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Nordkorea: Krank und doch regierungsfähig

Nordkoreas Diktator Kim Jong Il soll laut Geheimdiensten am Leben, aber bei schlechter Gesundheit sein.

Nordkoreas Diktator Kim Jong Il gilt als krank und vielleicht schon tot. Doch der Politik seines Landes nach zu urteilen, könnte der „Geliebte Führer“ auch noch ganz der alte sein. Seit Wochen macht Pjöngjang mit militärischen Provokationen und Warnungen gegen Südkorea auf sich aufmerksam.

Am Dienstag erreichte die Kampagne ihren vorläufigen Höhepunkt, als Nordkorea seinem Nachbarn die vollständige Zerstörung androhte. „Das Marionettenregime sollte sich darüber im Klaren sein, dass wir es nicht nur mit einem progressiven Präventivschlag unter Feuer nehmen, sondern alles in Trümmer legen werden, was gegen unsere Nation und die Wiedervereinigung ist“, hieß es in einer offiziellen Erklärung. Tags zuvor hatte Pjöngjangs Nachrichtenagentur die Regierung von Präsident Lee Myung Bak als „Wirbelwind faschistischer Unterdrückung“ bezeichnet. Pjöngjang wirft der konservativen Regierung in Seoul seit ihrem Amtsantritt im Februar eine „feindliche Politik“ vor. Unmittelbarer Auslöser der jüngsten Tiraden war eine Kampagne südkoreanischer Aktivisten, die in den vergangenen Tagen mit Ballons hunderttausende Flugblätter über die Grenze geschickt hatten, die Gerüchte über Kims Gesundheit verbreiteten und zum Sturz des stalinistischen Regimes aufriefen. Nordkoreas Militär kündigte daraufhin an, notfalls sein gesamtes Arsenal gegen den Süden zu mobilisieren. Die Initiatoren der Flugblattaktion sahen darin einen Beweis für die Effektivität ihrer subversiven Sendungen.

Aus Nordkorea dringen nur wenige verlässliche Berichte an die Außenwelt, doch übereinstimmenden Meldungen zufolge scheint die Situation der Menschen kurz vor Wintereinbruch so schlecht zu sein wie seit Jahren nicht mehr. Vergangene Woche erklärte ein Vertreter des UN-Welternährungsprogramms, in vielen Teilen des Landes herrsche eine „akute Lebensmittel- und Existenzkrise“. Aufgrund der politischen Spannungen hat Nordkorea sich dieses Jahr geweigert, Lebensmittellieferungen aus dem Süden anzunehmen. Diese Entscheidung könnte jüngsten Spekulationen zufolge tatsächlich Kim Jong Il persönlich getroffen haben. Japans Premierminister Taro Aso erklärte am Dienstag unter Berufung auf Geheimdienstkreise, dass Kim nach wie vor regierungsfähig sei, auch wenn sein Gesundheitszustand „nicht sehr gut“ sei.

Das Rätselraten hatte begonnen, nachdem Kim im September bei den Feierlichkeiten zum 60. Gründungstag Nordkoreas gefehlt hatte. Daraufhin wurde über einen möglichen Schlaganfall spekuliert. Zwar veröffentlichte Pjöngjangs Staatspresse im Oktober Fotos des „Geliebten Führers“, die ihn in scheinbar bei bester Gesundheit zeigen. Die sommerliche Vegetation im Hintergrund legte für Experten jedoch den Schluss nahe, dass die Aufnahmen nicht in den vergangenen Wochen entstanden sein könnten. Aso will nun erfahren haben, dass Kim sich derzeit in einem Krankenhaus aufhält. Er könne aber vermutlich weiterhin Entscheidungen für sein Land treffen. Die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap vermutet, dass Kim heimlich nach Paris geflogen sein könnte, um sich dort behandeln zu lassen. Wie ernst derartige Nachrichten zu nehmen sind, zeigte sich vor wenigen Tagen, als Geheimdienste die Information streuten, Pjöngjang plane für den 20. Oktober eine „wichtige Ankündigung“, hinter der die Nachricht von Kims Tod vermutet wurde. Der Termin verstrich, nichts passierte.

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