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Angela Merkel (CDU) und US-Präsident Barack Obama während eines Besuchs der Kanzlerin im Februar 2015 im Weißen Haus in Washington.

© Guido Bergmann

No-Spy-Abkommen: Angela Merkel wusste offenbar sehr früh von fehlender US-Zusage

Als der damalige Chef des Kanzleramts Ronald Pofalla im August 2013 noch von dem Angebot der USA über ein No-Spy-Abkommen sprach, hätte es die Bundeskanzlerin es eigentlich schon besser wissen müssen. Das zumindest legen Vermerke aus dem Kanzleramt nahe.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der damalige Vizekanzler Guido Westerwelle (FDP) haben einem Medienbericht zufolge seit dem 7. August 2013 gewusst, dass es keine konkrete Zusage der US-Regierung für ein No-Spy-Abkommen gab.
Dies berichtete der Rechercheverbund aus NDR, WDR und "Süddeutscher Zeitung" am Dienstag auf Grundlage interner Vermerke des Kanzleramts. Der Bericht wirft die Frage auf, warum der damalige Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) noch am 12. August 2013 öffentlich verkündete, die US-Seite habe eine solche Vereinbarung angeboten.

Die Medien berufen sich auf einen handschriftlichen Vermerk zu einem Telefonat zwischen dem damaligen Bundesaußenminister Westerwelle mit seinem US-Kollegen John Kerry vom 7. August 2013. Zwei Tage zuvor war eine hochrangige deutsche Delegation zu Besuch in Washington gewesen und hatte dort mit Vertretern der US-Geheimdienste gesprochen, um die Lauschaktivitäten der USA in Deutschland auf eine festere rechtliche Grundlage zu stellen.

In dem Telefonat zeigte sich Kerry demnach "bereitwillig, ohne Konkretes zuzusagen". Zudem drängte die deutsche Seite darauf, dass US-Präsident Barack Obama in einer anstehenden Pressekonferenz zum NSA-Skandal das angebliche No-Spy-Angebot seiner Regierung an Deutschland erwähnt. Dies wäre - so hieß es in einem Vermerk des Kanzleramts - "außerordentlich hilfreich". Aber Obama schwieg.

Regierung schweigt zum Vermerk

Auf eine Anfrage des Rechercheverbunds, ob es nach dem Telefonat zwischen Westerwelle und Kerry und vor Pofallas Auftritt eine Antwort der USA zum No-Spy-Abkommen gegeben habe, teilte eine Regierungssprecherin lediglich mit: "Zu vertraulichen Gesprächen von Mitgliedern der Bundesregierung gibt die Bundesregierung keine Auskunft." Die neuen Unterlagen aus dem Kanzleramt machen dem Bericht zufolge auch deutlich, dass es unterschiedliche Auffassungen über das Treffen der deutschen Delegation mit den Geheimdienst-Vertretern in Washington gegeben habe.

Der Leiter der Geheimdienst-Abteilung im Bundeskanzleramt, Günter Heiß, habe die Ergebnisse des Gesprächs in einer Vorlage für die Bundeskanzlerin zusammengefasst. Darin heiße es, der NSA-Chef Keith Alexander sei bereit, "eine Zusicherung abzugeben, dass auf deutschem Boden jederzeit deutsches Recht respektiert werde".

Insoweit wolle der US-Geheimdienstchef eine beidseitige Erklärung erzielen, berichtete Heiß demnach der Kanzlerin. Allerdings habe der US-Geheimdienstler dies von der Zustimmung der politischen Ebene abhängig gemacht: "Über das 'Ob' müsse allerdings die Politik entscheiden."

Von einer Zusicherung seitens der USA ist keine Rede

Eine derartige Bereitschaft zu einer "Zusicherung" findet sich jedoch in einem Gesprächsprotokoll, das ein Mitarbeiter des BND verfasst hat, nicht wieder. Dort ist lediglich von einer "Bildung einer Arbeitsgruppe zur Erarbeitung eines Abkommens" die Rede. So etwas könne sich der Chef der US-Geheimdienste, James Clapper, vorstellen. Er könne darüber aber "keine ad hoc-Entscheidung treffen, da es eine politische Entscheidung sei".

Kürzlich hatten NDR, WDR und "SZ" interne Mailwechsel des Bundeskanzleramts mit dem Weißen Haus veröffentlicht. Daraus ging hervor, dass die US-Regierung offenbar nie wirklich daran gedacht habe, ein No-Spy-Abkommen mit Deutschland abzuschließen - und dass sie zu keinem Zeitpunkt eine Zusage gegeben habe. (AFP)

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