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Politik: Noch Fragen?

Frankfurts Staatsanwaltschaft will im Fall Daschner nicht weiter ermitteln – sie weiß nicht, gegen wen

Berlin - Trotz Hinweisen auf einen Mitwisser der Folterdrohung im hessischen Innenministerium sieht die Frankfurter Staatsanwaltschaft keinen Grund für weitere Ermittlungen im Fall des früheren Vizepolizeipräsidenten Wolfgang Daschner. Wilhelm Möllers, Staatsanwalt im Daschner-Verfahren, verwies gegenüber dem Tagesspiegel auf dessen Äußerung im Prozess im Dezember, er habe sich, anders als in der Presse dargestellt, nicht „rückversichert“.

Die Sprecherin der Behörde, Doris Müller-Scheu, sagte: „Wenn Herr Daschner nichts weiter sagt, sind wir am Ende.“ Man habe auch keine Veranlassung, ihn jetzt, nach Abschluss seines Verfahrens, erneut zu befragen. Schließlich müsse es ja auch nicht unbedingt stimmen, dass es einen Mitwisser gebe. Sie verwies zudem auf gegenüber Hessens Innenminister Volker Bouffier (CDU) abgegebene „dienstliche Erklärungen“ von Mitarbeitern im Ministerium, denen zufolge sich keine Anhaltspunkte auf Mitwisser ergeben hätten. „Der Fall ist abgeschlossen. Wir haben uns nicht vorschnell zufrieden gegeben“, sagte sie.

Eine erneute Befragung Daschners durch die Staatsanwaltschaft könnte jedoch neue Ergebnisse bringen. Anders als bei früheren Vernehmungen wäre Daschner dann nicht mehr Beschuldigter oder Angeklagter, sondern Zeuge – und damit grundsätzlich verpflichtet, den Namen des Betreffenden zu nennen.

Hessens SPD-Fraktionssprecher Mende bezeichnete die Ungewissheit im Fall Daschner als „unerträglichen Zustand“. Ihm fehle die Fantasie, dass hohe Polizeibeamte „glatt lügen“. Deshalb glaube er auch, in den dienstlichen Erklärungen der Beamten aus dem Ministerium gebe es „ein Hintertürchen“. „Der Minister muss sich hier noch erklären“, forderte Mende. Als Unterstützer Daschners kämen „auch nicht allzu viele“ Mitarbeiter in Frage. Michael Bußer, Sprecher von Hessens Innenminister Volker Bouffier, will sich nicht dazu äußern, ob Daschner im Rahmen des Disziplinarverfahrens nach seinem Kontaktmann in der Behörde gefragt wird. „Es verbietet sich, darüber zu spekulieren“, sagte er. In dem Verfahren gehe es darum, den „disziplinarischen Überhang“ des Falles zu klären. Gemeint sei damit, ob ein Fehlverhalten Daschners geahndet werden müsse, das das Strafurteil noch nicht geahndet habe.

Zugleich gibt es Hinweise, dass das auffallend milde Urteil im Fall Daschner Ergebnis einer Absprache unter den Prozessbeteiligten gewesen sein und dabei auch das Verschweigen des Mitwissers eine Rolle gespielt haben könnte. Daschners Anwalt Eckart Hild hatte gegenüber dem Tagesspiegel noch im November gesagt, der Name des Mitwissers werde im Prozess genannt – wenn nicht von Seiten des Ministeriums, dann von seinem Mandanten. Jetzt sagte Hild, er habe dafür im Prozess dann „keine Notwendigkeit“ mehr gesehen. Außerdem hatte Hild – ebenso wie die Staatsanwaltschaft – unmittelbar nach dem Urteil auf Rechtsmittel verzichtet. Unter Strafrechtsexperten gilt das als Hinweis auf einen so genannten Deal.

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