zum Hauptinhalt

Politik: Niedersachsen SPD: Nach zehn Jahren ist der Lack ab - Schröders zweiter Nachfolger Gabriel wirkt nervös

Ein Anlass zum Feiern ist es ohne Zweifel. Am 21.

Ein Anlass zum Feiern ist es ohne Zweifel. Am 21. Juni sind es zehn Jahre her, dass ein gewisser Gerhard Schröder neuer niedersächsischer Ministerpräsident wurde. Inzwischen ist dieser Mann Kanzler - und die SPD hält sich in dem Land zwischen Nordsee und Harz seitdem ununterbrochen an der Macht im hannoverschen Landtag.

Tatsächlich hat die SPD zu einer Feier eingeladen - ausgerechnet in ein Lokal in Beinhorn bei Hannover, jenem Ort, in dem der damals geschlagene Ministerpräsident Ernst Albrecht (CDU) lebt. Noch weitere Geschenke zum Jubiläum gönnt sich die SPD: Sigmar Gabriel, zweiter Nachfolger Schröders als Regierungschef, hält im Landtag eine Regierungserklärung. Und eine schlichte Schwarz-Weiß-Broschüre mit dem Titel "Niedersachsen - eine Erfolgsstory" wird auch verteilt. Daneben fällt die farbige Sammelmappe der CDU mit der Negativ-Bilanz richtig auf.

Eine gewisse Nervosität hat sich im Regierungslager vor diesem Datum ausgebreitet. Gabriel war Mitte Mai im internen Kreis von Staatssekretären und Pressesprechern außerordentlich gereizt, weil er mehr Zuarbeit für seine Regierungserklärung erwartet hatte. "Gelassenheit fehlt ihm augenblicklich", meint ein SPD- Landtagsabgeordneter. Es scheint, als ist Gabriel angesichts des Jubiläums nicht ganz wohl in seiner Haut.

Zehn Jahre SPD-Regierung in Niedersachsen (davon die ersten vier Jahre Rot-Grün) heißt auch, dass einige Minister zunehmend mit dem Vorwurf leben müssen, sie seien "verschlissen". Das ist auch mit dem Namen Gerhard Glogowski verknüpft. Die Affäre um Gabriels Vorgänger wird gerade in diesen Tagen zu den Akten gelegt, der Landtag nimmt den Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses an. Für viele, auch für Gabriel selbst, war Glogowski so etwas wie ein politischer Ziehvater. Nun tun sie sich schwer, den Schlussstrich zu ziehen. Immerhin wird Glogowski in der Einladung zur SPD-Feier gar nicht mehr erwähnt.

Verstärkte Erwartungen richten sich an Gabriel, er möge sein Kabinett verjüngen - und verkleinern. Als Gabriel noch einfacher SPD-Landtagsabgeordneter war, hatte er eine drastische Verwaltungsreform gefordert, zu der auch eine Zusammenlegung von Ministerien gehört. Nach seiner Wahl zum Regierungschef jedoch schuf der Sozialdemokrat einen Ministerposten mehr, sein Vertrauter Wolfgang Senff wurde Europaminister. Da Gabriel sich in Schweigen hüllt und die Veränderung der Mannschaft keineswegs ausschließt, herrscht gespannte Erwartung in Hannover. So hat Gabriel kürzlich den Finanz-Staatssekretär Frank Ebisch überredet, seinen Eintritt in den Ruhestand bis Ende November oder Anfang Dezember zu verschieben. Darin sehen sogar Landtagsabgeordnete nun einen Hinweis, Gabriel wolle dann einen "großen Wurf" wagen und sein Personaltableau neu sortieren.

Die personelle Auffrischung wird im übrigen auch deshalb nützlich sein, weil die Landesregierung inhaltlich keine großen Zeichen setzen kann - das Geld fehlt. Hinter Gabriels "Bildungsoffensive" verbirgt sich nicht viel mehr als der Verzicht auf Einschnitte im Bildungsetat. Und eine andere Schuldebatte könnte eher peinlich für die SPD werden: Niedersachsen überlegt, ob die "Orientierungsstufe" - eine eigene Schulform für die fünfte und sechste Klasse - fast 30 Jahre nach ihrer Einführung wieder abgeschafft werden sollte. Gabriel selbst hat zu dieser Diskussion den Anstoß gegeben und Widerstände in der SPD geerntet. Die CDU ist es nämlich, die seit Jahren vehement für ein Ende der Orientierungsstufe eintritt.

So kann die niedersächsische SPD zehn Jahre nach ihrer Machtübernahme wenig glänzen in Niedersachsen: Die Personen sind teilweise verblasst, und für überraschende neue Inhalte fehlt schlicht das nötige Geld in der Landeskasse.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false