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Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil während einer Pressekonferenz am Freitag.

© Holger Hollemann/dpa

Update

Niedersachsen: Regierungschef Weil für rasche Neuwahl

Die knappe Ein-Stimmen-Mehrheit der rot-grünen Koalition ist gekippt. SPD-Ministerpräsident Weil plädiert für eine Neuwahl, will aber nicht zurücktreten.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) strebt nach dem Mehrheitsverlust seiner rot-grünen Koalition zügige Neuwahlen an. Er halte es für „unabdingbar“, dass der Landtag „möglichst rasch seine Selbstauflösung beschließt“ und bald Neuwahlen stattfänden, sagte Weil am Freitag in Hannover. Das sei das Gebot der Stunde. Zuvor hatte die Grünen-Landtagsabgeordnete Elke Twesten den Austritt aus Fraktion und Partei erklärt und angekündigt, zur CDU zu wechseln. Damit ändern sich die knappen Mehrheitsverhältnisse im Landtag mit seinen vier Fraktionen – bisher hatte Rot-Grün einen Sitz mehr, künftig gäbe es eine schwarz-gelbe Mehrheit. Einen Rücktritt, um zu Neuwahlen zu kommen, schloss Weil aus. „Ich stelle mich jederzeit sehr gerne dem Wählerwillen“, sagte der SPD-Politiker, der seit 2013 in Niedersachsen regiert. „Aber ich werde nicht einer Intrige weichen.“ Der reguläre Wahltermin ist im kommenden Januar.

CDU-Fraktionschef Björn Thümler hatte zuvor Weils Rücktritt gefordert. „Diese Regierung kann nicht mehr handeln“, sagte er. CDU-Landeschef Bernd Althusmann, bereits Spitzenkandidat seiner Partei, erklärte seine Bereitschaft zur Regierungsübernahme. Die Grünen wiederum appellierten an Twesten, ihr Mandat zurückzugeben. Sie sei über die Landesliste „für die Umsetzung grüner Politik“ gewählt worden, erinnerte Grünen-Fraktionschefin Anja Piel. Twesten selber begründete ihren Schritt mit einem „längeren Entfremdungsprozess“. Dass sie in ihrem Wahlkreis nicht wieder aufgestellt worden sei, habe dann „das Fass zum Überlaufen“ gebracht.

Trittin kritisiert Twesten scharf

Der Fraktionschef der SPD im Bundestag, Thomas Oppermann, begrüßte Weils Ankündigung von Neuwahlen und sagte: „Niedersachsen braucht schnell Klarheit, wie es weitergeht.“ Das „persönliche Karrieredenken einer künftigen CDU-Abgeordneten“ verfälsche das Wahlergebnis von 2013. Gleichzeitig sollten die Hintergründe „dieses undemokratischen Manövers“ geklärt werden. Der Chef der niedersächsischen SPD-Landesgruppe im Bundestag, Lars Klingbeil, warf der CDU „machttaktische Spielereien“ vor. Twesten habe im Wechsel zur CDU offenbar die Chance auf Fortsetzung ihrer politischen Karriere gesehen, sagte er dem Tagesspiegel. „Ich bin überrascht, dass sich die CDU dafür hergibt.“

Für eine Selbstauflösung des Landtags ist eine Zweidrittelmehrheit der anwesenden, mindestens aber eine Mehrheit aller Abgeordneten nötig. Es wäre möglich, dass die Niedersachsen den neuen Landtag am 24. September zeitgleich mit der Bundestagswahl bestimmen. Möglich wäre aber auch, dass die schwarz-gelbe Mehrheit Weil das Vertrauen entzieht und Althusmann gleichzeitig zum neuen Ministerpräsidenten wählt.

Der aus Niedersachsen stammende frühere Grünen-Bundesumweltminister Jürgen Trittin warf der abtrünnigen Abgeordneten vor, sie habe mit den Stimmen der Bürger für die Grünen „Schindluder getrieben“. Die CDU habe „mit dem Instrument des Stimmenkaufs dieses Verhalten gefördert, gestützt und begünstigt“.

Der stellvertetende SPD-Bundesvorsitzende Ralf Stegner nannte den Übertritt der Grünen-Politikerin zur CDU „politisch unanständig“. Er sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Samstag): „Es ist ganz offenkundig, dass da jemand aus persönlichen Karriereerwägungen und unter Mithilfe der Union den Wählerwillen verfälschen will.“ Auch Stegner plädierte für Neuwahlen. Auch die Bundes-CDU reagierte: „Das zeigt einmal mehr: Rot-Grün kann einfach nicht verlässlich regieren“, sagte CDU-Generalsekretär Peter Tauber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND)..

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