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In demütiger Haltung wurde Jang Song Thaek vor "Gericht" präsentiert, ehe er verurteilt und auch gleich hingerichtet wurde.

© AFP/Yonhap

Nordkorea: Kurzer Prozess

Mit der Exekution seines Onkels festigt der Diktator Kim Jong Un seine Macht in Nordkorea.

Manche Vorwürfe gegen Jang Song Thaek rufen außerhalb Nordkoreas nur Kopfschütteln hervor. So hat sich der Onkel des nordkoreanischen Diktators Kim Jong Un nach dessen Wahl zum Vizevorsitzenden der Zentralen Militärkommission „arrogant und unverschämt verhalten, als er nur widerwillig von seinem Stuhl aufstand und nur halbherzig klatschte“. Wie Nordkoreas Staatsmedien weiter berichten, hat Jang Song Thaek den Wunsch einer Einheit von Sicherheitskräften abgelehnt, einen Granitstein mit der Gravur eines handgeschriebenen Briefs des Führers Kim Jong Un vor ihrem Hauptquartier aufzustellen. Stattdessen war er so schamlos, die Einheit anzuweisen, den Stein in einer schattigen Ecke aufzustellen.

Nordkoreas Staatsmedien haben in den letzten Tagen einiges getan, um Jang Song Thaek aus dem Gedächtnis zu löschen und dem unterdrückten Volk zu erläutern, warum die ehemalige Nummer zwei zum „Verräter“ und „menschlichen Abfall“ wurde. Über die wahren Hintergründe der öffentlichen Verhaftung und Exekution des Mannes, der Kim Jong Un vor zwei Jahren bei der Machtübernahme unterstützt hatte, können die Experten mangels Einblick in die dortige Nomenklatura nur spekulieren.

„Das könnte ein Teil von Kim Jong Uns Plan sein, dass sich niemand für immun und sicher halten kann“, sagt Andrei Lankov, Professor für Korea-Wissenschaften, gegenüber „NKnews“. „Wenn sie das Schicksal Jang Song Thaeks sehen, werden sie Angst haben und noch gehorsamer sein.“ Das würde auch erklären, warum Nordkoreas Medien drastische und ungewöhnliche Bilder verbreiteten: Erst zeigen sie Jangs öffentliche Entmachtung während einer Politbürositzung, dann wird er in demütiger Haltung in Handschellen zwischen zwei Sicherheitskräften präsentiert. Beobachter glauben sogar Folterspuren an seinen Händen erkennen zu können.

Die jüngsten Ereignisse sind ein Rückfall in die Zeiten des finstersten Stalinismus, einen derartigen Sturz hatte es selbst in Nordkorea seit den Fünfzigerjahren nicht gegeben. Es ist auch ein Rückschlag für alle, die den wohl 30 Jahre alten Diktator für einen Reformer hielten. Jang Song Thaek galt mit seinen Verbindungen zu China als derjenige, der eine wirtschaftliche Öffnung nach chinesischem Vorbild hätte vorantreiben können. Felix Abt, Nordkorea-Experte und Gründer der Europäischen Handelskammer in Pjöngjang, schreibt auf seiner Facebookseite: „Nordkoreas Exekution einiger hochrangiger Beamter, die in Wirtschaftsfragen sehr versiert waren, ist ein deutlicher Schlag für chinesische und andere ausländische Investoren.“ Er glaubt allerdings, dass wirtschaftliche Reformen trotzdem noch möglich seien.

Bei der Beerdigung Kim Jong Ils vor zwei Jahren begleiteten neben dem unerfahrenen Kim Jong Un sieben Männer den Sarg des „Geliebten Führers“. Sie galten als seine Mentoren, doch inzwischen hat Kim Jong Un fünf von ihnen degradiert, gestürzt oder exekutiert. Gleichzeitig ersetzte er die im Durchschnitt 73 Jahre alten Machthaber mit eigenen Vertrauten. Das dürfte seine eigene Machtbasis verbreitert haben. Zwar könnten die jüngsten Ereignisse auch ein Zeichen eines sich zuspitzenden Machtkampfes im inneren Zirkel der nordkoreanischen Macht sein. Doch dafür gibt es zurzeit keine Bestätigung. „Ich glaube nicht an einen Rückschlag durch Jangs Sturz“, schreibt der Nordkorea-Experte David Pinkston, „in den letzten Wochen hat Kim Jong Un seine Kontrolle über die Volksarmee und den Sicherheitsapparat gefestigt.“

Äußerst ungewöhnlich bleibt, dass ein Familienmitglied der „heiligen“ Diktatorenfamilie Kim als „Verräter“ gebrandmarkt wird. Doch Gerüchten zufolge könnte hinter Jangs Sturz auch dessen Ehefrau Kim Kyeong Hui stecken. Zumal ihm Frauengeschichten und Hinterzimmergelage vorgeworfen werden. Dann wäre seine Exekution auch eine Scheidung auf nordkoreanisch.

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