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Türkei PKK

© AFP

Nordirak: Kooperation statt Invasion

US-Präsident Bush bezeichnet einen türkischen Einmarsch im Nordirak nach einem Gespräch mit dem türkischen Premier Erdogan als „hypothetisch“ - und sagt der Türkei schnelle Geheimdienstinformationen zu.

Eine großangelegte türkische Invasion im Nordirak ist offenbar vorerst vom Tisch. US-Präsident George Bush und Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan einigten sich am Montagabend in Washington darauf, mit einer besseren Zusammenarbeit der Geheimdienste und der Streitkräfte gemeinsam gegen die PKK- Kurdenrebellen im Nordirak vorzugehen. Bush nannte die PKK ausdrücklich einen „gemeinsamen Feind“ der Türkei, des Irak und der USA. Eine türkische Invasion sei jedoch „hypothetisch", sagte der Präsident. Das schließt eine begrenzte türkische Militäraktion im Nordirak – mit US-Unterstützung – allerdings nicht aus: Erdogan sagte, er habe mit Bush über die Auflösung von PKK-Lagern und die Festnahme von Anführern gesprochen. Er erwarte „innerhalb kürzester Zeit“ konkrete Ergebnisse der neuen türkisch-amerikanischen Zusammenarbeit.

Bush und Erdogan unterstrichen nach ihrem Treffen mehrmals die Bedeutung einer engen geheimdienstlichen Zusammenarbeit. Zudem vereinbarten sie, die Kooperation zwischen der türkischen Armee, den amerikanischen Streitkräften und den irakischen Militärs durch die Einrichtung eines ständigen Ausschusses zu verbessern. Wenn die Türkei und die USA zusammenarbeiteten, könnten sie viele gemeinsame Ziele erreichen, sagte Bush. Erdogan hatte das Gespräch als einen wichtigen „Test“ für die türkisch-amerikanischen Beziehungen bezeichnet.

Mit dem angestrebten besseren Austausch von Geheimdienstinformationen sollen die Vorstöße der PKK-Rebellen vom Nordirak in die Türkei hinein erschwert werden; bei den jüngsten PKK-Angriffen in der Türkei waren im Oktober 25 türkische Soldaten getötet worden. Bush sagte, verlässliche und schnelle Geheimdienstinformationen mit dem Einsatz moderner Technologie werde die Bekämpfung der PKK erleichtern. Nach türkischen Fernsehberichten wollen die USA den Türken Daten für begrenzte Militäraktionen im Nordirak liefern, etwa zur Festnahme von PKK-Anführern. PKK-nahe Medien meldeten, über den nordirakischen Kandil-Bergen, in denen sich das Hauptquartier der Rebellen befindet, seien US- Spionageflugzeuge gesichtet worden.

Angesichts der nationalistisch aufgeputschten Stimmung der türkischen Bevölkerung braucht Erdogan nach Meinung vieler Beobachter inzwischen zumindest einen begrenzten Einsatz des Militärs im Nordirak, wenn er nicht als Schwächling dastehen will. Wenn die Türkei untätig bleibe, verliere sie das Gesicht, sagte der Ex-General Armagan Kuloglu. Die hohen türkischen Verluste im Kampf gegen die PKK, nationalistische Parolen der Opposition und der Medien, aber auch Erdogans Drohungen mit einem Militärschlag hatten in der Türkei eine Welle des Nationalismus und anti-kurdischer Ausschreitungen ausgelöst.

Sollte Erdogans Regierung nun den türkischen Militärs grünes Licht für eine grenzüberschreitende Aktion geben, liegt die Ausführung beim Generalstab. Und der könnte durchaus noch warten. Das Überraschungsmoment sei sehr wichtig, sagte der Kolumnist und Armee-Kenner Murat Yetkin. Die Generäle werden nach seiner Meinung einen geeigneten Zeitpunkt abpassen. "Das kann innerhalb von Minuten (nach dem Treffen in Washington) sein, aber auch später." Die PKK will offenbar nicht erst abwarten, was im Weißen Haus entschieden wird: Nach Presseberichten haben viele Kurdenkämpfer damit begonnen, sich vom Nordirak in den benachbarten Iran abzusetzen.

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