht zur umstrittenen Promi-Sause „Nord-Süd-Dialog“ 2009, polterte der CDU-Ressortchef am Montag in Bückeburg. „Damit kann keiner was anfangen.“

Falschinformation des Landtags in der Affäre um den ehemaligen Ministerpräsidenten Christian Wulff (CDU) hatte das höchste Gericht des Landes auf Klage der SPD-Fraktion der CDU/FDP-Regierung soeben bescheinigt. Und dieser damit drei Monate vor der Landtagswahl eine schwere Rüge wegen eines Verstoßes gegen Artikel 24 der Landesverfassung erteilt, wonach die Regierung Auskünfte im Parlament „nach bestem Wissen und vollständig“ erteilen muss.

Im April 2010 hatte die damalige Wulff-Regierung dem Landtag mitgeteilt, dass sie weder organisatorisch noch finanziell etwas mit dem vom Party-Manager Manfred Schmidt veranstalteten Lobby- Treffen auf dem Flughafen Hannover zu tun gehabt habe. Am 19. Januar dieses Jahres, als die Vorwürfe gegen den inzwischen zum Bundespräsidenten aufgestiegenen Wulff immer stärker wurden, machte sich Möllring vor dem Parlament in Hannover diese Antwort voll zu eigen. Vehement verneinte der Minister, dass das Land sich am Nord-Süd-Dialog beteiligt habe. Einen Tag später musste er dann aber zugeben, dass die landeseigene Medizinische Hochschule Hannover 44 studentische Servicekräfte kostenlos für die illustre Feier abgestellt hatte. Außerdem kam noch heraus, dass das Agrarministerium für 3400 Euro Kochbücher als Geschenk für die Gäste gesponsert hatte. Davon habe er zum Zeitpunkt seiner Antwort nichts gewusst, verteidigte sich Möllring im August vor Gericht.

Die Landesregierung „hätte weitergehende Nachforschungen anstellen oder ihre Antwort mit einem ausdrücklichen Vorbehalt versehen müssen“, erklärte Staatsgerichtshofpräsident Jörn Ipsen in seiner Urteilsbegründung. Schließlich habe es im Januar genügend Hinweise gegeben, dass der ehemalige Regierungssprecher Olaf Glaeseker eine „zentrale Rolle“ beim Nord-Süd-Dialog gespielt habe. Dass der frühere Wulff-Vertraute für Nachfragen nicht erreichbar gewesen sei, hätte die Landesregierung „erst recht“ stutzig machen und zu einer intensiveren Aufklärungsarbeit anhalten müssen, meinte Ipsen.

CDU-Ministerpräsident David McAllister könne sich nun nicht länger aus der Wulff-Affäre heraushalten, erklärte SPD- Fraktionschef Schostok. Der Staatsgerichtshof habe die Auskunftsrechte der Abgeordneten entscheidend gestärkt. „Das ist eine gute Stunde für die parlamentarische Demokratie.“ Möllring sah dies natürlich anders. „Abwegig“ sei die Logik des Gerichts bezüglich Glaesekers Nichterreichbarkeit. Auch sonst sei das Urteil „wenig hilfreich“: Von jetzt an werde die Landesregierung jede parlamentarische Antwort von vornherein mit einem Vorbehalt versehen.

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