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Politik: Nimm’s andere Portemonnaie

GELIEBTE SUBVENTIONEN

Mit den Subventionen ist es wie mit dem Alkohol. „Rottet sie aus!“, ruft der Bundesverband der Deutschen Industrie. Streicht sie zusammen, stimmen die Gewerkschaften zu. Und am lautesten schreien die Liberalen „Weg damit!“ Aber wenn es ernst wird, wenn man den Arbeitgebern und den Arbeitnehmern, den Bauern und den Bergleuten und den Hobbyfliegern und den Häuslebauern ihre Subvention wegnehmen will, rufen alle zusammen „Haltet den Dieb!“ Denn, nicht wahr, so richtig gemein ist alleine die Subvention, die der andere bekommt. Deshalb darf man gespannt sein, ob das Kabinett bei seiner Klausur in Neuhardenberg auch beim Streichen von Subventionen Nägel mit Köpfen machen wird. Hans Eichel hat jedenfalls gestern vielversprechende Vorgaben gemacht. Bei deren Umsetzung gefordert sind allerdings vor allem auch die Länder.

Was Subventionen sind, ist heftig umstritten. Die Bundesregierung führt in ihrem Subventionsbericht 58 Milliarden Euro an Zuwendungen auf. Das Kieler Institut für Weltwirtschaft hat die staatlichen Leistungen an Einzelne oder Gruppen hingegen auf 156 Milliarden Euro addiert und diese Zahl auch belegt. 156 Milliarden Euro, das ist ein Drittel des gesamten Steueraufkommens. Oder, anders betrachtet: Gelänge es, diese 156 Milliarden Euro komplett zu sparen, könnte man die Lohn- und Einkommensteuer auf einen Schlag um 60 Prozent senken. Jeder kann sich also ausrechnen, dass ein Abbau der Subventionen seinem persönlichen Einkommen massiv zugute kommen würde.

Einen Totalabbau der Förderungen gibt es nicht, weil der Staat damit auf jede Steuerungsfunktion verzichten würde. Zahlungen an die Rentenversicherung gehören dazu. Und dass man vorübergehende Subventionen zahlt, um Härten im Strukturwandel einer Region zu mildern, leuchtet ein – siehe den Aufbau Ost oder den Steinkohlebergbau in NRW. Dass man den Start neuer Industrien auf diese Weise erleichtert, vielleicht auch noch – Beispiel Airbus, den es ohne staatlichen Anschub nicht geben würde. Dass das alles aber über Jahrzehnte hinweg wie von einer geheimnisvollen Automatik getrieben läuft, versteht man schon nicht mehr. Und wenn durch Subventionen Fehlentwicklungen gefördert werden, hört der Spaß auf.

Eine solche Fehlentwicklung sind die niedrigen Preise für die Fliegerei, weil Flugbenzin nicht versteuert wird. Das kostet die Staatskasse jährlich 435 Millionen Euro. Sonst würde ein Ticket nach Mallorca 43 Euro, eines nach Thailand 225 Euro teurer sein. Ist es die Aufgabe des Staates, den Fernurlaub billiger zu machen? Kaum. Beispiel Eigenheimzulage. Sie soll den Weg zum Wohneigentum erleichtern. Dafür gibt der Staat Zuschüsse von jährlich fast 10 Milliarden Euro. Wenn aber in einem Land wie Niedersachsen 90 Prozent aller Eigenheime staatlich gefördert sind, lässt das auf Mitnahmeeffekte schließen – auch der kassiert Geld vom Staat, der ohne ebenfalls bauen würde. Was noch schlimmer ist: Solche Subventionen werden, nicht nur auf dem Bau, vorher eingepreist. Ein Wegfall von Subventionen verbilligt oft eine Leistung, die angeblich erst durch die Subvention möglich gemacht wurde.

In den Bereich des finanzpolitischen Blödsinns gehören wahrscheinlich auch die Milliardenzuschüsse an die Bundesanstalt für Arbeit. Die deutsche Methode, Arbeitslosigkeit zu subventionieren, hat ganz offenkundig wenig positive Auswirkungen auf die Beschäftigung.

Nun sollte man sich keine Illusionen machen: Gegen den Widerstand großer Lobby- und Wählergruppen sind einzelne Subventionen kaum zu streichen, weil jeder Betroffene nach dem Sankt-Florians-Prinzip auf den Nachbarn zeigen würde. Aber es wäre ein gewaltiger Fortschritt, wenn die Regierung sich zu einer schrittweisen Reduzierung, etwa von zehn Prozent pro Jahr, entschließen würde. Dann könnte man die Auswirkungen beobachten und gegensteuern, falls sich unerwünschte Effekte einstellen. Und wer nun vorauseilend jammert, sollte an die Folgen für sein Portemonnaie denken. Wenn die Subventionen um die Hälfte reduziert werden, müsste im Schnitt jeder ein Drittel weniger Lohnsteuer zahlen.

Gerd Appenzeller

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