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Politik: Nordirlands Kabinett: Guter Anfang für die Selbstverwaltung - Nur Ian Paisleys Vertreter abwesend

Die Belfaster Waffenschmiede Shorts kündigte 1200 zusätzliche Arbeitsplätze an, die von der Schließung bedrohte Traditionswerft Harland & Wolff meldete neue Aufträge für Luxus-Kreuzfahrtsschiffe: Der erste Tag der nordirischen Selbstverwaltung am Dienstag war ein guter Tag - wie um zu beweisen, dass die einheimischen Minister mehr können als ihre britischen Vorgänger.Erfahrungsgemäß werden vor allem protestantische Arbeiter von den neuen Investitionen profitieren, weil beide Maschinenbauer in Ostbelfast produzieren.

Die Belfaster Waffenschmiede Shorts kündigte 1200 zusätzliche Arbeitsplätze an, die von der Schließung bedrohte Traditionswerft Harland & Wolff meldete neue Aufträge für Luxus-Kreuzfahrtsschiffe: Der erste Tag der nordirischen Selbstverwaltung am Dienstag war ein guter Tag - wie um zu beweisen, dass die einheimischen Minister mehr können als ihre britischen Vorgänger.

Erfahrungsgemäß werden vor allem protestantische Arbeiter von den neuen Investitionen profitieren, weil beide Maschinenbauer in Ostbelfast produzieren. Im protestantischen Lager ist der Widerstand gegen die neue Koalitionsregierung am stärksten - dort müssen Zweifler umgestimmt werden. Am Abend besuchte Chefminister David Trimble mit seiner Frau Daphne ein Versöhnungskonzert mit dem irischen Flötenvirtuosen James Galway an einem ungewöhnlichen Ort: in der Katholischen Kirche an der Garvaghy Road in der nordirischen Stadt Portadown, wo die Beziehungen zwischen Katholiken und Protestanten wegen des Dauerstreits um Oranier-Paraden nachhaltig vergiftet sind.

Gestern nun versammelte sich das Kabinett zu seiner ersten Sitzung seit der Rückkehr zur Selbstverwaltung. Die beiden Minister von Pfarrer Ian Paisleys "Democratic Unionist Party" (DUP) glänzten wie gewöhnlich durch Abwesenheit, aber die Partei hatte am Dienstag nach langen Beratungen ihren vorläufigen Verbleib in der Regierung verkündet. Erst wenn das nordirische Parlament sich im Verlauf dieses Monats weigert, die Sinn Féin-Partei auszuschließen - was zu erwarten ist - , werden die beiden amtierenden Minister zurücktreten, um andere Fraktionskollegen als Strohmänner nachrücken zu lassen. Der komplizierte Plan soll wohl bemänteln, dass die DUP-Minister Gefallen an ihrem Einfluss gewonnen haben, obwohl sie sich nach wie vor unerbittlich auf die Zerstörung des Friedensabkommen verpflichten. Die Befürchtung allerdings, David Trimble werde im Kabinett eine unionistische Minderheit anführen, wird sich nun nicht erfüllen.

Gestern abend stand ein weiterer politischer Leckerbissen auf dem Programm: Der Stadtrat von Belfast schritt zur Wahl des diesjährigen Bürgermeisters, und erstmals galt ein Vertreter der Sinn Féin-Partei aufgrund der Rotations-Absprachen als aussichtsreichster Kandidat. Sinn Féin stellt ohnedies die größte Fraktion im Stadtrat, aber bis vor wenigen Jahren genoss das Rathaus einen Ruf als Schlangennest, wo die Abneigung zwischen DUP- und Sinn Féin-Räten sich in wüsten Beschimpfungen und kindischen Störmanövern Luft verschaffte. Für Nordirlands Unionisten, die einst die Hauptstadt dominierten, geht nun vermutlich eine weitere Zitadelle verloren. Viele von ihnen werden schlucken, wenn der erste Bürger der einstigen Garnisonsstadt nicht aus den Reihen der ursprünglichen (protestantischen) Wehrbauern kommt.

Martin Alioth

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