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Politik: Noch hält die gemeinsame Front der PKK-Fürsten

ISTANBUL . Die Antwort war wohl schon vorbereitet.

ISTANBUL . Die Antwort war wohl schon vorbereitet. Nur wenige Stunden, nachdem auf der türkischen Gefängnisinsel Imrali das Todesurteil gegen PKK-Chef Öcalan verkündet wurde, meldete sich die noch in Freiheit befindliche Führung der Kurdenorganisation zu Wort. Der sogenannte "Führungsrat" der PKK schickte über die der Organisation nahestehende Nachrichtenagentur Dem eine Erklärung um die Welt, in der sie die Anhänger zum vorläufigen Gewaltverzicht aufrief.

Der Führungsrat war unmittelbar nach der Festnahme Öcalans Mitte Februar gebildet worden, um die mehreren tausend PKK-Mitglieder bei der Stange zu halten. Im Rat sind die mächtigsten PKK-Fürsten vertreten, darunter Osman Öcalan, ein Bruder des Vorsitzenden und selbst Kommandant der PKK-Truppen im Norden Iraks. Sein schärfster Konkurrent in der Frage der Nachfolge im Vorsitz ist Cemil Bayik, der Chef des bewaffneten Arms der PKK, der Volksbefreiungsarmee Kurdistan (ARGK). Sowohl Osman Öcalan als auch Cemil Bayik gelten als Hardliner.

In PKK-nahen Kreisen heißt es, in absehbarer Zeit werde es keinen neuen Vorsitzenden geben, der wie Öcalan als Alleinherrscher die Organisation lenkt. Tatsächlich ist schwer vorstellbar, daß einer der übriggebliebenen PKK-Funktionäre das Zeug hat, um in die Schuhe des nach wie vor vergötterten Abdullah Öcalan zu schlüpfen. Statt dessen werde nun eine kollektive Führung angestrebt, heißt es bei Anhängern der Kurdenorganisation. Nicht nur der türkische Geheimdienst bezweifelt jedoch, daß eine solche Konstruktion lange halten kann. Osman Öcalan und Cemil Bayik wird nachgesagt, lieber die Macht in der PKK an sich reißen zu wollen, als sie sich zu teilen. Türkischen Berichten zufolge entluden sich diese Konkurrenzkämpfe bereits in Schießereien, bei denen elf Menschen getötet wurden.

Doch selbst wenn sich die PKK-Größen zusammenraufen und auf Dauer im Führungsrat zusammenarbeiten wollen, ist nicht klar, ob sie dazu kommen. Denn anders als der Name suggeriert, wird dieser Rat so gut wie nie tatsächlich zusammensitzen können: Die verschiedenen PKK-Einheiten sind durch die militärischen Niederlagen in jüngster Zeit zerstreut und über den Südosten der Türkei, Irak und Iran verteilt.

Die Auftritte Abdullah Öcalans vor Gericht, bei denen er unter anderem die gewaltaktionen der eigenen Organisation als grausam und überflüssig geißelte, lösten innerhalb der PKK Kontroversen aus, wie in Anhänger-Kreisen eingeräumt wird. Inzwischen sei man aber auf die von Öcalan eingeschlagene Friedenslinie eingeschwenkt, von der nur abgerückt werde, wenn der Vorsitzende tatsächlich hingerichtet werden sollte.

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